Deutliche Kritik an Bundeskanzler Scholz

Kubicki kritisiert Kanzler Scholz als "entrückt"

Bundeskanzler Olaf Scholz

Handwerkspräsident Jörg Dittrich übt deutliche Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) persönlich. „Die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage durch den Bundeskanzler und die Spitzenverbände der Wirtschaft unterscheidet sich gravierend“, sagte Dittrich dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Und das ist natürlich ein Problem.“ Wenn man in der Analyse schon so weit auseinander liege, komme man auch zu anderen Schlüssen, welche Maßnahmen nötig seien, so der Handwerkspräsident weiter. „Die Wirtschaft und der Regierungschef sollten einen gemeinsamen Blick darauf haben, wo Betriebe und Unternehmen der Schuh drückt und wo ihre Probleme im Betriebsalltag liegen. Das war in der Vergangenheit immer eine Stärke“, so Dittrich.

Zwar halte er Scholz grundsätzlich für einen intelligenten Mann, der die wirtschaftlichen Zusammenhänge verstehe, sagte Dittrich. „Doch es macht auf mich den Eindruck, als nehme er das, was Unternehmen und Betriebe als Sorgen und Ängste aktuell formulieren, nicht für bare Münze.“ Das zeige auch die Aufforderung des Bundeskanzlers, die Situation nicht schlecht zu reden. „Es sind die harten Fakten, die diese großen Sorgen bei vielen Unternehmern verursachen. Das sollte der Kanzler ernst nehmen“, forderte Dittrich. Die Herausforderungen und Probleme für die Wirtschaft durch Energiewende, grüne Transformation, marode Infrastruktur, schleppende Digitalisierung und Fachkräftemangel seien riesengroß, klagte der Dachdeckermeister. „Da reicht es nicht zu sagen: Wartet, bis die EZB die Zinsen senkt, dann wird alles wieder gut. Ich sage Ihnen: wird es nicht.“

Die Gespräche mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seien derzeit „wesentlich tiefgehender“, weil es eine gemeinsame Einschätzung hinsichtlich des Handlungsdrucks gebe. Den Satz des Kanzlers, dass die Klage „des Kaufmanns Lied“ sei, weise er zurück, sagte Dittrich. „Ich bin Handwerksmeister und kein Kaufmann, das habe ich dem Bundeskanzler auch direkt gesagt, als er das bei der Handwerksmesse in München so formulierte. Glauben Sie mir: Es macht mir wahrlich keinen Spaß, als Mahner am Straßenrand zu stehen. Ich fühle mich in dieser Rolle nicht wohl. Aber ich muss sie derzeit einnehmen, weil die Fakten inzwischen auch im Handwerk die gefühlte Wahrnehmung bestätigen.“ Viele Handwerksbetriebe rechneten derzeit mit sinkenden Umsätzen und sorgten sich um ihre Zukunft, so Dittrich. „Die Stimmung im Handwerk ist wirklich alles andere als gut – sie ist mies.“

Kubicki kritisiert Kanzler Scholz als „entrückt“

Der stellvertretende Parteivorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, hat die Rolle von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in den Verhandlungen über den Haushalt und die FDP-Forderung nach einer Wirtschaftswende scharf kritisiert. Während Unternehmen, Verbände und der Deutsche Gewerkschaftsbund vor einem wirtschaftlichen Abstieg warnten, sage der Kanzler: „Nö, in meinem Wunderland ist alles bestens.“ Scholz sei „irgendwie entrückt und glaubt, wir hätten die Zeitenwende bereits hinter uns und allen ginge es gut“. Die Hoffnung des Kanzlers auf eine Aufhellung der Konjunktur und anziehende Märkte teile er nicht, so Kubicki: „Sie trifft auf eine gänzlich andere Wirklichkeit.“ Die Differenzen der Liberalen mit den Grünen seien dagegen anders gelagert, so der Liberale. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sage genauso wie Finanzminister Christian Lindner (FDP): „Wir müssen etwas für die Wirtschaft tun. Die Grünen denken eher an staatliche Subvention für einzelne Betriebe. Wir denken an Entlastung für alle. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer, das hat noch nie funktioniert.“

Sollte es keine Wirtschaftswende geben, dann gehe die Wirtschaft weiter in die Knie, warnte der Bundestags-Vizepräsident. „Die staatlichen Einnahmen werden erodieren. Und dann wünsche ich allen Ministern, die künftig Staatsgeld ausgeben wollen, viel Erfolg.“ Schon die nächste Steuerschätzung werde hinter den Erwartungen bleiben, so Kubicki: „Und es wird demnächst dann auch an Arbeitsplätze gehen. Momentan haben wir bei den Zulieferern für die Automobilindustrie bereits Kurzarbeit. Unsere Automobilfirmen produzieren auf Halde. Und ich habe einige CEOs gesprochen, die sagen: Das können wir nicht dauerhaft durchhalten.“ Sollte sich die Ampel-Koalition nicht auf einen Haushalt und eine Wirtschaftswende einigen können, schließt Kubicki auch ein vorzeitiges Ende der Koalition als Ultima Ratio nicht aus: „Ich bin Strafverteidiger, nichts Menschliches ist mir fremd, und ich schließe grundsätzlich nichts aus. Eine Regierung, die es nicht schafft, innerhalb der gesetzten Grenzen der Verfassung einen Haushalt zusammenzubringen, hat keine Zukunft.“

Der Haushalt müsse „bis Ende Juni, Anfang Juli“ durch das Kabinett, mahnte Kubicki, „ansonsten wird der Bundestag Schwierigkeiten haben, den Etat dieses Jahr noch zu verabschieden.“ Er warnte die Regierung davor, „erneut ein schlechtes Schauspiel abzuliefern und über objektiv nicht umsetzbare Dinge wie die Aufweichung der Schuldenbremse zu debattieren“. Für eine Änderung bräuchte es nicht nur die FDP, sondern eine verfassungsändernde Mehrheit im Parlament, die es nicht gebe. „Also gilt es, sich innerhalb der Grenzen, die das Grundgesetz setzt, darauf zu verständigen, welche Prioritäten zunächst bedient werden müssen“, so Kubicki. +++

Sie können uns jederzeit Leserbriefe zukommen lassen.

Diskutieren kann man auf Twitter oder Facebook

Hier können Sie sich für den fuldainfo Newsletter anmelden. Dieser erscheint täglich und hält Sie über alles Wichtige, was passiert auf dem Laufenden. Sie können den Newsletter jederzeit wieder abbestellen. Auch ist es möglich, nur den Newsletter „Klartext mit Radtke“ zu bestellen.

Newsletter bestellen