Laufende Koalitionsverhandlungen: Sozialthemen müssen Beachtung finden

Caritas Deutschland richtet konkrete Forderungen an die Ampel-Koalitionäre

Dr. Markus Juch, Diözesan-Caritasdirektor im Bistum Fulda

Ein soziales Europa, so der Deutsche Caritasverband an die Adresse der Parteien SPD, Grüne und FDP, die gerade in Koalitionsverhandlungen ihr Regierungsprogramm erarbeiten wollen, mit dem die vier kommenden Jahre gestaltet werden sollen, sei die Grundlage für Frieden und Freiheit. Daher müssten nach Ansicht der Caritas die Zukunftsthemen wie Klimaschutz, Innovationen und Digitalisierung unbedingt im Bezug zu den drängenden sozialen Herausforderungen entwickelt werden. Gerade die Pandemie der letzten eineinhalb Jahre habe gezeigt, dass in einer Krisensituation gemeinsame Werte schnell zu Gunsten nationaler Egoismen zur Disposition stünden.

Auch bei der Caritas im Bistum Fulda sieht man diese Zusammenhänge und pocht darauf, dass die sozialpolitischen Zusammenhänge nicht außer Acht gelassen werden. „Sozialpolitische Fragen müssen bei der Ausarbeitung der Agenda einer neuen Regierung für die kommenden Jahre stets mit gestellt werden“, unterstreicht Diözesan-Caritasdirektor Dr. Markus Juch. „So kann Klimaschutz nur zum Tragen kommen, wenn die einkommensschwachen Haushalte mitgenommen werden. Wir erfahren in unseren Beratungsstellen die Lebenswirklichkeiten dieser Menschen, die weit entfernt sind von Entscheidungen wie der Anschaffung eines E-Autos oder einer Photovoltaikanlage fürs Dach“, so Juch weiter. Wir können diese Betroffenen aber schon gewinnen für Klimaschutzfragen, wenn wir ihnen zum Beispiel vernünftige Beratung, kostenlose Energiesparchecks und angemessene soziale Abfederung bei den Kosten des Energiewandels bieten.“

Ähnlich sieht es bei dem Thema Digitalisierung aus. Menschen in armen Haushalten fehlt es bei der digitalen Ausstattung und digitaler Kompetenz in vieler Hinsicht. „Damit sich die soziale Spaltung in unserer Gesellschaft durch die digitale Transformation nicht verschärft, brauchen gerade armutsgefährdete Menschen weiter Unterstützung bei der technischen Ausrüstung und den digitalen Fähigkeiten, um in der digitalen Transformation nicht abgehängt zu werden“, unterstreicht die neue Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa. Eine ähnliche Haltung vertritt auch die Caritas im Bistum Fulda, die in einer eigenen Pressemitteilung darauf gedrungen hat, bei aller Digitalisierung Menschen auch weiterhin analog Teilhabe zu ermöglichen.

Auch die Pflege ist eines der großen Zukunftsthemen und wird die neue Regierung beschäftigen. Gestärkt werden muss nach Ansicht der Caritas vor allem auch die häusliche Pflege, die bei der letzten Pflegereform vollständig vergessen wurde. „Die Pflegeversicherung muss auf eine solide finanzielle Grundlage gestellt werden“, betont Caritasdirektor Juch, und wir müssen den Pflegekräften Arbeitsrahmenbedingungen schaffen, die für sie attraktiv sind. Angemessene Bezahlung ist das eine, aber es geht auch um die Balance zwischen Beruf und Privat. Denn bei aller Liebe zum Pflegeberuf – niemand soll sich dabei vollkommen aufopfern müssen.“

Die Caritas im Bistum Fulda baut darauf, dass bei den Koalitionsverhandlungen letztendlich Sachverstand und das Wissen um die Wichtigkeit des sozialen Friedens auch in der Zukunft den Weg zu den Entscheidungen weisen werden. „Wir sind zuversichtlich, dass es ein gutes und ausgewogenes Regierungsprogramm gibt, bei dem die Handschriften aller drei Parteien sichtbar werden – auch in der Frage der sozialen Verträglichkeit der neuen Politik“, so Juch in seinem Statement. +++ pm