OB Wingenfeld brachte Haushalt 2024 ein

Tourismusabgabe und klares Bekenntnis zum Klinikum

OB Wingenfeld bei seiner Haushaltsrede.

Im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Fulda am gestrigen Freitagabend hat der Kämmerer und Oberbürgermeister der Stadt Fulda, Dr. Heiko Wingenfeld (CDU), den Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 vorlegt. Immer wieder, so der OB, seien in den vergangenen Jahren die Haushaltsberatungen von neuen Herausforderungen, Krisen und Kriegen geprägt gewesen. Fulda sei weiterhin eine wachsende Stadt. „Im August 2022 lebten erstmals mehr als 70.000 Menschen in Fulda. Aktuell sind es bereits 70.857. Davon haben 55.753 einen deutschen und 15.099 einen ausländischen Pass“, so OB Wingenfeld. Menschen aus 143 verschiedenen Nationen bilden die Bürgerschaft Fuldas. „Die Zahl der Bürgerinnen und Bürger mit deutschem Pass ist trotz unseres Gesamtwachstums in den vergangenen fünf Jahren um 2.200 zurückgegangen. Das zeigt die Dynamik, mit welcher sich die Bevölkerung Fuldas verändert.“

„Die Haushalte stehen vor großen Herausforderungen“, so der Oberbürgermeister. Für den Haushalt einer Stadt sei der Anspruch, nachhaltig zu wirken, keineswegs eine Floskel, sondern von zentraler Bedeutung. „Nachhaltig zu handeln, bedeutet, Rücksicht zu nehmen auf die nachfolgenden Generationen. Das gilt in ökologischer Hinsicht. Das gilt ebenso in finanzieller Hinsicht. Ziel verantwortungsvoller Haushaltspolitik muss es sein, dass auch die nachfolgenden Generationen Gestaltungs- und Handlungsspielräume haben. Diese künftigen Gestaltungsmöglichkeiten können nur dann erhalten bleiben, wenn in den öffentlichen Haushalten die jährlichen Ausgaben zumindest nicht dauerhaft höher sind als die Einnahmen.“ Diese vermeintlich einfache Erkenntnis stelle alle, die für öffentliche Haushalte Verantwortung tragen, derzeit vor große Schwierigkeiten, so Wingenfeld. „Die Rahmenbedingung für die Wirtschaft, deren Produktivität die Basis unseres Wohlstands und unseres Sozialstaats ist, sind deutlich schlechter geworden – und eine Trendwende ist keineswegs erkennbar. Die Sorge vor einer Deindustrialisierung ist kein abstraktes Phänomen, welches irgendwo in Deutschland und Europa stattfindet. Wir erleben diese Deindustrialisierung auch ganz konkret bei uns: Goodyear und Teknos sind nur zwei Unternehmen, die exemplarisch für den Strukturwandel bei uns stehen“, so der OB.

Einnahmen einer Tourismus-Abgabe zur Finanzierung von touristisch relevanten Maßnahmen

„Bei den wesentlichen Erträgen ergibt sich nur bei der Einkommenssteuer eine nennenswerte Steigerung um 2,1 Millionen Euro. Demgegenüber steht ein Rückgang bei den sonstigen Erträgen aus Zuweisungen, Zuschüssen und allgemeinen Umlagen von 6,8 Millionen Euro“, sagte Wingenfeld. Mit Blick auf die Erträge stellte Wingenfeld zwei Maßnahmen vor, mit denen man aktiv gegensteuern könne. Dazu gehöre, den Steuersatz der Spielapparatesteuer erneut zu erhöhen. „Wir können damit sicherlich keinen spürbaren Beitrag leisten, um die Probleme, die aus der Spielsucht erwachsen, zu lindern. Wir können aber mit einer Anhebung die Erträge der Stadt um rund 400.000 Euro pro Jahr steigern und sinnvoll für das Gemeinwohl nutzen.“ Der OB weiter: „Die Einführung einer Tourismusabgabe würde bedeuten, dass jeder Hotelgast pro Übernachtung einen Beitrag von 2 Euro leistet. Bei aktuell rund 700.000 Übernachtungen könnte das eine Einnahme von rund 1,4 Millionen Euro im Jahr bedeuten.“ In den vergangenen Jahren sei im Gegensatz zu vielen anderen Städten auf die Einführung einer solchen Abgabe verzichtet worden. „In den vergangenen Monaten konnten wir unter Beweis stellen, dass wir als Stadt mit unseren Kulturveranstaltungen, wie zum Beispiel den Konzerten auf dem Domplatz, dem Musicalsommer, dem Format ‚Kultur.Findet.Stadt‘, der Landesgartenschau und dem Weihnachtsmarkt aktiv einen Beitrag dazu leisten, dass die Hotels von einer mehr als guten Nachfrage profitieren können. Dieses städtische Programm, welches unser Leitmotiv umsetzt, die Fuldaer Innenstadt als ‚Kultur- und Erlebnisraum‘ zu gestalten, ist kein Selbstläufer. Die hohe Zahl und die hohe Qualität dieser Veranstaltungsformate kosten auch Ressourcen. Die Einnahmen aus einer Tourismus-Abgabe können und sollen nicht für den allgemeinen Haushalt, sondern zielgerichtet für die Finanzierung von touristisch relevanten Maßnahmen und Kulturveranstaltungen eingesetzt werden. Wenn wir als Stadt weiterhin das erreichte hohe Niveau an Veranstaltungsprogrammen für unsere Bürgerinnen und Bürger, aber eben auch für unsere Gäste bieten wollen, halte ich die Einführung einer solchen Tourismus-Abgabe für sinnvoll.

Erheblichen Steigerungen auf der Aufwandsseite

Die Personal- und Versorgungsaufwendungen steigen im Jahr 2024 erneut deutlich: um 7,7 Prozent auf insgesamt 89 Millionen Euro. Der Anstieg hat im Kern zwei Gründe: zum einen, die vor einigen Monaten beschlossenen Tariferhöhungen, die im Wesentlichen ab 2024 zum Tragen kommen. Zum anderen 32 neue Stellen, vor allem in den Bereichen Grünflächen, Stadtservice, Personal, IT/Digitalisierung, Bürgerbüro, Brand-/Zivilschutz und Jugendamt. Alle Stellenplananforderungen seien sehr kritisch auf den Prüfstand gestellt worden. „Gleichwohl ist der Zuwachs an Personal erforderlich, um all die uns zugewiesenen Aufgaben adäquat zu bewältigen“, so Wingenfeld. Mehr Kindergärten haben zwangsläufig mehr Stellen für Erzieherinnen und Erzieher zur Folge. „Mehr Grünflächen bedeuten zwangsläufig, dass das Amt für Grünflächen und Stadtservice gestärkt werden muss. Dennoch stellt sich die Frage, wie es gelingen kann, die Zahl der Stellen und damit die Personalaufwendungen im Rahmen zu halten. Mit Blick auf Fulda müssen wir dabei konstatieren, dass wir eine stark wachsende und eben keine schrumpfende Stadt sind. Außerdem werden wir durch die Gesetzgebung auf der Bundes- und Landesebene immer wieder mit wachsenden Aufgaben belastet, die zusätzliches Personal erfordern. Gleichwohl ist es unsere Verpflichtung, immer wieder eine Aufgabenkritik vorzunehmen und die Frage zu stellen, welche Aufgaben für uns als Stadt wirklich verpflichtend sind“, so der Fuldaer Oberbürgermeister.

Um den Aufwand für die Stadt zu reduzieren und dabei zugleich die Qualität des Angebots für die Fuldaer Bürgerinnen und Bürger nicht zu schwächen, sondern sogar zu stärken, unterbreitete der Oberbürgermeister den Vorschlag, dass „einige Aufgaben der Sozialverwaltung auf den Landkreis Fulda übertragen werden“ sollen. Konkret gehe es hierbei um den Bereich des Sozialgesetzbuchs XII, im Allgemeinen als „Sozialhilfe“ bezeichnet und die Verwaltung des Wohngeldes. Hierbei gehe es insgesamt um 30 Beschäftigte. „Schon jetzt arbeiten Kolleginnen und Kollegen von Stadt und Landkreis räumlich unter einem Dach im Behördenhaus am Schlossgarten. Eine Aufgabenwahrnehmung durch den Landkreis könnte in noch besserem Maße einen einheitlichen Qualitätsstandard in Stadt und Landkreis gewährleisten“, meinte der OB. Auch die Potentiale der Digitalisierung könnten gemeinsam noch besser ausgeschöpft werden. „Und nicht zuletzt hat der Landkreis Fulda bessere Chancen als die Sonderstatusstadt Fulda, dass die Personalaufwendungen im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs berücksichtigt werden.“ Andere Sonderstatusstädte wie Gießen seien diesen Weg bereits gegangen. Wingenfeld weiter: „In Anbetracht unserer bewährten und guten Kooperation mit dem Landkreis Fulda halte ich diese Bündelung für die Sozialverwaltung beim Landkreis auch bei uns für einen sinnvollen Weg. Der Vorschlag einer noch engeren Zusammenarbeit mit dem Landkreis Fulda in dem Bereich der Sozialverwaltung ist mit Landrat Waide und dem Ersten Kreisbeigeordneten Schmitt abgestimmt und findet deren Unterstützung.“ Der OB warb bei den Stadtverordneten um ihre Unterstützung.

Aufwendungen erhöhen sich

Die Aufwendungen für Steuern und Umlagen erhöhen sich auch im Jahr 2024 erneut auf rund 40 Millionen Euro. Die größten Einzelpositionen sind dabei die Kreisumlage mit 32 Millionen Euro, die Gewerbesteuerumlage mit 5 Millionen Euro und die sogenannte Heimatumlage mit 3 Millionen Euro. Die Abschreibungen erhöhen sich um 1,3 Millionen Euro auf 23,1 Millionen Euro infolge der Fertigstellung von zahlreichen Baumaßnahmen. „In einer wachsenden Stadt wie Fulda ist das Vereinsleben besonders wichtig. Kultur und Sport führen die Menschen zusammen. Von vielen Vereinen weiß ich, dass es nach der Pandemie noch schwerer geworden ist, Menschen für ein längerfristiges ehrenamtliches Engagement zu gewinnen. Umso wichtiger ist, dass wir als Stadt unsere Vereine verlässlich fördern. Der städtische Haushalt bietet hierfür eine solide und verlässliche Basis. Wir verfolgen auch mit dem Haushalt 2024 das Ziel, dass sich das Vereinsleben in adäquaten Räumlichkeiten entfalten kann. Die von uns für den Zusammenhalt als sinnvoll und notwendig erkannten Bauvorhaben werden weiter geplant und umgesetzt: Beispielhaft stehen hierfür die Bürgerhäuser Bronnzell, Kämmerzell und die Grillenburg in Lehnerz“, so Wingenfeld.

Investitionen, Kredite und Verschuldung

Ein klares Signal für die Notwendigkeit der Konsolidierung ist die Reduzierung der geplanten Investitionen von 129 Millionen Euro im Vorjahr auf 85 Millionen Euro im Haushalt 2024. Die vergangenen Jahre waren durch eine Reihe von dringend notwendigen oder als sinnvoll erachteten Großinvestitionen geprägt, so der OB. Als Beispiele nannte er den Bau der neuen Leitstelle, die Sanierung des Schlosstheaters, die Modernisierung des Stadions, den Kauf des Kerber-Areals und die Maßnahmen im Zuge der Landesgartenschau. Persönlich sei er froh und dankbar, dass man all diese Investitionen getätigt habe, bevor die Baupreise und die Zinsentwicklung eine ungeahnte Dynamik entfaltet haben. Im Finanzhaushalt 2024 sind Kreditaufnahmen für Investitionen in Höhe von insgesamt 31,2 Millionen Euro veranschlagt. Dies erfolgt jedoch vorsorglich, um die jederzeitige Handlungsfähigkeit der Stadt auch in Krisensituationen zu gewährleisten. Nach Möglichkeit soll eine Kreditaufnahme in dieser Höhe vermieden werden. Es ist geplant, Tilgungen in Höhe von 6 Millionen Euro zu leisten. In der Zeit zwischen 2013 und 2020 sei es gelungen, die Verschuldung von 104,5 Millionen Euro auf 43,2 Millionen Euro zu senken. „In den vergangenen zwei Jahren sind die Verbindlichkeiten jedoch wieder gestiegen – vor allem aufgrund unseres Engagements für das Klinikum. Ende 2022 betrug der Stand der Kernschulden 68,3 Millionen Euro. Ende 2023 kalkulieren wir mit einem Schuldenstand von 74,7 Millionen. Für Ende 2024 können wir wieder mit einem etwas niedrigeren Schuldenstand von 72,7 Millionen rechnen. Voraussetzung für diese Absenkung wäre jedoch, dass die vorsorglich veranschlagten Kreditmarktmittel nicht in Anspruch genommen werden. Ob dies gelingen werde, sei angesichts der so zahlreichen Herausforderungen aber nicht sicher“, meinte das Stadtoberhaupt. Festzuhalten bleibe, dass Fulda im hessenweiten Vergleich zu anderen Sonderstatusstätten – und das, obwohl die Stadt Trägerin eines Maximalversorgers ist – die geringste Verschuldung aufweist. Im positiven Sinne liege Fulda hier bei der Spitze.

Haushalt 2024 ein klares Bekenntnis zum Klinikum

Auch für 2024 sei davon auszugehen, „dass unser Klinikum – und das trotz des immensen Engagements seiner Mitarbeitenden – weiterhin auf kommunale Unterstützung angewiesen sein wird.“ Wingenfeld: „Und deshalb müssen wir mit unserer Haushaltspolitik dafür Sorge tragen, dass wir als Stadt gemeinsam mit dem Landkreis jederzeit handlungsfähig sind.“ Eine nach dem OB in Deutschland „einmalige Situation“ sei es, dass eine Stadt mit gerade einmal rund 70.800 Einwohnern Trägerin eines Krankenhauses der Maximalversorgung ist, welches nicht nur die medizinische Versorgung für eine Region mit 500.000 Menschen gewährleiste, sondern auch noch eine „hervorragende Rolle“ bei der universitären Ausbildung von Medizinstudierenden leiste. „Der Haushalt 2024 ist ein neues, klares Bekenntnis zum Klinikum in kommunaler Trägerschaft und verdient auch weiterhin diese fraktionsübergreifende Unterstützung“, hielt der OB am Freitagabend in seiner Rede zum Haushaltsentwurf 2024 fest.

In seiner etwa 75-minütigen Rede sprach Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld einige weitere Themen an, wie beispielsweise das Thema Schulen. Einerseits definiere der Bund hohe Anforderungen an die Kommunen und schüre hohe Erwartungen bei den Bürgerinnen und Bürgern. Andererseits stelle er den Kommunen nicht ansatzweise die Mittel zur Verfügung, die zur Bewältigung dieser Aufgaben erforderlich seien, so Wingenfeld. Diese Art von Politik müsse endlich ein Ende haben. Zum in Fulda beabsichtigten Sozialen Mietwohnungsbau warf OB Wingenfeld ein, dass dieser nicht nur Aufgabe der Stadt sein könne, sondern vielmehr als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen sei. +++ ja

Zahlenpaket
Ergebnishaushalt Erträge: 253,95 Millionen (Vergleich 2021: 246,70 Millionen) Aufwendungen: 262,52 Millionen (255,39 Millionen) Fehlbedarf: 8,58 Millionen (8,69 Millionen) Finanzhaushalt Einzahlungen: 55,07 Millionen (68,57 Millionen) Auszahlungen: 90,97 Millionen (135,29 Millionen) Fehlbedarf: 3S,90 Millionen (66,73 Millionen) Investitionen: 84,99 Millionen (129.46 Millionen) Schulden: 72,69 Millionen (64,92 Millionen) Erträge Einkommensteuer: 38,63 Millionen (36.49 Millionen) Gewerbesteuer: 55 Millionen (55 Millionen) Schlüsselzuweisung: 46,28 Millionen (51,S6 Millionen) Aufwendungen Personalkosten: 92,68 Millionen (86,58 Millionen) umfasst: Personal,- Versorgungsaufwendungen, Aufwendungen für proCom-Beschäftigte, Honorarkräfte, ehrenamtliche Mitarbeiter Kreisumlage: 31,88 Millionen (30,76 Millionen) . Die Größten Projekte 2023 (nach Jahresansatz 2024) Energetische Sanierung Brüder-Grimm-Schule: 5,5 Millionen Euro und die Erweiterung Cuno-Raabe- Schule: 3,5 Milionen Euro. Quelle Stadt Fulda

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