Tausende Ermittlungsverfahren wegen Betrug bei Corona-Hilfen

Viele Unternehmen haben sich nach Coronahilfen nicht zurückgemeldet

Wegen mutmaßlichen Betrugs bei der Beantragung von Corona-Soforthilfen sind bis Ende 2023 deutschlandweit 7.900 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Das teilte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums dem „Spiegel“ mit. In der Pandemie unterstützte der deutsche Staat viele Unternehmen und Selbstständige mit Subventionen. Die Soforthilfen waren nur eines der Hilfsprogramme; bezogen auf alle Programme dürfte die Zahl der eingeleiteten Verfahren wegen möglichen Betrugs daher um ein Vielfaches höher liegen.

Das Landeskriminalamt in Berlin etwa hat Zahlen, die sich auf alle Programme ab 2020 beziehen. Es kommt allein für die Hauptstadt auf mehr als 16.000 Ermittlungsverfahren wegen Hilfen, die mutmaßlich zu Unrecht ausgezahlt wurden. Die Behörde geht dabei von einem potenziellen Schaden von 274 Millionen Euro aus. Im Berliner Landeskriminalamt wurden eigens drei Abteilungen gegründet, ungefähr 40 Beamte sind damit beschäftigt, Betrug aus der Pandemiezeit aufzuklären. Die Corona-Subventionen seien „die ultimative Gelegenheit zum Betrug“ gewesen, sagte Rolf Blaga, Arbeitsgruppenleiter bei Transparency International in Deutschland. „Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik war es so leicht, vom Staat alimentiert zu werden.“ Ermittler, die mit den Fällen zu tun haben, vermuten hinter fünf bis zehn Prozent der damals gestellten Hilfsanträge kriminelle Machenschaften. Bei Subventionen von insgesamt 76 Milliarden Euro könnte der Staat demnach viele Milliarden zu Unrecht ausgezahlt haben.

Viele Unternehmen haben sich nach Coronahilfen nicht zurückgemeldet

Das Bundeswirtschaftsministerium beklagt eine mangelnde Kooperationsbereitschaft vieler Unternehmen, die in der Pandemie von staatlichen Corona-Subventionen profitiert haben. Wie der „Spiegel“ weiter berichtet, fehlen den zuständigen Behörden in 41.000 Fällen sogenannte Schlussabrechnungen, ohne dass die betroffenen Unternehmen eine Fristverlängerung zur Abgabe beantragt haben. In rund 400.000 Fällen haben Firmen um Aufschub für die Einreichung gebeten. Unternehmen, die in der Pandemie Zuschüsse beantragt haben, mussten damals in den Formularen angeben, wie hoch der Umsatzrückgang schätzungsweise sein würde. Sie verpflichteten sich, später offenzulegen, wie sich das Geschäft tatsächlich entwickelt hatte, ob die Einbußen also wirklich so hoch waren wie befürchtet. Dazu sollten die Antragsteller im Nachhinein eine Schlussabrechnung abgeben. Die Antragsteller seien „mehrfach auf das Einreichen der Schlussabrechnungen hingewiesen“ worden, sagte ein BMWK-Sprecher, die entsprechenden Unternehmen hätten Erinnerungsmails und Briefe bekommen. Die Frist zur Abgabe sei mehrmals „großzügig verlängert“ worden. Die Unternehmen haben nun noch bis zum 31. März Zeit, sich bei den Behörden zu melden. „Eine weitere Fristverlängerung ist von Bund und Ländern nicht vorgesehen“, so der Ministeriumssprecher. Im BMWK geht man davon aus, dass rund 20 Prozent der Unternehmen, die etwa Überbrückungshilfen, November- oder Dezemberhilfen erhalten haben, Geld zurückzahlen müssen, im Schnitt 6.400 Euro. Um Unternehmen und Selbstständigen zu helfen, hat der deutsche Staat in der Pandemie mehr als 76 Milliarden Euro an Subventionen verteilt. +++