Umfrage: Asylstreit schadet der CSU

Günther: "Unding, sich über Plan zu streiten, den niemand kennt"

Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer

Berlin. Der Streit um die Asylpolitik hat vor allem der CSU und ihrem Spitzenpersonal politischen Schaden zugefügt. In einer Umfrage des Instituts Kantar Emnid für die Zeitungen der Funke-Mediengruppe bewerten die Bürger das Handeln der CSU-Politiker Horst Seehofer, Markus Söder und Alexander Dobrindt überwiegend negativ. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles werden etwas weniger schlecht bewertet. Vor allem der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, erhält wenig Zustimmung für sein Verhalten in den vergangenen Tagen. Auf die Frage, ob er im Asylstreit eine eher gute oder eine eher schlechte Rolle spielt, bewertete mehr als die Hälfte der 500 befragten Bürger (54 Prozent) seine Rolle mit „eher schlecht“. Nur 18 Prozent fanden sein Verhalten „eher gut“, der Rest war unentschieden.

Unter den Anhängern von CDU und CSU bewerteten 61 Prozent Dobrindts Kurs mit „eher schlecht“ und nur 23 mit „eher gut“. Noch negativer schnitt CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer im eigenen Lager ab: Seine Rolle im Asylstreit bewerteten sogar 66 Prozent der befragten Unions-Anhänger mit „eher schlecht“. 28 Prozent fanden ihn „eher gut“. Insgesamt findet fast jeder zweite befragte Bürger Seehofers Rolle im Asylstreit nicht gut. Politisch nicht ganz so stark angeschlagen ist Bayerns Ministerpräsident Markus Söder durch den Konflikt: Sowohl unter allen befragten Bürgern als auch explizit unter den Unions-Anhängern bewertete genau die Hälfte seine Rolle im Asylstreit mit „eher negativ“. Nur 28 Prozent (alle Bürger) beziehungsweise 39 Prozent (Unions-Anhänger) bewerteten ihn positiv. Sehr groß ist die Zustimmung, die die drei CSU-Politiker unter Anhängern der AfD für ihren Kurs bekommen: Bei Söder sagen 87 Prozent der Sympathisanten der rechtskonservativen Partei, er habe eine „eher gute Rolle“ gespielt, bei Seehofer sind es 84 Prozent und bei Dobrindt 55 Prozent. Zumindest Seehofer und Söder können auch bei jedem fünften Anhänger der Linken punkten („eher gute Rolle“). Dagegen lehnen die Anhänger der Grünen die Rolle der Drei so gut wie einstimmig ab. Unter den FDP-Sympathisanten gibt es keine einheitliche Stimmungslage.

Auch CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der Konflikt mit der Schwesterpartei geschadet. 47 Prozent der Befragten meinen, sie habe eine „eher schlechte Rolle“ gespielt. 45 Prozent sind dagegen der Auffassung, Merkels Rolle sei „eher gut“ gewesen. In den eigenen Reihen genießt die Kanzlerin große Rückendeckung: 74 Prozent der Anhänger von CDU und CSU meinen, sie habe sich „eher gut“ verhalten. Dieselbe Sichtweise haben auch 89 Prozent der Grünen-Anhänger. Die Sympathisanten der AfD bilden den Gegenpol: 97 Prozent von ihnen bewerten Merkels Rolle als „eher schlecht“. SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles hat ihre zurückhaltende Rolle in dem Konflikt mehr geschadet als genützt: 43 Prozent der Befragten finden, Nahles habe eine „eher schlechte Rolle“ gespielt, nur 31 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. Jeder Vierte erlaubt sich kein Urteil. Immerhin konnte die SPD-Politikerin bei den eigenen Anhängern punkten: 59 Prozent der befragten SPD-Freunde lobten ihr Verhalten. 28 Prozent fanden es „eher schlecht“. Die größten Sympathisanten hat Nahles aber bei den Grünen (66 Prozent sahen ihre Rolle „eher gut“). Die Anhänger aller anderen Parteien sahen sie überwiegend negativ.

Günther: „Unding, sich über Plan zu streiten, den niemand kennt“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aufgefordert, seinen „Masterplan“ zur Asylpolitik vorzustellen. „Es ist ein Unding, dass wir uns seit zwei Wochen öffentlich zerstreiten über einen Plan, den kein Mensch kennt. Ich bin nicht bereit, Politik zu machen auf diesem Niveau“, sagte Günther den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Bevor ich mir eine Meinung zu einem Plan mache, will ich ihn erst gelesen haben. Er muss jetzt endlich vorlegt werden“, so Günther. Er ließ ausdrücklich offen, ob die Jamaika-Regierung in Schleswig-Holstein den „Masterplan“ des Innenministers unterstützen wird. „Wir werden jeden einzelnen Vorschlag des Seehofer-Plans daraufhin überprüfen, ob er sinnvoll und zielführend ist“, sagte er. Als wesentliche Aufgabe nannte der schleswig-holsteinische Regierungschef, „erhebliche Vollzugsdefizite bei Rückführungen“ zu beseitigen.

Schlauch: „CSU demoliert Europa mit bayrischer Abrissbirne“

Der ehemalige Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Rezzo Schlauch, übt Kritik am Verhalten der CSU. „Es war kurzzeitig der brachiale Versuch der alten und neuen CSU-Führungsmannen, die ungeliebte, teilweise schon verhasste Kanzlerin zu stürzen“, schreibt Schlauch in einem Gastbeitrag in der „Heilbronner Stimme“. „Dies unter dem scheinheiligen Deckmantel eines inhaltlich hochgezogenen Konflikts, da der Königinnenmord auf offener Bühne bei der Wählerschaft nicht gut ankommen würde – wie die Umfragen zeigen, in denen Kanzlerin Merkel sogar in Bayern in der Beliebtheit vor Söder und Seehofer rangiert“, so Schlauch. Nur ein mögliches Ende der Fraktionsgemeinschaft und ein Ende der Koalition lasse die CSU-Führung zurückschrecken. Der viel folgenschwerere politische Sprengstoff liege aber darin, „dass die CSU das eh schon fragile Europa mit einer provinziell bayrischen Abrissbirne demoliert, mindestens aber weiter in die Handlungsunfähigkeit manövriert.“ Die CSU handle ohne Rücksicht auf Verluste, gegen die Interessen Deutschlands, zum Schaden Europas und „in trauter Einigkeit mit den Orbáns, Kazcinskys und dem neu hinzugekommenen Italiener Salvini“, schreibt Schlauch. Diese Staatschefs seien „allesamt Autokraten, die zu Hause Demokratie und Rechtsstaat aushöhlen, und Europa nur als Zahlmeister zum Aufpolieren ihrer maroden Infrastrukturen in Anspruch nehmen“, so der ehemalige Grünen-Fraktionschef. Solidarität und europäische Werte seien Leerstellen in ihrem politischen Katalog.

Österreichs Kanzler hofft auf Einigung in Deutschland

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz setzt auf eine Einigung im unionsinternen Streit um Grenzschließungen. „Wir hoffen, dass es gelingt, sich auf eine gemeinsame Linie in Deutschland zu einigen“, sagte Kurz der „Bild“. Alle möglichen Grenzschließungen sollten laut Kurz in enger Abstimmung mit Deutschland passieren. „Wenn wir in Europa nationale Maßnahmen setzen, dann werden wir natürlich alles Erforderliche tun, um unsere Grenzen in alle Richtungen zu schützen. Aber diese Maßnahmen würden stets in engster Kooperation mit unseren Nachbarländern erfolgen, zumal wir uns zum Beispiel in ständigem und engem Kontakt mit dem deutschen Innenminister befinden. Klar ist, dass unser Ziel weiterhin eine gemeinsame europäische Lösung ist mit einem ordentlichen Schutz der Außengrenzen und Zentren in Drittstaaten. Damit können wir auch ein Europa ohne Grenzen nach innen erhalten.“ Erneut sprach er von einem möglichen Domino-Effekt: „Wenn Deutschland seine Grenzen schließen sollte, dann würden wir die gleichen Maßnahmen setzen wie Deutschland, vor allem an unseren Grenzen im Süden. Dies würde einen Dominoeffekt auslösen gegen illegale Migration.“ +++