USA-Experte Braml: Amerika und China sind die großen Rivalen im 21. Jahrhundert

Auch die Region kann den Machtkampf der Großen zu spüren bekommen

In der Rivalität der USA mit China sieht USA Experte Dr Josef Braml die Herausforderung des 21 jahrhunderts, von deren Folgen auch die Region betroffen sein könnte. Foto: Gisbert Hluchnik

Geradezu in einem geopolitischen Parforceritt analysierte Dr. Josef Braml auf Einladung der Fuldaer Sektion für Sicherheitspolitik (GSP) und des Bonifatiushauses ebenso eloquent wie unmissverständlich Ziele und Folgen US-amerikanischer Politik unter Präsidenten wie Barack Obama und Donald Trump bis hin zu seinem Nachfolger Joe Biden. In seinem Vortrag über „Amerikas „neue“ Außenpolitik unter Biden – Auswirkungen auf die NATO, EU und die Welt“, betonte der USA-Experte im Fuldaer Bonifatiushaus, Trump sei „kein Unfall der Geschichte“ gewesen. „Sondern vielmehr Folge von etwas Tieferem.“

Westliche Ordnungsmacht

Bereits unter Amtsvorgänger Barack Obama hätten sich Amerikas zunehmende soziale und wirtschaftliche Probleme abgezeichnet. Die Folge: Es war klar, dass das Land seine Funktion als „westliche Ordnungsmacht“ nicht mehr würde aufrecht erhalten können. Während Trump „in einer Welt gelebt hat, in der Staaten keine Freunde, sondern nur Interessen hätten“, vertraue sein Nachfolger hingegen wieder auf Allianzen. Joe Biden werde versuchen, die „regelbasierte Ordnung aufrecht zu erhalten“. Aber auch unter dem amtierenden US-Präsidenten werde „nicht alles besser.“ Mit seinen Bewertungen erfüllte der Referent gleich zu Beginn das Versprechen von GSP-Sektionsleiter Michael Trost: Braml stehe für „wohltuend kurze, aber inhaltsreiche Analysen der US Politik“ – nicht zuletzt auch auf seinem Internet-Blog. Akademie-Direktor Gunter Geiger hatte Braml zuvor als „absoluten Amerika Kenner“ eingeführt.

Druck ausüben

Auf der Kooperationsveranstaltung (in Präsenz und via Zoom) der GSP sowie der Bildungsstätte des Bistums Fulda ließ Braml keinen Zweifel daran, dass der Paradigmenwechsel in der amerikanischen Außenpolitik ihren Preis habe. „Auch Biden wird Druck auf Deutschland ausüben.“ „Von uns“ werde erwartet, „mehr amerikanisches Freiheitsgas statt russischem Pipelinegas zu kaufen und die LNG (Liquefied Natural Gas) -Infrastruktur mitzufinanzieren.“ Gleichzeitig hob Braml hervor, US-Präsident Biden setze wieder verstärkt auf Amerikas Alliierte, weil er genau wisse, wozu er sie braucht, nämlich „um sie gegen Russland in Stellung zu bringen.“ Zuviel Druck treibe allerdings die Russen in die Arme Chinas.“ Und gerade darin sieht der außenpolitische Experte eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Denn: „Die große Auseinandersetzung des 21. Jahrhunderts ist die zwischen den USA und China.“ Das werde Europa, Deutschland und auch die heimische Region zu spüren bekommen. Heute sei es die „Künstliche Intelligenz“ und „Big Data“, Gebiete, auf denen sich China anschicke, die Amerikaner zu überholen. In dieser Rivalität könnten die USA einen „ähnlichen Schock“ erleiden, wie beim Sputnik-Schock in den 50er Jahren. Für Deutschland sei in dieser globalen Betrachtung die Debatte um den Ausbau des so genannten 5G-Netzes (schnelle Datenübertragung) mit dem chinesischen Anbieter Huawei eine ganz entscheidende Frage. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch mit Blick auf die militärische Überlegenheit und Dominanz Chinas. Braml ist sich in diesem Zusammenhang sicher, dass Deutschland „Farbe bekennen“ und auf ein 5G-Netz mit Huawei als Ausbaupartner verzichten müsse. Von den Folgen einer solchen Entscheidung – also wirtschaftlichen Gegenreaktionen Chinas – würden zweifellos auch Unternehmen in der heimischen Region betroffen sein, so beispielsweise Zulieferer der Automobilindustrie, glaubt der Politikexperte.

Trittbrettfahrer

Braml sieht zudem ein weiteres Gefahrenpotenzial: „Solange wir uns kein einsatzfähiges Militär leisten, müssen wir unseren Tribut zollen.“ Was im Klartext bedeutet: auf Geschäfte mit China zu verzichten – wie im Fall des 5G-Netzausbaus mit Huawei – um nicht erpressbar zu werden. Denn Amerika werde versuchen Lasten, die es selber nicht mehr tragen kann (und will), auf andere zu übertragen. „Trittbrettfahrer wie Deutschland“ könne sich die USA nicht mehr leisten. Das gelte insbesondere im Hinblick auf die Bundeswehr, die „kaputt gespart“ worden sei. Aufgrund dieser Entwicklung sei Deutschland „erpressbar durch die Schutzmacht“ geworden. Bramls ernüchterndes Fazit: „Leider leben wir immer noch in einer Traumwelt, obwohl sich die Welt verändert hat.“ Schließlich habe nicht erst Donald Trump die deutsche Regierung aufgefordert, mehr für die eigene Sicherheit und das Militär zu tun. Sondern auch schon US-Präsident Obama. Unter Präsident Biden „wird es so weiter gehen, aber nicht mehr so rabiat“ wie unter seinem Vorgänger Trump. +++ pm/ms