Kommentar: Der Diesel muss weg!

Der Diesel-Pkw stand schnell als der große Sünder da

Ein Credo der grünen Bewegung ist unumstößlich: Der Diesel muss weg! Jeder, der etwas anderes sagt oder etwa einzuwenden wagt, man brauche den Diesel vielleicht doch noch ein paar Jahre, der begibt sich direkt in die Gefahr politischer und gesellschaftlicher Isolation. Bestenfalls ist heute verschämtes Bedauern erlaubt, dass wir auf die besseren Werte für die Kohlendioxid-Emissionen verzichten müssen, wo doch alle Verbrenner – und ganz besonders die Diesel – des Teufels sind.

Glauben heißt nicht wissen. Wir wissen, dass der Dieselmotor rund ein Fünftel weniger Kohlendioxid (CO2) emittiert als ein Benziner. Und dennoch glauben viele, dem Diesel die ewige Verdammnis wünschen zu müssen. Sie freuen sich über die sinkenden Diesel-Zulassungsraten und beklagen gleichzeitig die steigenden CO2-Emissionen des Verkehrs. Dabei hätte es keiner Kraft zu Weissagungen gebraucht, um die einfache Gleichung erkennen zu können: Weniger Diesel – mehr Kohlendioxid.

Stattdessen erlebte der Diesel den Zorn alttestamentarischer Gewalt wegen seines Anteils an den Stickoxidemissionen. Der Diesel-Pkw stand schnell als der große Sünder da, der nicht auf Gnade rechnen durfte. Andere Quellen wie Industrie, Energie, Haushalte, Flugzeuge bis hin zu Schiffen auf Flüssen und Kanälen sind vielleicht in einer zweiten Runde der Verteufelung dran. Doch jetzt geht es um den Pkw und seinen Diesel – und vielleicht noch um die vielen Busse im öffentlichen Nahverkehr. Die Teufelsaustreibung läuft, oder?

Auf einmal verschaffen sich andere Gedanken Gehör. Da stecken Experten die weisen Häupter zusammen und raunen etwas vom zweiten Leben des Diesels: „Die werden den Diesel brauchen, wenn sie die Grenzwerte im vorgeschrieben Zeitrahmen einhalten wollen“, hört man’s leise. Lauter artikuliert sich da in diesen Tagen der Volkswagen-Chef mit seinem Hinweis auf die Rolle der Automobilindustrie, ihre ungeheure Innovations- und Investitionskraft und die Bedeutung für Deutschland und seine Arbeitsplätze. In manchen Ohren mag das klingen, wie die Drohung eines mit dem Rücken zur Wand stehenden Managers. Es ist aber eher der Schlag auf den Tisch des Hauses Deutschland, verbunden mit einem deutlichen „Basta“. So geht‘s nicht weiter.

Und da kommt doch tatsächlich ausgerechnet der stramm ökologisch missionierende Verkehrsclub Deutschland (VCD) heute mit seiner neuen „VCD – Auto-Umweltliste“ um die Ecke. Die sogenannte Positivliste enthält – nach Angaben des VCD – alle Fahrzeuge, die bereits nach dem neuen Messverfahren WLTP-Verfahren gemessen wurden und bei diesem Test nicht mehr als 135 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausgestoßen haben. Das entspricht einem Verbrauch von 5,7 Litern Treibstoff auf 100 Kilometer. 22 der 52 Personenwagen der Liste werden von Dieselmotoren angetrieben, sieben verfügen über einen Hybridantrieb (nicht Plug-in) und einer fährt mit Erdgas. Und bei den Benzinern handelt es sich meist um Kleinwagen oder Kompakte mit bescheidener Motorkraft.

Jetzt darf man es vielleicht doch sagen, ohne sich auf prophetische Gaben berufen zu müssen: Der Diesel lebt – und das hoffentlich noch lange, jedenfalls wenn uns das Klima wirklich so wichtig ist, wie immer zu hören ist. Der Diesel wie der Benziner werden sich weiterentwickeln, andere als fossile Kraftstoffe werden kommen und so werden die Verbrenner noch lange den Segen der wahren Grünen erhalten für ein Zusammenleben in Gemeinschaft mit Hybridantrieben und Elektroantrieben.

Ist das jetzt der Umschwung hin zu einer von Fakten betriebenen und ideologiefreien Diskussion über die Mobilität und die jeweils passenden Antriebe oder Kraftstoffe? Es täte unserer Gesellschaft und deren Überlebensfähigkeit gut, wenn wir in diesem die Zukunft entscheidenden Thema endlich vom Glauben zum Wissen kämen. +++ ampnet/peter schwerdtmann