Ordensgemeinschaft des heiligen Vinzenz von Paul Fulda gründet erstmalig in Deutschland päpstliche Stiftung öffentlichen Rechts

„Meilenstein in der Geschichte der Kongregation“

Nachdem die Vinzenz-von-Paul-Stiftung Fulda am 25. Januar diesen Jahres durch den Heiligen Stuhl als selbstständige kirchliche Stiftung der katholischen Kirche (Stiftung päpstlichen Rechts) und mit der Ausstellung der Stiftungsurkunde des Landes Hessen am 09. April 2018 als eine rechtsfähige kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts im Sinne des Stiftungsgesetzes für das Land Hessen (Hessisches Stiftungsgesetz) als solche anerkannt- sowie am 04. Juni 2018 ihre Veröffentlichung im Hessischen Staatsanzeiger erfolgt worden war, erfolgte etwas über drei Monate später, am gestrigen Freitag, den 14. September 2018, im Haus der barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul in Fulda ihre Gründungsfeier.

Zahlreiche Vertreter aus Kirche, Landes-, Kreis- und Kommunalpolitik, dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, Gesundheit, wie sozialen Organisationen sowie leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hauseigener Einrichtungen sowie Mitschwestern, die die vergangenen Jahre im Generalkapitel die maßgebende Entscheidung zur Stiftungsgründung getroffen haben – darunter der Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, Dr. Wolfgang Dippel (CDU), Landrat des Landkreises Fulda a. D., Fritz Kramer, Oberbürgermeister der Stadt Fulda a. D., Gerhard Möller, sowie der Bürgermeister der Gemeinde Hosenfeld, Peter Malolepszy (CDU) -, wohnten der Veranstaltung bei. Eröffnet wurde die Feier zur Gründung der Vinzenz-von-Paul-Stiftung Fulda mit einer gemeinsamen Eucharistiefeier der geladenen Gäste, die der Diözesanadministrator Weihbischof, Prof. Dr. theol. Karlheinz Diez, in der hauseigenen Kapelle zelebrierte.

Schwester Birgit Bohn: „Wir können uns glücklich schätzen, dass wir auf diesem – nicht immer einfachen Weg – eine große Unterstützung auf vielfältige Weise erfahren durften. Dafür sind wir sehr, sehr dankbar.“

Im darauffolgenden Festakt im Exerzitiensaal hieß Generaloberin Schwester Birgit Bohn die Festgäste willkommen. In ihrer Grußwortansprache erinnerte sie an die, zur damaligen Zeit revolutionären Gedanken des heiligen Vinzenz von Paul (1581 bis 1661), diese er vor über 400 Jahren den ersten Schwestern in Paris mit auf den Weg gegeben hatte: […] „Eure Kapelle ist die Pfarrkirche, euer Kloster sind die Häuser der Armen und Kranken, die Straßen der Stadt, der Kreuzgang, eure Zelle, ein gemietetes Zimmer und eure Klausur, der Gehorsam.“. „Ein gottgeweihtes Leben von Frauen außerhalb beschützender Klostermauern mitten unter den Menschen – aber so war der heilige Vinzenz. Er ging zu den Menschen, sah die Not und half – damals, wo niemand half – körperlich und seelisch – getreu dem Evangelium. […] Ja, er sah in jedem Menschen in ihm, die von Gott geschenkte Würde – unabhängig von sozialer Stellung, Religion und Hautfarbe. Not sehen und handeln, Hilfe schaffen für die Ärmsten in der Gesellschaft, ein Zeugnis des Glaubens geben – das hat Vinzenz von Paul ausgemacht.“, erinnerte Generaloberin Schwester Birgit Bohn an das verinnerliche Selbstverständnis des heiligen Vinzenz von Paul.

In ihren weiteren, geschichtlichen Ausführungen ging die Generaloberin auf den Entstehungskontext der von Paris ausgehenden, weltweiten Gemeinschaften von Frauen und Männern ein, die im Geiste des heiligen Vinzenz von Paul für die Menschen gewirkt und gelebt haben. „Eine bewegende und spannende Geschichte.“, fand die Generaloberin. Sie sei einerseits Zeugnis des Glaubens und Vertrauens, andererseits mache sie deutlich, aus welcher Kraft die Vinzentinerinnen ihr Wirken um ihre Einrichtung gegründet- und hierfür über viele Jahrzehnte Sorge getragen haben. Im Wandel der Zeiten, so Schwester Birgit Bohn weiter, sei für nur wenige junge Frauen die Berufung zu einer Lebensform in der Nachfolge Jesu nach dem Leben des Evangeliums eine Lebenswirklichkeit. Daraus resultierend sei, dass die Mitgliederzahl auch in der Gemeinde der Vinzentinerinnen abnehme. „Aber jede Veränderung birgt immer auch die Chance, sich neu auszurichten.“, so Generaloberin Schwester Birgit Bohn am 14. September 2018 in Fulda.

Was würde Vinzenz heute tun? Diese Fragen haben sich die Vinzentinerinnen bereits vor vielen Jahren gestellt. Eine Antwort auf diese Frage gibt die neu gegründete Vinzenz-von-Paul-Stiftung Fulda. Generaloberin Schwester Birgit Bohn: „Auf einem langen Weg der Suche nach einer Möglichkeit, unsere Einrichtung im Geiste der Ordensheiligen sicher in die Zukunft zu führen, bekam diese Sorge mit der Gründung der Vinzenz-von-Paul-Stiftung Fulda eine Antwort.“ Abschließend bekundete Generaloberin Schwester Birgit Bohn stellvertretend für ihre Gemeinschaft ihre persönliche Freude und Dankbarkeit darüber, den Prozess mit seinen neuen Strukturen mit auf den Weg gebracht haben zu können.

Prof. Dr. Rüdiger Althaus: „Der Einfluss der Kirche bleibt bestehen!“

In seinem Festvortrag „Die Vinzenz-von-Paul-Stiftung Fulda – nicht nur kirchenrechtliche Anmerkungen“ warf Prof. Dr. Rüdiger Althaus von der Theologischen Fakultät Paderborn einen kritischen Blick auf die Vinzenz-von-Paul-Stiftung Fulda vor dem Hintergrund ihres Wesens als selbstständige kirchliche Stiftung der katholischen Kirche als also eine Stiftung päpstlichen Rechts sowohl aber auch als eine rechtsfähige kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts im Sinne des Stiftungsgesetzes für das Land Hessen. Hier beleuchtete der Theologe unterschiedliche Fragen, die mit einer Stiftungsgründung einhergehen können. „Wer trägt den Geist des heiligen Vinzenz und der heiligen Luise weiter?“. Bei einer Stiftung, so Prof. Althaus, gehe es um die Fortführung des bisherigen Werkes über das wirtschaftliche und administrative Feld hinaus. Die Satzung einer Stiftung, so Prof. Althaus weiter, schreibe den Geist der Einrichtung und dessen Umsetzung auf Dauer fest. Die Satzung mit dem festgeschriebenen Stiftungszweck sei gleichsam das Grundgesetz. Daher sei es wichtig, diesen Zweck klar und deutlich zu formulieren, was man wie konkret erreichen will. Auch wenn die Stiftung derzeit noch in Verantwortlichkeit der Vinzentinerinnen stehe – später aber Schritt für Schritt „auf eigenen Füßen stehen“ soll –  werde, so der Theologe weiter, ihr Vorstand dabei den Geist des heiligen Vinzenz und der heiligen Luise zum Leitmotiv haben. In diesem Zusammenhang sprach er vom „Stammkapital des Ideellen“. Vor diesem Hintergrund müsse man aber auch im Blick behalten, dass und wie sich die gesellschaftlichen Verhältnisse verändern, um damit den Wandel in der Not der Menschen als neue Herausforderung zu erkennen.

Zu der Zukunftsfrage: „Wie soll es weitergehen?“ kommen mit ihr und der Errichtung einer solchen Stiftung auch ökonomische Aspekte hinzu. Einrichtungen beispielsweise im Gesundheitswesen oder Pflegebereich seien wegen der staatlichen Gesundheitspolitik und Finanzierung höchst risikoreiche Unternehmen. So könne eine solche Einrichtung schnell tiefrote Zahlen schreiben. Ferner erinnerte der Festredner an den langen Weg, den die Vinzentinerinnen bis zur Errichtung der Stiftung zurücklegen mussten. „Manche Rückschläge und Enttäuschungen hatte es da gegeben.“ Als die Vinzentinerinnen vor rund vier Jahren zu einer weltlichen Behörde gegangen waren, um die Stiftung zu errichten, bedeutete das nach Althaus nicht etwa, dass die Stiftung nun mit der Kirche nichts mehr zu tun haben wollte („Man war ja schließlich auch beim Bischof von Fulda gewesen“). Der Weg zur weltlichen Behörde war nach Althaus aus zwei Gründen notwendig gewesen. Zum einen gelte es, die Existenz der Stiftung auch nach weltlichem Recht abzusichern. „Denn die Geltung kirchlicher Gesetze war sehr schnell in Zweifel gezogen.“ Zum anderen müsse eine Stiftung – wie jede andere Einrichtung, Vereinigung oder Unternehmung – auch im weltlichen Rechtsbereich existieren, damit sie rechtswirksam handeln könne. All dies bedeute nach Althaus nicht, dass damit die kirchlichen Dimensionen verleugnet würden. Vielmehr sehe das weltliche Recht in Deutschland ausdrücklich vor, dass eine Stiftung auch einen kirchlichen Zweck verfolgen könne. Also auch den der christlichen Rechtsbewegung. Der Einfluss der Kirche aber bleibe.

Staatssekretär Dr. Dippel: „Der Weg zur Stiftung ist der richtige Weg!“

„Der Weg zur Stiftung ist der richtige Weg.“, so der Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration und Bürgermeister der Stadt Fulda a. D., Dr. Wolfgang Dippel, am Freitag anlässlich der Gründungsfeier der Vinzenz-von-Paul-Stiftung Fulda in Fulda. Daneben bekundete der Staatssekretär, der nach eigenen Bekundungen viel Positives aus dem Mutterhaus mitgenommen habe, seine persönliche Freude über das Gelingen der Stiftungsgründung. So sei die Stiftung etwas Besonderes, das Kraft und Zuversicht gebe. „Liebe sei Tat.“, der Leitsatz der barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul, sei, so der Sozialminister, gerade in der heutigen Zeit beispielgebend, dem es unbedingt gelte, zu folgen. Gerade in der heutigen Gesellschaft sei es einmal mehr wichtig, zu zeigen, dass Christen und die Demokratie zusammenstehen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“, diesen Satz sollte man sich in der Aktualität der denkwürdigen politischen, wie gesellschaftspolitischen Ereignisse zunehmend verinnerlichen.

„Ein historischer Tag, wenn auch ein denkwürdiger Tag, der aber auch Kraft und Zuversicht geben kann.“, sagte am Freitag der Oberbürgermeister der Stadt Fulda, Dr. Heiko Wingenfeld (CDU), anlässlich der Gründungsfeier der Vinzenz-von-Paul-Stiftung Fulda in Fulda. Weiter erinnerte der Fuldaer Oberbürgermeister an die anfänglichen Schwierigkeiten der Stiftungsgründung, die sich dann aber positiv und bereichernd entwickelten. Daneben erinnerte Wingenfeld an die segensreiche Prägung der Vinzentinerinnen in der Region Fulda in den vergangenen Jahren. So dürfe man heute, so der OB, dankbar zurückblicken auf das, was in den vergangenen Jahrzehnten geleistet worden ist.

Weitere Grußworte sprachen Diözesanadministrator Weihbischof Prof. Dr. theol. Karlheinz Diez, Dr. Rüdiger Fuchs (Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) sowie die Erste Kreisbeigeordnete des Landkreises Fulda, Frederik Schmitt (CDU). Musikalisch umrahmt wurde die Gründungsfeier der Vinzenz-von-Paul-Stiftung Fulda von dem Projektchor „St. Vinzenz“ sowie instrumentale Darbietungen von Michael Junk (Klavier) und Schwester Dominika Krönung (Panflöte).

Hintergrund

Aufgrund aktueller Herausforderungen, Entwicklungen und Tendenzen in der Gesellschaft, beschäftigte sich die Ordensgemeinschaft seit Jahren mit den Fragen „Was will Gott heute von uns?“, „Was würde Vinzenz von Paul heute unter den gegenwärtigen Bedingungen tun?“.  „Wir erkannten, dass wir uns den heutigen Veränderungen stellen müssen, um unsere Einrichtung sicher in die Zukunft zu führen.“, so Generaloberin Schwester Birgit Bohn. „In unserer Gemeinschaft ist es dann auch möglich, Ressourcen zu entdecken, um den vinzentinischen Auftrag im Hier und Heute neu erlebbar zu machen. Deshalb begann die Suche nach einer Rechtsform, in der unsere, vom vinzentinischen Charisma geprägten Einrichtungen sich sicher weiterentwickeln und wachsen können. Der geeignete Weg dafür schien uns eine kirchliche Stiftung zu sein, die öffentlich-rechtlich anerkannt ist.“

Warum eine Stiftung?

Eine Stiftung verfügt über eine wirtschaftliche Unabhängigkeit, die es verbietet, dass einmal ins Stammkapital eingebrachte Vermögenswerte wieder entnommen werden, sie bietet aber auch über einen, mit dem Orden verbundenen Stiftungsrat auch die Gewähr, dass der christliche Leitgedanke weiterhin den roten Faden in allen Unternehmungen bildet. Sie fungiert als eigener Rechtsträger, die Kontrolle erfolgt durch Aufsichtsbehörden. Die Stiftungsaufsicht wacht über Einhaltung des Stiftungszwecks sowie ordnungsgemäßen Umgang mit Stiftungsvermögen. Die Entscheidung hierüber wurde 2008 im Generalkapitel (rechtmäßig gewählte oberste außerordentliche Autorität in der Kongregation) getroffen.

Ein Novum für eine Ordensgemeinschaft in Deutschland ist die Gründung einer päpstlichen Stiftung öffentlichen Rechts. Sie war unter anderem möglich, weil die Ordensgemeinschaft in ihrem körperlichen Rechtscharakter direkt dem Papst zugeordnet ist (Kongregation päpstlichen Rechts). Die Stiftung unterliegt demnach der Aufsicht des Heiligen Stuhls in Rom ebenso wie der Aufsicht des Landes Hessen, vertreten durch seine Ministerien und das Regierungspräsidium (RP) Kassel.

„Uns Vinzentinerinnen war und ist es wichtig, diesen Prozess aktiv mitzugestalten sowie zu begleiten. Nach der Stiftungsverfassung sind Schwestern sowohl im Stiftungsrat als auch zusammen mit ausgewiesenen Fachexperten im Aufsichtsrat, aber wir tragen nicht mehr allein die Unternehmensverantwortung. Wir Schwestern sehen diese Veränderungen als Chance, neue Wege im Sinne des heiligen Vinzenz von Paul und der heiligen Luise von Marillac zu gehen, die uns ein Wegweiser im Sinne der christlichen Barmherzigkeit und Nächstenliebe hinterlassen haben.“ +++ jessica auth