Beim Bahnausbau droht offenbar weiterer Kahlschlag

Bundesrechnungshof kritisiert Wissings Umgang mit der Bahn scharf

Die angespannte Finanzlage des Bundes wird mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass sich der Bund von seinen Zielen zum Ausbau des Schienennetzes verabschieden muss. Ein Schreiben des Verkehrsministeriums, über das der „Spiegel“ berichtet, zeigt, für welche dringenden Projekte künftig das Geld fehlen könnte. Betroffen sind unter anderem die Anbindung des Fehmarnbelt-Tunnels zwischen Deutschland und Dänemark, der Neubau von Strecken der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel mit einem Tunnel in Offenburg, der lang geplante Ausbau einer Hauptachse im Ruhrgebiet für den Rhein-Ruhr-Express in Duisburg sowie eine Güterzugstrecke von Uelzen nach Halle.

Ebenfalls stehen die Anbindung der Gäubahn in Baden-Württemberg über den neu zu bauenden Pfaffensteigtunnel an den neuen Stuttgarter Tiefbahnhof unter Vorbehalt, genauso wie der Ausbau einer Bahnstrecke von München über Mühldorf an die österreichische Grenze und die Elektrifizierung der Strecke von Weimar nach Gößnitz über Gera. Zwar sei für diese Projekte eine sogenannte Baufinanzierungsvereinbarung geplant, heißt es in dem internen Papier des Verkehrsministeriums. Es könnte also grundsätzlich gebaut werden. Eine „abschließende Entscheidung hierüber“ sei aber erst dann möglich, wenn die Haushalte für 2025 sowie 2026 aufgestellt sind. Angesichts der aktuellen Haushaltslage und der Sparvorgaben des Finanzministeriums ist eine Finanzierung dem „Spiegel“ zufolge kaum realistisch. Bereits im Februar hatte das Magazin unter Berufung auf einen internen Bahn-Vermerk über den möglichen großen Kahlschlag bei lange geplanten Projekten berichtet.

Bundesrechnungshof kritisiert Wissings Umgang mit der Bahn scharf

Der Bundesrechnungshof hat Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) harsch für seinen Umgang mit der Deutschen Bahn kritisiert. In einem streng vertraulichen, 29 Seiten starken Bericht an die Parlamentarier des Bundesfinanzierungsgremiums, über den der „Spiegel“ berichtet, beschreiben die Prüfer des Bundes die Probleme und Unzulänglichkeiten des Ministeriums in seinem Umgang mit der Bahn. Die Darstellungen des Ministers seien „in Teilen unvollständig und vermitteln so kein zutreffendes Bild über die schwierige wirtschaftliche und betriebliche Situation der DB AG“, heißt es in dem Bericht. Die Reformbemühungen der Ampel zur Restrukturierung des Konzerns halten die Prüfer für unzureichend. Es handle sich nur um den „Anschein einer Reform“. Wissings Agieren bei der Bahn reiche nicht aus, „um die Eigentümerrolle des Bundes bei der DB AG stärken und die Interessen des Bundes besser vertreten zu können“, heißt es weiter in dem vertraulichen Papier. Der Bund habe kaum Einfluss auf das Management der von Steuergeld bezahlten Bahninfrastruktur und zu wenige Stimmen im Aufsichtsrat der neuen Infrastrukturgesellschaft InfraGO. Dieses Unternehmen unter dem Dach der Deutschen Bahn AG soll sich nach den Vorgaben des Koalitionsvertrags der Bundesregierung um Bau, Betrieb und Unterhalt der Bahninfrastruktur kümmern. Zur dringend nötigen Modernisierung des Konzerns, so sehen es zumindest die Experten vom Bundesrechnungshof, trage dieser Schritt allerdings nichts bei. Er verfestige nach Ansicht der Prüfer nur einen „zentralen Mangel in der bisherigen Konzernstruktur“. Die Probleme blieben bestehen, heißt es in dem Bericht, „solange die Infrastruktursparte Teil des DB-AG-Konzerns ist“.

Wissing wollte nicht in Werbefilm der Bahn auftauchen

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat sich offenbar daran gestört, dass die Deutsche Bahn ihn in einem Werbefilm gezeigt hat. Das berichtet der „Spiegel“ weiter unter Berufung auf Konzernkreise. Demnach wollte Wissing entgegen einer früheren Absprache nicht in einer Dokumentation zur bevorstehenden Generalsanierung der Riedbahn auftauchen. Sein Stab habe persönlich darum gebeten, den Film über die stark befahrene Bahnstrecke zwischen Frankfurt am Main und Mannheim zu löschen. Die laut „Spiegel“ mit einer Million Euro budgetierte Produktion ist bis vor Kurzem auf YouTube sowie dem Internetauftritt der Deutschen Bahn abrufbar gewesen. Eine kurze Aufnahme darin zeigt den Verkehrsminister gemeinsam mit Deutsche-Bahn-Chef Richard Lutz. Das Bundesverkehrsministerium widerspricht dieser Darstellung auf „Spiegel“-Anfrage. Sie entspreche „nicht den Tatsachen“. Beim fraglichen Film handle es sich lediglich um eine Pilotfolge, die derzeit „aktualisiert“ werde. Dafür sollte der Minister der Bahn ein Interview geben, man befinde sich dazu „derzeit in Abstimmung“, heißt es in einer Antwort an das Magazin. Die unerwartete Kehrtwende des Verkehrsministers irritiert dem Bericht zufolge das Management des Konzerns. Noch im Sommer 2022 hatte sich der FDP-Minister hinter die Bahn und ihre umstrittenen Sanierungspläne gestellt. +++

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