Projekt „Gewaltfreie Pflege“ im Landkreis Fulda geht in Umsetzungsphase

Fulda. Im Landkreis Fulda erhalten derzeit fast zehntausend Menschen über 65 Jahren Leistungen von den Pflegekassen, weil sie in irgendeiner Form der Pflege oder Unterstützung bedürfen. Über die Hälfte wird von Angehörigen gepflegt, ungefähr ein Drittel in einer stationären Einrichtung. Jeder sechste Pflegebedürftige erhält Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst.

Pflegebedürftigkeit geht mit einem Verlust an Eigenständigkeit und Selbstbestimmung einher – für den Gepflegten, oft aber auch für den Pflegenden. Pflegebedürftigkeit führt immer zu Abhängigkeiten und begründet ein Verhältnis, in dem die entstehenden Abhängigkeiten gut ausbalanciert werden müssen. In den allermeisten Fällen gelingt diese Pflegebeziehung. Es gibt jedoch auch Gewalt gegenüber älteren pflegebedürftigen Menschen, die eher im Verborgenen stattfindet und von körperlicher und emotionaler Misshandlung bis zur finanziellen Ausbeutung reichen kann. Auch Vernachlässigung ist eine Form von Gewalt, wenn zum Beispiel ein älterer Mensch nicht ausreichend mit Nahrungsmitteln, Flüssigkeit oder Medikamenten versorgt wird. Häufig steckt hinter dem problematischen Verhalten keine böse Absicht, sondern Überforderung und eine starke persönliche Belastung. Aber auch Pflegebedürftige sind nicht immer nur gute Menschen. Manche Angehörige und Pflegekräfte müssen sich einiges gefallen lassen.

Der Landkreis Fulda möchte sich verstärkt darum bemühen, ältere pflegebedürftige Menschen besser vor Gewalt zu schützen. Er wird dabei vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen sowie der Universität Köln unterstützt. Das Projekt „Gewaltfreie Pflege“ hat zum Ziel, in vier Modellkommunen die Voraussetzungen zu schaffen, dass Gewalt gegenüber älteren und pflegebedürftigen Menschen wirksam begegnet werden kann. Bei den Kommunen handelt es sich neben Fulda als einzigen Landkreis um die Städte Dortmund, Potsdam und Stuttgart. In ihnen sollen zur Prävention von Fällen vermuteter oder erfolgter Gewalt Handlungspläne erarbeitet werden. Hierzu hat sich in der Region eine Arbeitsgruppe „Gewaltfrei Fulda“ gebildet, in der unter anderem der Landkreis, Einrichtungen der ambulanten und stationären Pflege, die Heim- und Pflegeaufsicht sowie das Polizeipräsidium Osthessen vertreten sind.

Im Landkreis Fulda steht die Schutzambulanz im Zentrum Vital zur Verfügung, wo Gewaltopfer Hilfe und Unterstützung – bis hin zur gerichtsfesten Dokumentation von Verletzungen – finden können. Die Mitarbeiterinnen haben auch ein offenes Ohr, wenn es um Gewalt in der Pflege geht. Pflegebedürftige ältere Menschen, Angehörige und professionelle Pflegekräfte können sich unter der Telefonnummer (0661) 6006-1200 an die Schutzambulanz als Anlaufstelle wenden, um von dort aus gegebenenfalls zu anderen Anbietern weitervermittelt zu werden. Alle Anliegen werden auf Wunsch anonym behandelt. Auch wird es anlässlich der diesjährigen Frauenwoche am Donnerstag, 25. Juni, um 10.00 Uhr im Kreishaus eine Informationsveranstaltung zum Thema „Gewalt in der Pflege“ geben. Zudem sollen verstärkt Fortbildungen für Pflegekräfte durchgeführt werden, um auf diese Weise zu gewährleisten, dass alle Dienste und Organisationen, die mit Pflegebedürftigen zu tun haben, noch besser wissen, was in Fällen von Gewalt in der Pflege zu tun ist. +++ fuldainfo | was