Merz fordert Anpassung von Hausbauten in Hochwasserregionen

Versicherungsverband erwartet Rekordschaden nach Hochwasser

Friedrich Merz (CDU)

Der Vize-Präsident des CDU-nahen Wirtschaftsrats, Friedrich Merz, hat sich dafür ausgesprochen, beim Wiederaufbau der zerstörten Ortschaften in den Hochwassergebieten nicht alle Gebäude wieder an Ort und Stelle zu errichten und gefährdete Flächen künftig frei zu lassen. „Das Baugebiet muss dem Risiko angepasst werden, sonst laufen Hauseigentümer und Unternehmer Gefahr, beim nächsten Hochwasser wieder alles zu verlieren“, sagte der CDU-Politiker, der dem Unions-Wahlkampfteam angehört, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Das bedeutet, dass man in bestimmten Gebieten künftig nicht mehr bauen können wird.“ In der Vergangenheit sei „offensichtlich zu nah an den Wasserläufen gebaut worden“. Außerdem seien zu viele Wasserläufe begradigt worden. „Das muss man sich anschauen und Konsequenzen für den Wiederaufbau ziehen“, sagte Merz. Es sei auch wichtig, Flussauen als Überschwemmungsraum auszubauen. „Dann gibt es deutlich weniger Hochwasserschäden.“

FDP fordert Unwetter-Warnsystem mit Textnachricht aufs Handy

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, hat die Bundesregierung aufgefordert, ihr Katastrophen-Informationssystem zu reformieren und die Bevölkerung per Textnachricht auf dem Mobiltelefon vor drohendem Unwetter zu warnen. „Die Hochwasserkatastrophe ist eine furchtbare Tragödie“, sagte Buschmann dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Viel Leid hätte verhindert werden können, wenn die Opfer frühzeitig gewarnt worden wären.“ Er fügte hinzu: „Ich habe nichts gegen Sirenen. Aber eine Textnachricht aufs Smartphone kann viel präziser warnen.“ Die Bundesregierung müsse deshalb ihren Sonderweg beenden und wie andere Länder sowie die Europäische Union auf eine einfache Warntechnologie setzen. „Mit Cell Broadcasting können konkrete Warnhinweise ohne Handynummern gezielt in betroffenen Gebieten verschickt werden.“ So ließen sich große Bevölkerungsteile einfach und schnell warnen und informieren. „Dazu bedarf es keiner neuen Technik und keiner App.“ Diese – von Experten befürwortete, aber teure – Technologie müsse jetzt konsequent genutzt werden. „Der Einsatz dieser Technologie hätte möglicherweise Menschenleben retten können.“

EVP-Fraktionschef Weber fordert europäische Flut-Finanzhilfe

Nach der verheerenden Flutkatastrophe vor allem im Westen Deutschlands wird der Ruf nach finanzieller Hilfe durch die Europäische Union lauter. „Europa muss zeigen, dass es in der Not da ist“, sagte der Fraktionschef der christdemokratischen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die vorhandenen Fonds zur Bewältigung von Naturkatastrophen müssten bei einer länderübergreifenden Flutkatastrophe dieses Ausmaßes aktiviert werden, sagte Weber, der auch CSU-Vize ist. Ein Schwerpunkt solle auf dem Wiederaufbau der Infrastruktur liegen. Weber plädierte auch für ein längerfristig stärkeres Engagement der EU in solchen Katastrophenfällen: Die EU solle ihre Krisenfonds stärken und vor allem eine unbürokratische und schnelle Auszahlung möglich machen. „Es ist zu befürchten, dass Naturkatastrophen großen Ausmaßes künftig häufiger vorkommen werden. In der Krise bewährt sich europäische Hilfe“, sagte Weber.

Versicherungsverband erwartet Rekordschaden nach Hochwasser

Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, rechnet nach der Hochwasser-Katastrophe mit einem Rekordschaden. „Kurzfristig zeichnet sich ab, dass sich 2021 zu einem der schadenträchtigsten Jahre seit 2013 entwickeln könnte. Damals lag der versicherte Schaden bei 9,3 Milliarden Euro“, sagte Asmussen der „Rheinischen Post“. „Wenn es nicht gelingt, die Erderwärmung unter dem Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimagipfels zu halten, dann werden wir etwa die Versicherung von Naturgefahren nicht in der bestehenden Form fortführen können.“ Asmussen wies darauf hin, dass viele Gebäude in Deutschland nicht gegen Elementarschäden wie Starkregen abgesichert seien: „Selbst in der höchsten Risikozone ist in Deutschland jedes vierte Haus gegen Hochwasser versichert – nur jedes vierte Haus, denn mehr wäre möglich: Nahezu alle Hausbesitzer in Deutschland konnten sich gegen Naturgefahren versichern und werden die s auch weiterhin können.“ Eine Pflichtversicherung lehnt der GDV-Chef dagegen ab: „Eine Pflichtversicherung ist nicht unbedingt eine nachhaltige Antwort auf die vor uns liegenden Herausforderungen. Es mangelt in Deutschland ja nicht an Angeboten für Versicherungsschutz, sondern vielerorts eher an einem verantwortungsvollen Umgang mit Naturgefahren“, sagte Asmussen. „Wenn jeder Schaden in jedem Fall ersetzt wird, bleiben staatlicher und individueller Naturgefahrenschutz auf der Strecke.“ Asmussen forderte mehr Prävention: „Klimafolgen-Anpassung kommt vielerorts zu kurz. Noch immer wird in Überschwemmungsgebieten gebaut, werden Flächen ungehindert versiegelt, stauen sich auf kommunaler Ebene Investitionen in Präventionsmaßnahmen. Hier gilt es umzusteuern, sonst setzt sich eine Spirale aus weiteren Katastrophen und steigenden Schäden in Gang, die erst teuer und irgendwann unbezahlbar wird.“

Rufe nach Elementarschadenversicherung für alle Hausbesitzer

Nach der Flutkatastrophe in mehreren Teilen Deutschlands plädieren Vertreter der Bundestagsfraktionen von Linkspartei und SPD für die Einführung einer Elementarschadenversicherung für alle Hausbesitzer. Das berichtet die „Neue Osnabrücker Zeitung“. „Wenn die existierenden Versicherungen die Betroffenen im Regen stehen lassen und der Staat nicht immer und womöglich noch häufiger riesige Summen an Steuergeldern aufwenden kann, könnte eine solche Elementarschaden-Pflichtversicherung künftig entstehende Schäden ausgleichen“, sagte der stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende André Hahn der Zeitung. Auch die SPD-Bundestagsfraktion spricht sich für eine solidarische Versicherung für Elementarschäden aus. „Für alle Menschen in unserem Land, die eine solche Versicherung brauchen, muss es eine bezahlbare Versicherung für Elementarschäden geben“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Hartmann. „Dies gilt sowohl in Zeiten einer großen Katastrophe, wie wir sie gerade erleben, als auch bei kleineren Überschwemmungen.“ Insbesondere in Landkreisen mit Flussläufen und Talsperren seien auch schon vor der Katastrophe nicht alle Gebäude in gefährdeten Gebieten mit einer Elementarschadenversicherung privater Versicherungskonzerne abgedeckt gewesen. „Deswegen brauchen wir eine umfassende Versicherungslösung, die neben dem Hochwasser auch alle anderen Elementarschäden abdeckt.“ Daniel Osberghaus vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hatte die Forderung nach schnellen Hilfen für Unwetter-Geschädigte kritisiert. Dem Hochwasser-Experten zufolge benachteiligen sie de facto Hausbesitzer mit einer Versicherung und könnten schnell als ungerecht empfunden werden. Florian Toncar von der FDP hält dagegen, dass es bei der derzeitigen Großkatastrophe um den Erhalt ganzer Dörfer oder Städtchen in ihrer bisherigen Form gehe „und damit um eine immense Dimension“. Das rechtfertige ein staatliches Eingreifen. +++

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