Weil will "sehr reiche Menschen" höher besteuern

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zeigt sich offen dafür, äußerst vermögende Menschen höher zu besteuern. "Normalverdienende müssen raus aus den obersten Stufen des Steuersystems. Und diejenigen, die wirklich viel Geld haben, können auch aus ihren laufenden Einnahmen mehr abgeben", sagte der SPD-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Das halte ich für gut vertretbar, und dazu wären auch manche sehr reiche Menschen bereit."

Gleichzeitig räumte der Regierungschef allerdings ein, dass politische Mehrheiten für ein "gerechteres Steuersystem" derzeit "leider nicht erkennbar" seien. Überdies erklärte er, dass er keinerlei Ambitionen mehr habe, in die Bundespolitik zu wechseln. Die Überlegung sei ein für allemal durch. "Das war im Jahr 2019 mal ein Thema, und ich habe mich damals damit wirklich schwergetan. Heute aber kann ich sagen, dass es für mich die richtige Entscheidung war, in Niedersachsen zu bleiben", sagte Weil und stärkte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Rücken. Auf die Frage, ob Scholz der Richtige sei, um bei der Bundestagswahl 2025 noch einmal als Spitzenkandidat für die SPD ins Rennen zu gehen, antwortete Weil: "Ein klares Ja." Olaf Scholz habe in den vergangenen zwei Jahren "wirklich sehr viel geleistet". Man müsse sich immer wieder vor Augen führen, "dass diese Bundesregierung von Anfang an mit massiven Krisen konfrontiert war und es auch weiterhin ist".

Grüner Finanzminister für Einschnitte auch bei Sozialausgaben

Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) plädiert in der aktuellen Debatte um den Bundeshaushalt für Einschnitte bei den Staatsausgaben. "Wir haben vereinfacht gesagt viel Geld auf alle Probleme geschüttet und eine Anspruchshaltung in diesem Staat kultiviert", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). "Wir haben Bürgern und Unternehmen den Eindruck vermittelt: Wenn eine Krise kommt, dann muss der Staat alles kompensieren. Das ist ein Versprechen, das Politik nicht halten kann." Seit der großen Finanzkrise 2008 hätten die Steuereinnahmen nur eine Richtung gekannt, nämlich nach oben. "Das hat politische Konflikte überdeckt. Jetzt ist die finanzpolitische Zeitenwende da. Krisen- und Handlungsfähigkeit wieder zu verinnerlichen, das ist der Auftrag dieser Regierung", betonte Bayaz mit Blick auf die Ampelkoalition im Bund. Als Beispiel nannte er die Rentenpolitik. "Auch soziale Projekte wie die Rente mit 63 oder die Mütterrente sollten nicht in Stein gemeißelt sein", betonte er. "Wir müssen uns fragen: Passen die noch in die Zeit?" Speziell kritisiert der Grünen-Politiker die persönlichen Ausgabenwünsche von Bundesfinanzminister Christian Lindner, darunter das Wachstumschancengesetz, das er gemeinsam mit seinen Kollegen aus anderen Bundesländern am Freitag in den Vermittlungsausschuss geschickt hatte. "Es ist insbesondere für unsere Kommunen ein sehr teures Gesetz, das muss in die Verhandlungsmasse zur Haushaltskonsolidierung hinein. Investitionsprämien und Forschungsförderung begrüße ich sehr, aber nicht jede Maßnahme im Gesetz ist zielgenau", betonte der Stuttgarter Ressortchef. Bayaz bemängelte auch Lindners Verhalten im Konflikt um die Steuerbegünstigung für die Restaurants. "Wenn man allerdings die Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie nicht verlängert und ein Koalitionspartner schon am nächsten Tag die Verantwortung auf andere schiebt, dann wird es diese Regierung weiterhin schwer haben", sagte er. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse sucht die Bundesregierung derzeit nach Möglichkeiten, die fehlenden 60 Milliarden Euro im Haushalt zu kompensieren. SPD und Grüne sowie einige CDU-Ministerpräsidenten verlangen eine Investitionsklausel in der Verfassung, die auch Bayaz unterstützt. Dies wird aber von der FDP und der Unionsfraktion im Bundestag bislang strikt abgelehnt.

Jusos für Aussetzung der Schuldenbremse für 2024

Der Juso-Bundesvorsitzende Philipp Türmer hat die Aussetzung der Schuldenbremse auch für das Jahr 2024 gefordert. "Das Urteil aus Karlsruhe hat uns noch einmal deutlich vor Augen geführt, was wir Jusos schon länger gesagt haben: Wir müssen uns entscheiden, ob wir das Klima oder die Schuldenbremse retten wollen", sagte Türmer der "Rheinischen Post". Beides gehe nicht. "Der deutsche Sonderweg, als einziges Industrieland der Erde die Transformation der Industrie und die Klimaziele ohne die Aufnahme von Krediten zu finanzieren, ist gescheitert", sagte Türmer. Die Ampel müsse jetzt liefern und unter Beweis stellen, dass sie weiter handlungs- und regierungsfähig sei. "Die Schuldenbremse muss kurzfristig für 2024 ausgesetzt werden und so schnell wie möglich aus dem Grundgesetz verschwinden. Auf dem Bundesparteitag werden wir Entsprechendes beantragen", kündigte Türmer an. Die Voraussetzungen für die Aussetzung würden bestehen. "Alle Menschen in diesem Land merken beim Blick auf ihre Nebenkostenabrechnung oder beim Einkaufen im Supermarkt, dass die Krise noch längst nicht vorbei ist. Dazu kommt die Dauerkrise durch den Klimawandel", sagte Türmer. "Zum 1. Januar 2024 werden diese Krisen nicht wie durch Zauberhand verschwinden. Das muss auch Christian Lindner einsehen. Die Schuldenbremse ist nicht mehr zu retten", sagte der Juso-Chef.

Umfrage: Deutliche Mehrheit für unveränderte Schuldenbremse

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Finanz- und Haushaltspolitik spricht sich die Mehrheit der Deutschen gegen eine Änderung der Schuldenbremse aus. Im ZDF-Politbarometer gaben 35 Prozent der Befragten an, für eine Lockerung der Schuldenbremse zu sein, 61 Prozent wollen sie unverändert erhalten. Allerdings fällt das Votum in Abhängigkeit von der Parteinähe der Befragten sehr unterschiedlich aus: Während die Anhänger der Grünen (67 Prozent), der Linke (58 Prozent) und der SPD (55 Prozent) mehrheitlich für eine Lockerung der Schuldenbremse sind, sehen das nur Minderheiten bei den Anhängern der FDP (31 Prozent), der CDU/CSU (20 Prozent) und der AfD (14 Prozent) so. Die Umfrage wurde von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen in der Zeit vom 21. bis 23. November bei 1.242 Wahlberechtigten telefonisch erhoben. +++


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