K+S darf Salzlauge länger versenken

Wiesbaden. Das Land Hessen hat sich mit dem Rohstoffunternehmen K+S auf einen Vier-Phasen-Plan zur dauerhaften Salzabwasser-Entsorgung im Werra-Kalirevier verständigt. Umweltministerin Priska Hinz hatte am Montag angekündigt, dass K+S noch bis 2021 Salzabwasser im Boden versenken darf – das sind sechs Jahre länger als bisher geplant. Die lokale Entsorgung wird ab 2021 durch den befristeten Betrieb einer Leitung zur Oberweser ergänzt, um Flexibilität bei der Entsorgung der Abwässer zu gewinnen. Die vorgestellten Eckpunkte umfassen einen Regelungszeitraum bis zum Jahr 2075. Ziel der verschiedenen Maßnahmen ist es, insbesondere durch Investitionen seitens K+S, den Naturraum Werra-Weser im Sinne der Umwelt und des europäischen Wasserrechts weiter zu entlasten und die Zukunftsfähigkeit der Arbeitsplätze und der Kali-Standorte in Nordhessen zu sichern.

Mit den aktuellen Vereinbarungen wird K+S insbesondere in den Jahren 2018 bis 2021 noch einmal rund 400 Millionen Euro investieren, zusätzlich zu den umfangreichen Maßnahmen zum Gewässerschutz seit 2008. Ein erheblicher Teil davon fließt in die Planung, den Bau und den Betrieb einer befristeten Ergänzungsleitung an die Oberweser, die Ende 2021 in Betrieb gehen soll und als Ergänzung der lokalen Einleitung in die Werra bis zum Ende der Produktionszeit einen Teil der Salzabwässer des Werkes Werra transportieren wird. Der Betrieb dieser Pipeline erlaubt, die Fläche für die benötigten Stapelbecken auf etwa 25 bis 30 Prozent der bisherigen Planungen zu reduzieren. Um das Haldenabwasser langfristig zu reduzieren, sollen die Halden abgedeckt werden. Mit der Umsetzung dieser Maßnahmen, für die ein entsprechendes Genehmigungsverfahren notwendig ist, wird für Werra und Oberweser Süßwasserqualität erreicht. „Es wurde vereinbart, dass K+S zur Umsetzung dieser Maßnahmen die Investitionen tätigt. Der Landeshaushalt wird dabei mit keinem Euro belastet. In der Lösung des Abwasserproblems gilt unumstößlich das Verursacherprinzip“, so Ministerin Hinz. Steiner unterstrich: „Wir haben die Grundlage für einen Maßnahmenplan geschaffen, der die Entsorgungsfragen der nordhessischen Kali-Standorte ein für alle Mal beantworten soll. Vor diesem Hintergrund sind wir bereit, die erheblichen zusätzlichen Aufwendungen, die eine enorme wirtschaftliche Herausforderung für uns sind, auf uns zu nehmen.“

Während die Regierungsparteien von CDU und Grüne den Entsorgungsplan lobten, ist der Paln bei der Opposition und der WWA auf Kritik gestoßen. Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Timon Gremmels hat den vorgestellten Plan als „in wichtigen Fragen unklaren Vorschlag“ bezeichnet. „Die Sicherung der Tausenden von Arbeitsplätzen in der hessischen Kali-Industrie hat für uns Sozialdemokraten oberste Priorität. Deswegen ist uns eine nachhaltige Lösung der Salzwasserproblematik wichtig. Dennoch haben wir mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass die Oberweserpipeline vor zwei Wochen gutachterlich ausgeschlossen und jetzt wieder Teil des Konzeptes ist“, sagte der SPD-Politiker in Wiesbaden. Außerordentlich fragwürdig sei zudem, dass ein beim Bundesumweltministerium beauftragtes Gutachten zur technischen Reduzierung der Salzabwässer nicht abgewartet würde. „Das Gutachten soll Mitte Oktober vorliegen. Nun legt man nach jahrelanger Verzögerung einen Vorschlag vor, der keine 14 Tage Zeitaufschub verträgt. Das Vorgehen ist weder transparent noch nachvollziehbar und grenzt schon an Ignoranz der Landesregierung und ist eine Missachtung der Arbeit des Bundesumweltamtes. Es ist schon eigenartig, erst wagen sich Ministerpräsident Bouffier und die ehemalige Umweltministerin Puttrich jahrelang nicht an das Problem heran und lassen so wertvolle Zeit verstreichen lassen. Und jetzt kann es nicht schnell genug gehen“, sagte Gremmels.

„Erst in der vergangenen Woche hat Ministerin Hinz die einstige grüne Forderung, die Werra zu einem ‘naturnahen Gewässer’ zu machen‎, in das Minimalziel ‘Süßwasserqualität’ abgewandelt. Nun erklärte Frau Hinz, dass selbst dieses Minimalziel wohl erst 2075 erreicht werden wird. Damit verlagert sie die grüne Umweltpolitik von der Gegenwart in die Zeitform Futur II. Ein Großteil der heute lebenden Hessen – mich eingeschlossen – wird von dieser Politik jedoch sicherlich nicht mehr profitieren“, erklärte Jürgen Lenders, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag.

Bis zum Jahre 2075 will die Hessische Umweltministerin Priska Hinz (B’90/Die Grünen) der K+S Kali GmbH erlauben, Werra und Weser unvermindert zu belasten und damit bis zur Beendigung des Kaliabbaus. Die Sanierung der ‘Ewigkeitslasten’, des verseuchten Grund- und Trinkwassers und der Salzhalden ist nicht vorgesehen. Besonders auffallend ist, dass die Verpressung der Salzabwässer in den Untergrund bis 2021 weiter erlaubt sein soll. Dieser Entsorgungsweg war bisher auch von der Hessischen Landesregierung wegen der Gefahr der fortgesetzten Trinkwasservernichtung als ‘nicht genehmigungsfähig’ eingestuft worden. In Thüringen ist die Laugenverpressung schon vor Jahren untersagt worden. Dass die Ministerin auch in dieser Frage der K+S AG wider­standslos nachgibt, lässt wenig Gutes erahnen. Die K+S Kali AG will mit einigen technischen Maßnahmen den Abstoß von Salzlaugen um 1,5 Mio. cbm verringern. Es kommt aber nicht auf die Wassermenge an, sondern auf das darin enthaltene Salz: dessen Menge wird sich nicht verändern. Durch zusätzliche Ablagerung auf den Salzhalden wird der Salzabstoß allenfalls gestreckt und er wird sich mittelfristig wieder erhöhen. Mit den von K+S angekündigten Maßnahmen ist das Unternehmen technologisch immer noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen, es saniert bestenfalls angängige Anlagen mit veralteter Technik.

Auch die angekündigte ‘teilweise Abdeckung’ der Salzhalden ist nicht glaubwürdig. Es gibt weltweit keine Salzhalde mit vergleichbar steiler Lagerung, bei der eine Abdeckung gelungen wäre. Eine Abflachung würde den Flächenbedarf der Halde und damit den Salzeintrag in das Grundwasser vervielfachen. Bis jetzt ist von Hessen jede ernstzunehmende Prüfung von Alternativen unterdrückt worden. Selbst der soge­nannte Runde Tisch hat 2012 beschlossen, die Entwicklung von Aufbereitungsverfahren durch die K-UTEC AG auf alle Abwässer der K+S AG auszuweiten und deren Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Die Leitung des Runden Tisches hat diese Untersuchung bis heute verweigert und damit die Frage offen gelassen, ob die von Priska Hinz vorgesehene Versalzung des Flusssystems für das Unternehmen notwendig ist. Mir dem heutigen Sechzigjahresplan vollzieht die Ministerin die ‘Öffentlich-rechtliche Vereinbarung’ aus dem Jah­re 2009, in der die Länder Hessen und Thüringen der K+S AG die unverminderte Nutzung von Werra und Weser als Abwasserkanäle zugestanden und die ‘zügige’ Erteilung von Erlaubnissen zugesichert hatten. Der Plan wird aber nur Bestand haben können, wenn die Unterliegerländer damit einverstanden sind und ihn zur Grundlage des Bewirtschaftungsplans 2015 für die Flussgebietseinheit Weser machen. Damit ist nicht zu rechnen, vielmehr zeichnet sich ab, dass die zu erwartenden Erlaubnisse nicht bestandskräftig werden, weil gegen sie geklagt werden wird.” +++ fuldainfo