Trittin verteidigt BND-Spionage

Berlin. Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin hat die Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes verteidigt, der nach Medienberichten auch Gespräche von US-Außenminister John Kerry und dessen Vorgängerin Hillary Clinton belauscht hat sowie systematisch in der Türkei spioniert. Er rate in der Debatte um die Arbeit der Geheimdienste zu „weniger Wehleidigkeit, mehr eigener Aufklärung und besserer Spionageabwehr“, sagte Trittin der „Berliner Zeitung“. Ein zufälliges Mithören von Ministertelefonaten sei etwas anderes als das systematische Ausspähen des Parteihandys der Kanzlerin. Die BND-Tätigkeit in der Türkei sei gerechtfertigt: „Die Sicherheit Deutschlands ist durch die Vorgänge im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien und dem Irak unmittelbar betroffen. Und es stehen Bundeswehrsoldaten an der Grenze zu Syrien. Dass ein geheimer Nachrichtendienst dort Erkenntnisse sammelt, kann man ihm nicht vorwerfen. Das ist seine Aufgabe“, betonte Trittin.

Bosbach: „Sicherlich gute Gründe“ für Türkei-Spionage

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), hält mögliche BND-Aktivitäten in Sachen Türkei für nachvollziehbar. Es gebe „sicherlich gute Gründe“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Bosbach verwies dabei auf Aktivitäten der kurdischen PKK sowie links- und rechtsextremistischer türkischer Gruppen in Deutschland, Drogenschmuggel und Schleuserkriminalität. Der CDU-Politiker erklärte allerdings, er gehe davon aus, dass US-Regierung die Berichte über die BND-Spionage in der Türkei und über zufällig mitgehörte Gespräche der US-Außenminister John Kerry und Hillary Clinton im Streit über die amerikanische Ausspäh-Praxis in Deutschland für sich nutzen werde. „Für die Amerikaner ist diese Nachricht ein Geschenk des Himmels“, sagte er.

Ströbele verlangt Aufklärung

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, hat von der Bundesregierung rasche und umfassende Aufklärung über die BND-Aktivitäten gegen die Türkei verlangt. „Uns wurde immer gesagt: Wir machen so etwas nicht, Freunde spioniert man nicht aus“, sagte der Grünen-Abgeordnete der „Saarbrücker Zeitung“. Das habe die Vorwürfe gegenüber der NSA und der US-Regierung begründet. „Die Bundesregierung kommt gegenüber Washington jetzt in Argumentationsnöte“, sagte Ströbele. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stehe mit ihrer Aussage, dass man Freunde nicht ausspioniere, blamiert da. Die Bundesregierung müsse jetzt sagen, was das Kanzleramt von den BND-Aktivitäten gewusst habe und seit wann. „Und diese Information muss öffentlich erfolgen, denn es geht nicht mehr um einen geheimen Vorgang.“ Wenn Merkel über die BND-Aktivitäten gegenüber der Türkei nicht informiert gewesen sei, würde das bedeuten, dass die Aufsicht durch das Kanzleramt nicht funktioniere, betonte Ströbele. „Dann hätten die Dienste ein völlig unkontrolliertes Eigenleben.“ +++ fuldainfo

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