Ukraine: Deutschland agiert bei Waffenlieferungen „unbeholfen“

Ukraine will auch die Krim zurückerobern

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba wirft der Bundesregierung vor, beim Thema Waffenlieferungen noch immer „unbeholfen“ zu agieren. Er sei zum Beispiel verwundert über die Entscheidung der Bundesregierung gewesen, das Luftabwehrsystem Gepard an die Ukraine zu liefern, sagte er der „Welt“. „Erst heißt es, wir bekommen sie, dann heißt es, ihr bekommt sie, wenn es Munition gibt, weil wir keine haben.“ Dann müsse man sich erst an andere Länder wenden, um Munition zu beschaffen, obwohl es aus verschiedenen Gründen fragwürdig sei, dass diese Länder sie bereitstellen würden. „Erst etwas zuzustimmen, wonach wir nicht gebeten hatten und dann festzustellen, dass das System gar nicht betrieben werden kann, wirft einige Fragen auf.“ Kuleba kritisierte auch, dass Deutschland nur sieben Panzerhaubitzen 2000 an die Ukraine liefern wolle, während die Ukraine aus einem sehr kleinen EU-Land die gleiche Stückzahl erhalte. „Da stimmen die Dimensionen nicht, das sieht nicht gut aus“, sagte Kuleba der Zeitung. Er lobte hingegen, dass Deutschland beim Thema Ölembargo gegen Russland inzwischen eine Führungsrolle in der EU einnehme.

Ukraine will auch die Krim zurückerobern

Die Ukraine will weiterkämpfen, bis auch die seit 2014 von Russland besetzte Krim zurückerobert ist. „Was auch immer nötig ist und ganz gleich, wie lange es dauert, die Ukraine wird militärisch und auch diplomatisch dafür kämpfen, dass unser Land vollständig wiederhergestellt wird in seiner gesamten territorialen Integrität, natürlich einschließlich des Donbass und der Krim“, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Donnerstag der ZDF-Sendung „Heute-Journal“. Die Beziehungen zu Deutschland seien der Ukraine wichtig, auch zu Bundeskanzler Olaf Scholz: „Wir haben eine Einladung ausgesprochen, er ist jederzeit willkommen, zu jedem Datum, das ihm passt und wir schätzen unsere Beziehungen.“ Er widerspricht Scholz allerdings in der Frage, inwieweit ein Atomkrieg drohe: „Ich sehe tatsächlich nicht die Möglichkeit, dass hier ein nuklearer Krieg als Möglichkeit auf dem Tisch läge. Denn das wäre der letzte Krieg und zwar auch für Russland“. Er sei in Deutschland, erläutert Kuleba, um die weitere Strategie zu diskutieren und damit sei er durchaus zufrieden.

Schätzung: Ukraine-Krieg und Sanktionen kosten 1,99 Billionen Euro

Der Ukraine-Krieg und die Sanktionen gegen Russland kosten in vier Jahren schätzungsweise 1,99 Billionen Euro. Dies ergebe sich, wenn man zu den unmittelbaren Kriegskosten und den Zerstörungen in der Ukraine die Kosten für die Aufrüstung und die Kosten die Sanktionen gegen Russland addiere, sagte Alexander Dill vom Basel Institute of Commons and Economics. Die russischen Kosten für den eigentlichen Militäreinsatz machen dabei mit schätzungsweise 20 Milliarden Euro in 2022 und je 10 Milliarden Euro in den Folgejahren die geringsten Kosten aus, werden doch alle Soldaten und Waffen in Rubel bezahlt – angesichts des aktuellen Wechselkurses also regelrecht zum Schnäppchenpreis. Für die EU könnte dagegen innerhalb vier Jahren mit 1,58 Billionen Euro der Löwenanteil anfallen. Die Mehrkosten für Energie mit 40 Milliarden Euro in 2022 und 120 Milliarden Euro für jedes der drei folgenden Jahre ist dabei der wichtigste Einzelposten, so die Schätzung des Instituts, das auch für den „World Social Capital Monitor“ der Vereinten Nationen zuständig ist. Die Zerstörung in der Ukraine und der anschließende Wiederaufbau wird dabei mit 300 Milliarden Euro in 2022 und 100 Milliarden Euro für jedes der Folgejahre kalkuliert. Dill macht keinen Hehl daraus, dass EU und NATO seiner Ansicht nach die von ihm so genannten „Autonomiegebiete“ in der Ost-Ukraine mit der Forderung nach Wahlen unter OSZE-Aufsicht hätten anerkennen sollen. Auch die Waffenlieferungen an die Ukraine sowie die neuen Aufrüstungen in den europäischen Staaten erhöhten die Transaktionskosten des Ukraine-Krieges über Jahre hinweg – „ohne Aussicht auf einen politischen oder wirtschaftlichen Vorteil für die EU“, sagte der Soziologe. +++

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