Mittelstandspräsident nennt Grundrente verfassungswidrig

Linke: Renten müssen für alle steigen

Der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, hat die am Mittwoch vom Kabinett verabschiedete Grundrente als verfassungswidrig kritisiert. „Die Grundrente ist der Sargnagel der gesetzlichen Rentenversicherung und verstößt zugleich gegen unsere Verfassung“, sagte Ohoven am Mittwoch. „Bislang galt bei der Rente das Äquivalenzprinzip: Wer während des Berufslebens mehr einzahlt, erhält im Alter eine höhere Leistung. Mit diesem im Grundgesetz verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz bricht die Grundrente.“

Zudem sei die Finanzierung der Grundrente „völlig unklar“, so der Mittelstandspräsident. „Ob die dafür vorgesehene Finanztransaktionssteuer jemals kommt, ist zweifelhaft.“ Dann bliebe nur noch der Rückgriff auf die Rentenkasse, so Ohoven weiter. „Der jährliche Bundeszuschuss zur Rente beträgt jedoch bereits in diesem Jahr mehr als 100 Milliarden Euro und steigt bis 2023 auf fast 114 Milliarden Euro.“ Damit bringe der Steuerzahler „etwa ein Drittel der Einnahmen der Rentenversicherung auf“. An einer grundsätzlichen Reform des Rentensystems führe kein Weg vorbei, so der Mittelstandspräsident. Die Grundrente verschärfe durch Mehrausgaben in Milliardenhöhe die Finanzierungsprobleme der Rentenversicherung, ohne das Problem der Altersarmut zu lösen. „Ich appelliere deshalb an den Bundesrat, die verfassungswidrige und unseriös finanzierte Grundrente zu stoppen.“

Ostbeauftragter begrüßt Grundrenten-Beschluss

Der neue Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), hat den Beschluss des Bundeskabinetts zur Grundrente begrüßt. „Rund 1,3 Millionen Bezieher kleinerer Renten erhalten ab 2021 einen Aufschlag. Hiervon werden vor allem auch Frauen profitieren, die im Osten längere Beitragszeiten haben, aber oft in ihren Berufen schlechter bezahlt waren“, sagte Wanderwitz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Insbesondere für die neuen Länder sei es „gut“, dass die Grundrente umgesetzt werde, so Wanderwitz. „Die Lebensarbeitsleistung der Betroffenen wird damit endlich besser gewürdigt und ein großes Gerechtigkeitsdefizit behoben.“ Der Unions-Abgeordnete Christoph Ploß (CDU) äußerte sich dagegen skeptisch zur Grundrente. „Eine Grundrente ohne solide Gegenfinanzierung darf es nicht geben“, sagte Ploß. „Die CDU muss im Sinne der Generationengerechtigkeit darauf bestehen, dass die Zusagen der SPD-Minister zur nachhaltigen Finanzierun g der Grundrente eingehalten werden. Das ist derzeit noch nicht gegeben.“ Kritik kam auch von Linken-Chefin Katja Kipping. „Die Union hat die Schutzfunktion der Grundrente enorm geschliffen. Vom ursprünglichen Grundrenten-Konzept ist nur noch ein Schatten seiner selbst übrig“, sagte sie. Kipping regte eine „grundlegende Reform des staatlichen Rentensystems und eine armutsfeste Lohnpolitik“ an. Konkret forderte die Linken-Politikerin eine solidarische Mindestrente von 1.050 Euro im Monat, eine Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent und einen Mindestlohn von zwölf Euro.

Linke: Renten müssen für alle steigen

Angesichts vergleichsweise geringer Renten für Neurentner reißt die Kritik an der Rentenpolitik der Bundesregierung auch nach der Verabschiedung der Grundrente im Bundeskabinett nicht ab. „Die Rente ist für Millionen Menschen leider alles andere als sicher. Reförmchen wie die Grundrente reichen nicht aus“, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Bartsch forderte stattdessen einen großen Wurf in der Rentenpolitik. „Die Renten müssen für alle steigen. Das ist finanzierbar, wenn alle, auch Abgeordnete, Beamte und Selbstständige, einzahlen.“ Die Linksfraktion begründet ihre Kritik unter anderem mit den deutlichen Unterschieden zwischen den Bezügen von Neurentnern und Bestandsrentnern. Wer neu in Rente ging, erhielt 2018 im bundesweiten Durchschnitt 769 Euro, wer schon in Rente war, hatte im Schnitt 829 Euro. In Niedersachsen klaffte 2018 eine Lücke von 56 Euro; hier lagen die Rentenzahlbeträge bei 761 Euro (neu) und 817 Euro (alt). Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage von Bartsch und Zahlen der Rentenversicherung hervor. Das Ministerium erläuterte, aus der Höhe der gesetzlichen Altersrenten könne allerdings nicht auf die Einkommenssituation im Alter geschlossen werden, „da unter anderem weitere Alterseinkommen und der Haushaltskontext nicht berücksichtigt sind“. Betrachtet man die Haushaltseinkommen der Bezieher gesetzlicher Renten, so haben Ehepaare (ab 65 Jahren) dem Ministerium zufolge ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 2.508 Euro im Monat, alleinstehende Männer 1.448 Euro und alleinstehende Frauen 1.412 Euro (alle Zahlen: Stand 2016). +++