Steinbrück für Reform der Schuldenbremse

Steinbrück hält 32-Stunden-Woche für "absurd"

Peer Steinbrück (SPD)

Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat sich für eine Relativierung der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse ausgesprochen. „Wir brauchen eine bessere Schuldenbremse. Sie sollte mehr öffentliche Investitionen – nicht konsumptive Ausgaben – erlauben“, sagte Steinbrück dem „Tagesspiegel“. „Die Begrenzung der Nettokreditaufnahme auf 0,35 Prozent der Wirtschaftskraft ist bei unserer schlechten Infrastruktur nicht durchzuhalten.“

Als Finanzminister hatte Steinbrück stets für die Schuldenbremse geworben. Am Tag der entsprechenden Verabschiedung durch den Bundestag im Mai 2009 würdigte er das Ja zur Schuldenbremse als „Entscheidung von historischer Dimension“. Außerdem sprach sich Steinbrück für Ausgabenkürzungen im Bundeshaushalt aus, nannte hier „umweltschädliche Subventionen beispielsweise und weitere Finanzzuschüsse und Steuervergünstigungen“. Weiter sagte der SPD-Politiker, mancher Sozialtransfer könne effizienter organisiert werden. „Die Mütterrente, die sogenannte Herdprämie, und die abschlagsfreie Rente mit 63 sind parteiinternen Befriedungsaktionen in der CDU/CSU und SPD geschuldet. Der Sozialstaat, zweifellos ein Kulturgut, wird nicht zurückgefahren, wenn er sich effizienter auf die Bedürftigen konzentriert.“ Zu seiner eigenen Rolle als Finanzminister, der zeitweise die Bahn teil-privatisieren wollte, sagte Steinbrück: „Vor dieser geplanten Teil-Privatisierung wurde bei der Bahn gespart, nicht investiert. Das war ein Fehler.“ Heute seien die Pro-Kopf-Investitionen in die Bahn zu niedrig. „Der Zustand ist skandalös. Als Vielfahrer weiß ich, wovon ich rede“, sagte Steinbrück. „Acht von zehn meiner Bahnfahrten sind von erheblichen Verspätungen, verpassten Anschlüssen und ausgefallenen Zügen gekennzeichnet.“

Steinbrück hält 32-Stunden-Woche für „absurd“

Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) spricht sich für längere Arbeitszeiten und eine Reform des Sozialstaates in Deutschland aus. „Angesichts unserer Demografie und des Fachkräftemangels sowie insbesondere hinsichtlich der Finanzierung unserer Sozialversicherungssysteme müssen wir gesamtwirtschaftlich mehr arbeiten“, sagte Steinbrück dem „Tagesspiegel“. „Das sagen die Politiker bloß nicht, weil sie den Konflikt scheuen.“ Alle Beschäftigten in Deutschland arbeiteten im Jahresschnitt 1.350 Stunden, Vollzeitbeschäftigte 1.600 Stunden. Das sei so gering wie in fast keinem anderen Land. „Wir müssen zweifellos mehr arbeiten.“ Steinbrück sagte voraus, dass die Verteilungsprobleme zunehmen dürften: „Die demokratischen Parteien sollten klarer ansagen, dass wir ohne stärkere Anpassungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft einen Champion League-Platz nicht werden halten können.“ Das Prinzip „Fördern und Fordern“ der Agenda 2010 sei daher „heute aktueller denn 2003“. Die Politik müsse diejenigen fördern, die unverschuldet Not litten, über schlechte Startchancen verfügten oder im Wandel besonderen Belastungen ausgesetzt seien, sagte Steinbrück: „Aber die Politik darf die Bürger auch zu Eigenverantwortung und Eigeninitiative auffordern. Sie ist nicht dazu da, allen Bürgern alle Widrigkeiten zu kompensieren. Ihr fehlt die Courage, darauf hinzuweisen, dass wir unseren Wohlstand mit Verteilungsspielräumen nicht anstrengungslos aufrechterhalten können.“ Debatten wie etwa über die Vier-Tage-Woche „mag verstehen, wer will“, sagte Steinbrück der Zeitung: „Bei dem horrenden und steigenden Fachkräftemangel muss der Akzent doch auf der Aktivierung von Arbeit liegen. Eine 32-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich, und das in der Stahlindustrie? Absurd.“ Neuen Arbeitszeitmodellen stehe dagegen „nichts im Wege“. +++

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