Polizei verteidigt Vorgehen bei Corona-Demo in Berlin

Grünen-Spitze bezeichnet Corona-Demo als "absolut gemeingefährlich"

Vertreter von Polizeigewerkschaften haben das Vorgehen der Einsatzkräfte auf der Demonstration von Pandemie-Skeptikern am Samstag in Berlin verteidigt. „Die Linie, die die Berliner Polizei am Wochenende gefahren ist, war rechtlich sauber“, sagte der Vorsitzende des Berliner Landesverbandes der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bodo Pfalzgraf, der „Welt“. Man müsse dem Veranstalter die Möglichkeit geben, die Auflagen der Polizei durchsetzen zu können, sagte Pfalzgraf. „Sonst hätten wir dagestanden als diejenigen, die viel zu früh das Versammlungsrecht von Zehntausenden eingeschränkt haben“.

Zugleich beklagte Pfalzgraf, dass die Einsatzkräfte „nicht mit einer klaren politischen Rückendeckung da rausgehen und ihre Arbeit machen können“. Das sei der politischen Situation in Berlin geschuldet. Es mache in der Hauptstadt offenbar einen großen Unterschied, aus welchem Grund demonstriert werde. „Manche Zwecke scheinen gut zu sein, da darf man ohne Mundschutz demonstrieren, und da sagt auch keiner was, und andere Zwecke scheinen schlecht zu sein. Da gibt es auch eine gewisse Doppelmoral. Die Polizei muss neutral sein – die Politik ist es nicht.“ Thilo Cablitz, Sprecher der Berliner Polizei, widersprach Vorwürfen, es werde mit zweierlei Maß gemessen. Auch am Wochenende habe es wieder geheißen, bei den „Black Lives Matter“-Demos habe man nicht so durchgegriffen. „Das stimmt aber nicht. Auch da haben wir das Gespräch mit dem Veranstalter geführt, und die Veranstaltung wurde für beendet erklärt.“ Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, äußerte die Hoffnung, „dass die Genehmigungsbehörden künftig noch sensibler auf die Anmeldungen von Demonstrationen und Kundgebungen schauen“. Demos wie die vom Wochenende in Berlin hätten „wenig mit politischer Meinungsfreiheit zu tun, sondern mit Konfrontation“.

Die Teilnehmer gefährdeten sich und andere „absichtlich mit ihren Verstößen gegen die Corona-Schutzregeln“. Nach Radeks Sicht hat die Berliner Polizei angemessen gehandelt. „Werden Auflagen nicht eingehalten, dann wird die Polizei die Veranstaltung konsequenterweise auflösen. Sie muss dabei deeskalierend vorgehen, damit sich die Situation nicht verschärft. Es geht darum, dass keine Menschen zu Schaden kommen.“ Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres bezeichnete das Vorgehen der Polizei als „professionell und angemessen“. „Per se im Vorfeld Demonstrationen zu verbieten, ist nicht möglich, wenn es keine Hinweise auf strafbare Aktionen gibt, die von der Versammlung ausgehen könnten“, sagte Sprecher Martin Pallgen. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, betonte: Das Demonstrationsrecht sei unabhängig von den Inhalten ein schützenswertes Gut. Es sei aber ein Problem, wenn eine zusätzliche Gefährdung der Bevölkerung entstehe. „Wie man mit dieser spezifischen Problematik auch mit Blick auf weitere Demonstrationen, die ja zentral imme r wieder in Berlin stattfinden werden, umgehen möchte erschließt sich mir zurzeit noch nicht.“

GdP für strengere Versammlungsauflagen bei Corona-Demos

Jörg Radek, Vize-Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), fordert strengere Versammlungsauflagen bei Corona-Demonstrationen wie am Wochenende in Berlin. „Die Versammlungsbehörden müssen transparente Auflagen machen, die einer gerichtlichen Überprüfung standhalten und der Polizei die Chance geben, sie durchzusetzen“, sagte Radek dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Sie sollten sich dabei stärker bewusst sein, dass viele Gruppen bei diesen „Hygienedemos“ die Konfrontation mit dem Staat suchen, der ihnen diese Meinungsfreiheit ermöglicht.“ Es gehe nicht um ein konkretes politisches Anliegen. Radek nahm die Berliner Polizei gegen Kritik der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken in Schutz. Er sagte dem RND: „Eine Politikerin ohne Einsatzerfahrung sollte sich bei der Bewertung der Polizeitaktik besser zurückhalten.“ Esken hatte kritisiert, dass die Demonstration am Samstag in Berlin nicht früher aufgelöst wurde. Weitere Demonstratione n dieser Art könnten wahrscheinlich gerichtsfest verboten werden. „Wenn davon ausgegangen werden muss, dass der Veranstalter die Auflagen nicht einhalten will, kann die Veranstaltung nicht durchgeführt werden“, sagte Wilhelm Achelpöhler, Fachanwalt für Versammlungsrecht in Münster und Mitglied im Ausschuss Gefahrenabwehr des Deutschen Anwaltvereins, dem RND. „Diesen Nachweis kann man bei den Berliner Veranstaltern nun führen.“ Von einer generellen Verschärfung des Versammlungsrechts oder einer erneuten Beschränkung der Teilnehmerzahl hält Achelpöhler hingegen nichts.

Grünen-Spitze bezeichnet Corona-Demo als „absolut gemeingefährlich“

Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner nennt das Verhalten der Demonstranten bei der Berliner Corona-Kundgebung am Samstag „absolut gemeingefährlich“. Dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ sagte Kellner: „Wer die Hygieneregeln nicht beachtet, bringt sich und andere in Gefahr. Versammlungsbehörden müssen in der aktuellen Situation mit Blick auf das Virus Verbote und Auflagen entsprechend anpassen und entschlossen vorgehen, wenn sie gebrochen werden.“ Weiter forderte Kellner: „Eine kleine radikale Minderheit darf jedoch die Diskussion über die Pandemie nicht bestimmen. Dem müssen wir entgegentreten: mit Zusammenhalt, mit Menschlichkeit, mit Verstand.“ Auf der Demo am Samstag trug fast niemand einen Mund-Nasen-Schutz, in einem Fall wurde eine entsprechende Aufforderungen der Veranstalter nur heruntergenuschelt und dann von den Teilnehmern lediglich mit Gelächter bedacht. +++