Tarifverhandlungen gescheitert – Busfahrer wollen streiken

Hessische Busunternehmer sind ratlos

Die ver.di Tarifkommission für die private Busbranche in Hessen hat die Verhandlungen mit dem Landesverband der hessischen Omnibusunternehmen LHO für gescheitert erklärt. Bei den Verhandlungen heute haben die Arbeitgeber zwar ein weiteres Angebot vorgelegt. Dies ist aus Sicht der Busfahrer jedoch nicht besser, sondern lediglich optisch aufgewertet. Denn es sieht vor, die Gehälter erst ab dem 1.12.2019 zu erhöhen (statt zum 1.4.), dann auf 14,10 Euro (statt zum 1.4. auf 13,90) und weiter jährlich um 50 Cent, um dann in vier Jahren, am 1.7.2022 auf 15,60 Euro anzukommen.

ver.di-Verhandlungsführer Jochen Koppel: „Das sind reine Taschenspielertricks: wir lassen acht Monate einfach raus, fangen später mit ein paar Cent mehr an und landen dann nach vier Jahren auf einem etwas höheren Stundenlohn. Das akzeptieren die Kollegen nicht.“ Das vorige Angebot sah eine Erhöhung um 40 Cent bereits zum 1.4.2019 vor und lief von da aus vier Jahre in insgesamt vier Schritten auf 15,10 Euro zu. Jochen Koppel: „Darüber hinaus lehnen es die Arbeitgeber strikt ab, über die Arbeitsbedingungen, also den Mantel zu reden. Deshalb bereiten wir jetzt Streiks für die kommende Woche vor.“ Die privaten Busfahrer in Hessen hatten sich bei einer Urabstimmung mit über 99 Prozent für unbefristete Arbeitsniederlegungen ausgesprochen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. ver.di fordert die Erhöhung des Grundgehalts von jetzt 13,50 Euro auf 16,60 Euro die Stunde. Der Urlaub soll auf 30 Tage innerhalb der geforderten 5-Tage-Woche erhöht werden (derzeit sind es 25 Tage). ver.di-Mitglieder sollen zwei zusätzliche Urlaubstage erhalten. Außerdem fordert ver.di, fahrplanbedingte Pausen/Wendezeiten komplett zu vergüten.

Hessische Busunternehmer sind ratlos

Sie können die Wünsche der Gewerkschaft Verdi in den laufenden Tarifverhandlungen nach Kostensteigerungen von über 40 Prozent weder nachvollziehen noch bezahlen. Ihr Angebot: In den kommenden vier Jahren sollen Busfahrerinnen und -fahrer rund 15,5 Prozent mehr Lohn erhalten, eine Steigerung beim Ecklohn auf dann 15,60 Euro. Dies hat der Landesverband Hessischer Omnibusunternehmer (LHO) der Gewerkschaft Verdi in der jüngsten Verhandlungsrunde am Donnerstag (14.) angeboten. Der LHO will mit diesem Angebot ein starkes Signal für eine verbesserte Bezahlung des Fahrpersonals setzen und hat sich noch einmal deutlich auf Verdi zubewegt, um den Busfahrerberuf spürbar attraktiver zu machen und eine Einigung zu ermöglichen. „Das heutige Angebot geht über das für die Unternehmen wirtschaftlich Vertretbare hinaus, da die hieraus resultierenden Kostensteigerungen nur unzureichend über die langlaufenden Verkehrsverträge refinanziert werden“, erklärt Volker Tuchan, Geschäftsführer des LHO und Verhandlungsführer der Busunternehmen. Dennoch hat Verdi das Angebot abgelehnt und nun weitere Streiks, angekündigt. Dies kritisieren die Busunternehmen deutlich.

Offensichtlich sollen mit den angekündigten weiteren Streiks Hessens Landespolitik, die hessischen Kommunen und die Verkehrsverbünde – und damit die eigentlichen Organisatoren des öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV) in Hessen, unter Druck gesetzt werden. Der LHO verweist auf bestehende Verträge mit den Verkehrsverbünden und Kommunen sowie eine von allen Beteiligten vereinbarte Preisgleitklausel – den so genannten „Hessen-Index“. Dieser wurde erst vor knapp 24 Monaten – auch und gerade in Zusammenarbeit mit Verdi – sowie den öffentlichen Auftraggebern beschlossen, um auf diese Weise Planungssicherheit zu schaffen: „Nur daran können sich die Busunternehmer orientieren, um steigende Personalkosten auffangen zu können“. LHO-Geschäftsführer Volker Tuchan betont: „Wir sind sehr dafür, dass Busfahrer mehr verdienen – das geht nur schrittweise, und nicht im Hauruckverfahren! Hessens Busunternehmer können keine Wunschkonzerte der Gewerkschaft finanzieren, der hessische Mittelstand darf nicht in die Insolvenz getrieben werden. Wir möchten mit dem Land, den Kommunen und den Bürgern weiter mit Verlässlichkeit an der Verkehrswende und einem zukunftsfähigen ÖPNV arbeiten.“ Der LHO verweist auf die Entwicklung im Saarland und sieht dies als Warnsignal. Auch dort wurden die Unternehmen zu einem Tarifabschluss gedrängt, der über ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten liegt. Die ersten Verkehrskonzessionen wurden dort bereits zurückgegeben, da die Betriebe nicht mehr in der Lage sind, diese wirtschaftlich zu betreiben.

Hessen komme durch die überzogenen, alle Grenzen sprengenden Forderungen der Gewerkschaft in eine schwierige Situation, befürchtet der Verhandlungsführer der Busunternehmen und sendet einen Notruf in die Landeshauptstadt Wiesbaden. Tuchan äußert den Eindruck, Verdi werde so lange streiken, bis sich die hessische Landespolitik einschalten müsse: „Für die Busunternehmen gibt es keine weiteren Spielräume mehr“, so Tuchan weiter. Durch die Streikaktionen kann es zu enormen Folgewirkungen für Pendler, Schüler, Wirtschaft und den Flughafen im Rhein-Main-Gebiet kommen. Bereits vor zwei Jahren hatte man sich – mit einer Erhöhung des Lohns um 12,5 Prozent – auf einen überdurchschnittlich hohen Tarifabschluss geeinigt, für den zahlreiche Busunternehmen von den öffentlichen Auftraggebern bis heute keinen vollständigen Personalkostenausgleich erhalten haben: „Wenn nun erneut für Tariferhöhungen – über das übliche Maß hinaus – gestreikt wird, geraten Busunternehmen unvermeidlich in finanzielle Schieflagen. Dies beeinträchtigt die Zuverlässigkeit des ÖPNV in Hessen, der für viele Menschen die Alternative für ihr Auto ist, und damit auch eine nachhaltige Verkehrs- und Klimapolitik.“ +++