RKI meldet 20472 Corona-Neuinfektionen – Inzidenz steigt auf 124,9

Intensivmediziner verlangen sofortigen Stopp der Modell-Lockerungen

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat am frühen Samstagmorgen vorläufig 20.472 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Das waren 28 Prozent oder 4.439 Fälle mehr als am Samstagmorgen vor einer Woche. Die Inzidenz stieg laut RKI-Angaben von gestern 119,1 auf heute 124,9 neue Fälle je 100.000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage. Es gilt auch weiterhin die Vereinbarung von Bund und Ländern, dass bestimmte Lockdown-Lockerungen zurückgenommen werden, wenn regional eine Inzidenz von 100 überschritten ist.

Der bundesweite Inzidenzwert hat daher nur einen Orientierungswert. Insgesamt geht das Institut laut der vorläufigen Zahlen derzeit von rund 201.900 aktiven Corona-Fällen mit Nachweis aus, das sind etwa 40.400 mehr als vor einer Woche. Außerdem meldete das RKI nun 157 Tote binnen 24 Stunden in Zusammenhang mit dem Virus. Innerhalb der letzten sieben Tage waren es 1.215 Todesfälle, entsprechend durchschnittlich 174 Todesfällen pro Tag (Vortag: 181). Damit er höhte sich die Zahl der Todesfälle binnen 24 Stunden auf 75.780. Insgesamt wurden bislang 2,76 Millionen Menschen in Deutschland positiv auf das Coronavirus getestet. Da es sich für den heutigen Tag um vorläufige Zahlen handelt, könnten diese später noch vom RKI korrigiert werden.

Intensivmediziner verlangen sofortigen Stopp der Modell-Lockerungen

Die deutschen Intensivmediziner fordern angesichts steigender Infektionszahlen einen sofortigen Stopp geplanter Lockdown-Lockerungen nach Ostern, wie sie etwa das Saarland in Aussicht gestellt hatte. „Die Beschlüsse für Modellprojekte nach Ostern sind völlig unpassend und müssen von Bund und Ländern sofort zurückgenommen werden“, sagte der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, der „Rheinischen Post“. Es brauche eine Mischung aus hartem Lockdown, vielen Impfungen und Tests. „Nur so lässt sich ein Überlaufen der Intensivstationen noch verhindern“, sagte der Mediziner, der auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) ist. „Wir stehen erst am Anfang eines massiven Anstiegs von Intensivpatienten. Wenn jetzt keine Maßnahmen für einen bundesweiten harten Lockdown von zwei Wochen ergriffen werden, müssen wir bald wieder mit einer historischen Spitzenbelastung der Intensivstationen mit Covid-19 rechnen“, sagte Karagiannidis. Er fügte hinzu: „Ich bitte die Politik, das Krankenhauspersonal nicht im Stich zu lassen.“

Zukunftsforscher: Zustand vor Corona nicht erstrebenswert

Zukunftsforscher Matthias Horx sieht es nicht als erstrebenswert an, den Zustand vor Corona exakt wieder herzustellen. „Corona hat uns drastisch darauf hingewiesen, dass wir uns längst in einer Wohlstandskrise befanden. Wir lebten im alten Normal in einem Übernormal, das sich Stück für Stück in einen Mangel verwandelte“, schreibt er in einem Gastbeitrag für das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Er nennt unter anderem ein Zuviel an Tourismus, Fleischkonsum und Vergnügung als Beispiele für jene Wohlstandskrise. „Corona enthüllte die Abwesenheit einer plausiblen Zukunft. Auf drastische Weise hat das Coronavirus unsere Sättigungskrise in eine Sehnsuchtskrise verwandelt. Heute sehnen wir uns nach allem, was wir früher im Überfluss hatten – Party, Urlaub, Lärm, Genuss, Sinnlichkeit, Verfügbarkeit. Sogar Stress“, schreibt Horx weiter. „Aber gleichzeitig zwingt uns die Sehnsucht dazu, unsere eigenen Wünsche aus neuer Perspektive zu betrachte n.“ Die „Sieger“ in der Krisenbekämpfung sieht Horx in Ländern wie Neuseeland, Bhutan und Costa Rica. Es seinen „kleine Länder mit starker Bürgerkultur, die von Frauen geführt wurden, die auf männlichen Heroismus verzichteten. Oder von Männern, die pragmatische Fürsorge verkörperten wie Rebelo de Sousa in Portugal“, schreibt der zukunftsforscher. „Gegenbeispiele sind Tschechien und Brasilien, die zeigen, was passiert, wenn die Gesellschaft in männliche Deutungs- und Vertrauenskämpfe verstrickt ist.“ +++