Zweiter Wahlgang für Kanzlerwahl soll nicht am Dienstag stattfinden

Der Bundestag hat nun vierzehn Tage Zeit

Friedrich Merz
Friedrich Merz (CDU)

Nachdem CDU-Chef Friedrich Merz am Dienstag im ersten Wahlgang für die Wahl zum Bundeskanzler gescheitert ist, soll ein zweiter Wahlgang nicht mehr am selben Tag stattfinden. Der Grund dafür ist offenbar, dass für einen zweiten Wahlgang eine Ladungsfrist eingehalten werden muss. Die Fraktionen haben die Möglichkeit, diese Frist zu verkürzen. Dann wäre frühestens am Mittwoch ein weiterer Wahlgang möglich.

Dass Merz im ersten Wahlgang nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, eine sogenannte "Kanzlermehrheit" von 316 Stimmen, erhalten hat, kam überraschend. Noch nie zuvor ist ein designierter Kanzler nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen nach einer Bundestagswahl bei der Wahl im Bundestag gescheitert.

Die geplante Koalition aus CDU/CSU und SPD hat gemeinsam 328 Abgeordnete. Merz erhielt am Dienstagvormittag im Bundestag allerdings nur 310 Ja-Stimmen, 307 Abgeordnete stimmten gegen ihn und drei enthielten sich. Eine Stimme war ungültig, neun Stimmen wurden nicht abgegeben.

Der Bundestag hat nun vierzehn Tage Zeit, um mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler zu wählen. Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so muss nach den Vorgaben des Grundgesetzes "unverzüglich" ein neuer Wahlgang stattfinden, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.

Eigentlich war geplant, dass Merz noch am Mittag seinen Amtseid ablegen soll. Im Anschluss sollten die designierten Minister ihre Ernennungsurkunden erhalten und vereidigt werden. Für den Nachmittag war die Übergabe des Bundeskanzleramts und der Ministerien geplant. Stattdessen bleibt die geschäftsführende Bundesregierung im Amt. Auch die geplante Antrittsreisen von Merz nach Paris und Warschau am Mittwoch müssen nun wohl verschoben werden. +++

Kommentar hierzu
Das Ergebnis der Kanzlerwahl ist ein politisches Fiasko für Friedrich Merz – und das schon im ersten Wahlgang. Sechs Stimmen fehlten ihm zur Mehrheit. Das ist mehr als ein Rechenfehler, das ist eine Machtdemonstration – allerdings gegen ihn.

Man sollte mit Superlativen sparsam umgehen, doch hier ist der Begriff „Paukenschlag“ durchaus angebracht. Denn nicht nur scheitert der Unionsfraktionschef überraschend früh, auch die ohnehin fragile Geschlossenheit innerhalb seiner eigenen Reihen ist schwer erschüttert. Dass sich eine Kanzlermehrheit nicht im ersten Anlauf findet, ist kein Novum – aber für einen Mann wie Merz, der jahrelang auf diesen Moment hingearbeitet hat, ist es ein politischer Tiefschlag mit Symbolkraft.

Die nun aufgeschobene nächste Abstimmung zeigt: Die Verunsicherung ist groß. Und das Bild, das die Union gerade abgibt, ist alles andere als staatsmännisch. Wer führen will, muss Vertrauen organisieren – und genau das scheint Merz nicht gelungen zu sein. +++ norbert hettler


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