Union wirft Ampel „organisierten Verfassungsbruch“ vor

Nouripour für Gespräche über Aussetzen der Schuldenbremse

Die Union warnt die Ampel-Koalition davor, angesichts des jüngsten Urteils des Bundesverfassungsgerichts den Bundeshaushalt 2024 in der nächsten Woche planmäßig zu verabschieden. „Die Koalition betreibt organisierten Verfassungsbruch“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Haase, der „Bild“. „Sie ist aufgefordert, sich den Realitäten zu stellen. Doch halten vor allem SPD und Grüne in verantwortungsloser Art und Weise am offensichtlich unseriösen Haushaltsverfahren fest.“ Haase mahnte, es „bedarf einer konsequenten Überprüfung der haushaltswirtschaftlichen Gesamtlage für 2024“. Der Haushalt 2024 könne in dieser Form aktuell nicht verabschiedet werden, „es sei denn, SPD und Grüne möchten das Land ins Verderben führen“.

Kubicki ruft SPD und Grüne in Haushaltskrise zu Kurswechsel auf

Angesichts der Haushaltskrise fordert FDP-Vize Wolfgang Kubicki die Koalitionspartner SPD und Grüne zu einem Kurswechsel auf. „Die Sozialdemokraten und Grünen können nicht hoffen, dass wir dabei mitwirken, die Staatsverschuldung zulasten künftiger Generationen in die Höhe zu treiben“, sagte Kubicki der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe). Aus seiner Sicht seien „die haushälterischen Probleme lösbar, es bedarf jedoch eines klaren Paradigmenwechsels, der vor allem die Koalitionspartner betrifft“. Die Idee, der Staat könne unabhängig von seiner Einnahmesituation jede Form der Hilfestellung garantieren, „ist jedenfalls ziemlich kurz gedacht“. Und dass man „im Höchststeuerland Deutschland“ die Steuern noch weiter hochtreibe, sei für ihn „undenkbar und wäre konjunkturpolitisch grundfalsch“. Notwendig sei daher eine „grundsätzliche Auseinandersetzung darüber, was wir finanzieren können und was nicht“. An den Freien Demokraten werde „ein solcher Kurswechsel jedenfalls nicht scheitern“, sagte Kubicki.

Nouripour für Gespräche über Aussetzen der Schuldenbremse

Nach der weitgehenden Haushaltssperre warnt Grünen-Chef Omid Nouripour vor den Folgen eines drastischen Sparkurses für die Wirtschaft. „Wir dürfen uns nicht immer tiefer in die Misere sparen“, sagte Nouripour der „Süddeutschen Zeitung“. Er teile die Sorge der Industrie um einen Jobabbau im großen Stil: Deutschland kämpfe mit einem riesigen Modernisierungsstau, während China und die USA Milliardenprogramme für Investitionen auflegten. „Der Wettbewerb darum, wo sich Zukunftstechnologien ansiedeln, wo Jobs und Wohlstand entstehen werden, ist in vollem Gange.“ Auch Deutschland brauche nun Investitionen „in eine Infrastruktur, die funktioniert“. Jeder kenne doch das Grundgefühl, „in einem gigantischen Funkloch zu leben“. Das Bundesverfassungsgericht hatte der Bundesregierung vergangene Woche 60 Milliarden Euro gestrichen, weil die Übertragung nicht genutzter Corona-Kredite auf den Klimafonds verfassungswidrig war. In der Koalition laufen Verhandlungen, wi  e gespart und welche Projekte noch finanziert werden können. Die Grünen wünschen sich in der Koalition auch Gespräche über ein vorübergehendes Aufweichen der Schuldenregeln: „Ich nehme wahr, dass es jetzt in der SPD Stimmen gibt, die eine Aussetzung der Schuldenbremse ins Spiel zu bringen“, sagte Nouripour. „Darüber sollten wir reden.“ Langfristig seien zudem Maßnahmen nötig, um „gescheit vorzusorgen“. Seine Partei schlage beispielsweise seit Jahren eine Reform der Schuldenbremse vor. Allerdings glauben auch die Grünen nicht an einen schnellen Erfolg: „Eine solche Reform steht derzeit nicht an, denn sie braucht eine Zwei-Drittel-Mehrheit“, räumt Nouripour ein. „Und diese ist mit der derzeitigen CDU nicht in Sicht.“ Der Union machen die Grünen schwere Vorwürfe: „Sie scheint ja das Scheitern unserer Wirtschaft in Kauf zu nehmen für parteipolitische Manöver“, kritisiert Nouripour. „Anders kann ich es mir nicht erklären, dass sich nun viele in der Union über die Sorgen der Wirtschaft na  ch dem Urteil geradezu zu freuen scheinen.“ Sorgen um ein Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition weist Nouripour dagegen zurück: „Die Koalition hält. Diese Koalition ist krisenerprobt. Wir haben letztes Jahr die gewaltigen Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine bewältigt. Glauben Sie mir: Wir bekommen auch dieses Problem in den Griff.“

Grüne stellen MPK-Beschluss für schnelleres Bauen infrage

Die Grünen-Bundestagsfraktion stellt die Umsetzung des von Bund und Ländern beschlossenen „Deutschlandpakts“ zur Beschleunigung von Planungsverfahren infrage. „Mit diesen Vorschlägen wird nicht beschleunigt, sondern einfach nur Umweltschutz abgebaut“, sagte der umweltpolitische Sprecher Jan-Niclas Gesenhues dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. In Zeiten von Klimakrise und Artensterben sei das der „völlig falsche“ Schritt. „Deswegen werden wir den Wunschzettel des Kanzlers und der Ministerpräsidenten genau prüfen, inwiefern er sich überhaupt sinnvoll umsetzen lässt und was nochmal überarbeitet werden muss.“ Gesenhues sagte: „Der Gesetzgeber ist jedenfalls das Parlament und nicht eine Ministerpräsidentenkonferenz, die rechtlich gesehen überhaupt keine Regelungskompetenzen hat.“ Der Grünen-Politiker kritisierte den Beschluss: „Was der Kanzler und die Ministerpräsidenten sich ausgedacht haben, macht Planungsverfahren vor allem schlechter und klageanfäll  iger, und das auf Kosten der Umwelt.“ Gesenhues forderte „klare Prioritäten auf Klimaschutzvorhaben, mehr Personal in den Genehmigungsbehörden und schnelle digitale Prozesse“. Dies ermögliche „echte Planungsbeschleunigung“.

Sozialverband warnt vor Streichung von Kindergrundsicherung

Der Sozialverband VdK hat besorgt auf den Haushaltsstopp reagiert und vor Kürzungen bei der geplanten Kindergrundsicherung gewarnt. Durch die Sperre könne „im Moment niemand sicher sein, welche Gelder in den kommenden Jahren überhaupt noch fließen werden“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der „Rheinischen Post“. Der Haushaltsstopp sei eine „beunruhigende Botschaft“ für alle, die sich auf Versprechungen der Bundesregierung verlassen hätten. Von den Maßnahmen sei unter anderem auch die Kindergrundsicherung betroffen: „Ich warne davor, dieses wichtige Zukunftsprojekt ganz zu kippen“, sagte Bentele. „Das wäre ein herber Schlag für die fast drei Millionen Kinder, die derzeit von Armut betroffen oder bedroht sind.“ Auch bei den Finanzierungen im Bereich der Arbeitslosenhilfe solle, auch mit Blick auf den Fachkräftemangel, nicht gekürzt werden müssen. Generell dürfe im sozialen Bereich als Letztes gespart werden. +++

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