Lindner kritisiert Verrohung der Sprache und politischen Kultur

"Es gibt Probleme mit Rassismus im Alltag"

Christian Lindner (FDP)
Christian Lindner (FDP)

Berlin. FDP-Chef Christian Lindner hat die Verrohung der Sprache und der politischen Kultur in Deutschland kritisiert. „Wir laufen Gefahr, in einer verprollten, vertrumpten Demokratie zu leben“, sagte Lindner der „Bild am Sonntag“. „Inhaber höchster Staatsämter nutzen Pegida-Vokabular, wodurch die politische Kultur verroht.“ Es verdiene Respekt, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder dies inzwischen eingeräumt habe, so Lindner.

„Zugleich wird völkisches und autoritäres Denken salonfähig. Dagegen muss man sich wehren. Leider schießen die Berufsempörten der Republik dabei oft so über das Ziel hinaus, dass sie das Gegenteil erreichen.“ Wer reale Probleme bei der Zuwanderung anspreche, werde „von linken Trollen in sozialen Medien als Rassist gebrandmarkt“. Zugleich übte Lindner Kritik an den Medien: „Die Wochenzeitung `Die Zeit` hat eine eigene Redakteurin an den Pranger gestellt, die auftragsgemäß über das moralische Dilemma der Mittelmeer-Rettung geschrieben hat.“ Millionen Menschen fänden sich in der öffentlichen Debatte nicht wieder, so der FDP-Chef. „Wenn die von rechter Pöbelei und linkem Shitstorm geprägt wird, dann verliert die politische Mitte ihre Heimat.“

FDP-Chef: „Es gibt Probleme mit Rassismus im Alltag“

Nach Ansicht von FDP-Chef Christian Lindner werden viele Zuwanderer im Alltag rassistisch diskriminiert. „Ja, es gibt Probleme mit Rassismus im Alltag. Wenn gut ausgebildete Menschen seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden, nur weil ihre Eltern oder Großeltern vor Jahrzehnten aus der Türkei gekommen sind, ist das eine Diskriminierung“, sagte Lindner der „BamS“ weiter. Nichts zu tun habe dies aber mit der Kritik an Fußballnationalspieler Mesut Özil, so Lindner: „Bei Özil ging es um Kritik an einem Fußballer, der Werbung für den Schöpfer einer Präsidialdiktatur in der Türkei gemacht hat. Man hört zu oft, dass Teile der deutsch-türkischen Community freiheitliche Werte nur gering schätzen. Das zeigt die Zustimmung zu Erdogan. Es gibt also ein doppeltes Problem – bei den Einheimischen und bei Zugewanderten.“

Der FDP-Chef forderte die Grünen dazu auf, ihre Haltung zu sicheren Herkunftsstaaten zu ändern: „Die Grünen müssen endlich ihre Blockade aufgeben, Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Die Farce um den früheren Bin-Laden-Leibwächter Sami A. hätte man sich dann sparen können. Individuell Schutzbedürftigen könnte man dennoch helfen.“ Das dringende Thema Migration dürfe nicht länger alle anderen Fragen verdrängen, so Lindner. „Nach der Sommerpause sollte es daher einen deutschen Migrationsgipfel von Bund, Ländern und Gemeinden geben, um die offensichtlichen Mängel im Management zu beheben.“ Lindner forderte in diesem Zusammenhang „ein weltoffenes Einwanderungsgesetz, ein neues Staatsangehörigkeitsrecht und ein republikanisches Leitbild der Integration“. Zuwanderer sollten Rechte, aber auch Pflichten und Erwartungen kennen. „Integration sollte mit der Einbürgerung gekrönt werden. In der ersten Generation gern auch mit zwei Pässen, aber in der Generation der Enkel sollte das enden.“ +++