
"Ich habe das Privileg, selbst entschieden zu haben, mich nicht mehr zur Wahl zu stellen“, sagt uns die ehemalige Abgeordnete des Hessischen Landtages für den Wahlkreis 15 (Fulda II) Sabine Waschke (64), vergangene Woche Mittwoch (17. Januar) wenige Stunden vor ihrer Verabschiedung aus dem Hessischen Landtag. Ihre Entscheidung, für die 21. Legislatur nicht mehr zu kandidieren, kam nicht von ungefähr, sondern fällte die 64-Jährige ganz bewusst. Über 20 Jahre vertrat die Verheiratete und Mutter zweier erwachsener Kinder, sowie inzwischen mehrfache Großmutter die Interessen des Wahlkreises 15, zu dem neben den Städten Gersfeld (Rhön) und Tann (Rhön) auch die Rhöngemeinden Poppenhausen (Wasserkuppe), Ehrenberg (Rhön) und Ebersburg (Rhön), die Marktgemeinde Hilders, die Kommunen Dipperz, Hofbieber, die Stadtrandgemeinden Petersberg und Künzell sowie, Eichenzell, Kalbach, Neuhof (Kreis Fulda), Flieden und Hosenfeld gehören, im Wiesbadener Landtag. Mit uns blickt die Sozialdemokratin und überzeugte Europäerin auf ihre politischen Anfänge zurück und wagt einen Ausblick auf die Hessische Landespolitik und auch auf Europa.
„Ich bin das, was man als klassische Quereinsteigerin bezeichnet“
Ein Privileg, aus freien Stücken „gehen zu können“ sei es für die Sozialdemokratin, die 1999 vorerst im Fuldaer Kreistag, später dann auch in der Gemeindevertretung ihres Heimatortes Neuhof (Kreis Fulda) sowie dort auch im Ortsverband ihre politische Laufbahn begann, deshalb, „weil es nicht vielen Politikern vergönnt ist, „freiwillig gehen zu dürfen“. „Viele werden gar nicht mehr auf die Liste gesetzt oder verlieren ihr Mandat, weil das Wahlergebnis zu schlecht ist“, so Sabine Waschke im Gespräch mit fuldainfo. Mit der Entscheidung, fortan nicht mehr dem Hessischen Landtag anzugehören, gehe es ihr gut. Zur Landespolitik kam Waschke in 2003 mit 44 Jahren. „Ich bin das, was man als klassische Quereinsteigerin bezeichnet“, sagt sie, die nach dem Erlangen der Allgemeinen Hochschulreife mit dem Schwerpunkt „Wirtschaft“ zunächst in einem kaufmännischen Beruf arbeitete und bis zu der Geburt ihres Sohnes als stellvertretende Abteilungsleiterin in einem großen Warenhaus Verantwortung trug. Zur Kommunalpolitik kam sie, als sie von der SPD im Landkreis Fulda gefragt wurde, ob sie, die 12 Jahre als Stadtelternbeiratsvorsitzende fungierte, im Kreistag nicht Schulpolitik machen möchte. „Da hatte ich noch kein Parteibuch. Ich war immer der Auffassung, dass ein Amt, wie das der Stadtelternbeiratsvorsitzenden unabhängig von einer politischen Partei ausgeführt werden müsse“, sagt die ehemalige Kommunal- und Landespolitikerin. Und dieser Überzeugung ist sie auch heute noch.
Ausschlaggebend, sich parteipolitisch zu engagieren, war die Unterschriften-Kampagne gegen die von der rot-grünen Bundesregierung geplante doppelte Staatsbürgerschaft in 1999 von Roland Koch MdL a.D. (*1999-2010 Ministerpräsident des Landes Hessen). „Zu dieser Zeit habe ich aber noch in keinster Weise an den Hessischen Landtag gedacht.“ Die Entscheidung, 2003 für den Hessischen Landtag zu kandidieren, habe sie sich seinerzeit nicht leicht gemacht, als ihre beiden Vorgängerinnen ihr Mandat niederlegten und sie von der SPD gefragt wurde, ob sie die Nachfolge von Silvia Hillenbrand MdL a.D. sowie Ilse Stiewitt MdL a.D. antreten würde. Im Bewusstsein als Mutter zweier noch schulpflichtiger Kinder zuhause dennoch irgendwie verzichtbar zu sein, wagte Waschke 2003 den Schritt zur Kandidatur. Mit Erfolg. Bereut habe sie ihre Entscheidung aber nie. Auch wenn ihr das Landtagsmandat als seinerzeit einzige Abgeordnete der SPD im Zuständigkeitsbereich der Wahlkreise 14 und 15 (Fulda I und Fulda II) viel abverlangt habe, so habe ihr die Arbeit im Wiesbadener Landtag dennoch „immer viel Freude bereitet“.
„Wenn man mit in Regierungsverantwortung ist, hat man die Chance, seine Ideen und Konzepte voranzubringen“
„Wenn man mit in Regierungsverantwortung ist, hat man die Chance, seine Ideen und seine Konzepte voranzubringen“, sagt die ehemalige Landespolitikerin bezugnehmend auf die jetzt neue, christlich-soziale Koalition in Hessen. Das Privileg, in Regierungsverantwortung politisch zu wirken bzw. an dieser mitzugestalten, war der einstigen Oppositionspolitikerin die letzten 20 Jahre nicht vergönnt. Ein bisschen zumindest ein Gefühl davon, wie es sein kann, Dinge zu manifestieren, habe sie beim brisanten Thema der Haldenabdeckung in ihrem Heimatort gespürt, für dieses sie gemeinsam mit ihrem ehemaligen Landtagskollegen im Wahlkreis 15, Sebastian Müller (CDU) MdL, vehement eintrat. Beide Abgeordnete setzten sich dafür ein, das Thema in den Koalitionsvertrag zu bringen, was ihnen letztlich auch gelang. Dass sich ihre SPD an der Seite der CDU auch in Zukunft stärker behaupten kann als ihr das bislang möglich gewesen ist, davon ist Waschke überzeugt.
Auf ihre 25-jährige politische Tätigkeit – davon über 20 Jahre als Landespolitikerin – blickt die heute 64-Jährige in Demut und Dankbarkeit zurück. „Ich habe das gerne getan“, sagte sie auf dem Ordentlichen Unterbezirksparteitag der SPD Fulda am 27. Juni 2020 in Burghaun bei ihrer Verabschiedung als langjährige Vorsitzende der SPD im Unterbezirk Fulda, was auch in ihrer Funktion als Landespolitikerin gelten dürfte. Die SPD im Unterbezirk, so Waschke bei ihrer Verabschiedung, sei für sie immer etwas Besonderes gewesen. 11 Jahre stand Waschke dem SPD-Unterbezirk Fulda vor, den sie seinerzeit von Peter Jennemann übernommen hatte und im Juni 2020 an ihre Nachfolgerin, Birgit Kömpel MdB a.D. übergab. Die SPD im Landkreis Fulda mag der langjährigen Kommunal- und Landespolitikerin viel zu verdanken haben. In krisenhaften Zeiten und innerparteilicher Unruhen hielt sie ihre SPD im Unterbezirk beieinander. Nun ist es an der Zeit, in - zumindest in politischer Sicht –etwas „ruhigere Fahrwasser“ zu kommen und die Zeit nun voll und ganz der Familie, die nach eigenen Aussagen oft und viel zurückstecken musste, der Familie zu widmen. Freuen werden sich vor allem die Enkel, die „ihre Oma“ jetzt ein bisschen mehr für sich haben. Und so soll auch ein großer Freundeskreis in Zukunft für gemeinsame Freizeitaktivitäten stärker „zu seinem Recht kommen“ als das in der Vergangenheit möglich gewesen ist. +++ jessica auth