Klartext von Radtke: Ist der Vergleich mit der Titanic realitätsfremd?

Die Lage im Land, Ukraine und die Politik

Klaus-Radtke

Gestern, meine lieben, geschätzten Leser, saß ich – für mich eigentlich untypisch – in einem Café. Gegen 15:00 Uhr. Dort saßen vor allem tiefenentspannte Rentner vor ihren Tellern mit wohlausgewählten Kuchenstücken und einem Tee, Kaffee oder Cappuccino. Sich munter unterhaltend. Die Welt schien für einen Augenblick in bester Ordnung. Was soll einen Rentner auch noch beunruhigen, außer der persönlichen gesundheitlichen Perspektive oder eventuellen Schicksalsschlägen im Familien- oder Freundeskreis.

Die Renten sind sicher so schlecht nicht – zumindest für die meisten reicht es, um gut zu leben. Und die Ansprüche sinken bekanntlich mit zunehmendem Alter. Nun muss man sich vergegenwärtigen, dass die Altersgruppe der über 55-jährigen in unserem Land knapp 32 Prozent ausmacht. Weitere etwa 7 Prozent der Bevölkerung beziehen Sozialleistungen, von denen sie ebenfalls zumindest einigermaßen leben können. Etwa 12 Prozent der Bürger gehören zu den sogenannten Reichen, also denen, die im Jahr über 80.000 Euro verdienen. Macht zusammen 51 Prozent. Von Armut bedroht sind etwas mehr als 21 Prozent der Bevölkerung. Der Rest, also 28 Prozent arbeitet hart für seine Existenz. Es ist mir wichtig, diese Verteilung einmal aufzuzeigen. Warum? Weil wir an diesen Zahlen erkennen können, warum es in Deutschland so ruhig ist. Trotz einer absolut desolaten Situation und noch bedrohlicheren Entwicklung. Der Leidensdruck ist noch nicht hoch genug. Die meisten werden sich sagen: Es wird schon nicht so schlimm kommen, und für mich wird es irgendwie noch reichen. Wenn das mal kein Trugschluss ist. Man muss kein Rechengenie sein. Und auch nicht Volkswirtschaftslehre studiert haben. Doch was in unserem Land gerade geschieht, wird meines Erachtens völlig unterschätzt und verharmlost. Wenn man sich allein die Situation der Automobilbranche inklusive der gesamten Zulieferindustrie ansieht, dann muss einem klar werden, was hier gerade geschieht. Und das ist nicht die einzige Branche, die aktuell ins Wanken gerät. Auch in der Stahlindustrie, der Bau- und der Chemiebranche und vielen anderen Bereichen sieht es nicht gut aus. Es ist zu viel ins Rutschen gekommen.

Das Problem daran ist vor allem die einsetzende Kettenreaktion, deren Schwung zunehmend Fahrt aufnimmt, wenn die ersten Ankündigungen drastischer Sparmaßnahmen, also Werksschließungen, Entlassungen, Lohnkürzungen und sonstige soziale Grausamkeiten umgesetzt werden. Dann gerät das gesamte System ins Wanken. Denn es zieht Arbeitslosigkeit, einen erheblichen Einbruch von Steuereinnahmen und dramatische Kaufkraftverluste nach sich. Und dies vor dem Hintergrund einer inflationären Entwicklung, also hohen Lebenshaltungskosten und riesigen Haushaltslöchern, die nun erst richtig an Dynamik im negativen Sinne gewinnen. Alle Sozialsysteme stehen vor dem Bankrott. Milliarden für Migration. Die Krankenhäuser sind pleite. Die Kommunen am Anschlag. Wer das alles nicht sieht, dem ist nicht zu helfen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich möchte hier keine apokalyptische Vision verbreiten. Doch ich sehe es als meine Aufgabe, meine Pflicht, diese Gefahren deutlich aufzuzeigen und davor zu warnen. Natürlich würde ich mich darüber freuen, wenn es anders käme. Wenn es aber so weiter geht, dann werden wir auch wieder über Zwangshypotheken und andere unangenehme Maßnahmen nachdenken müssen. Daher erinnere ich ungern an die fröhliche und ausgelassene Stimmung auf der Titanic. Was Sie tun können? Mit Ihren Landtagsabgeordneten und Bundestagsabgeordneten sprechen, sie anschreiben, zur Wahl gehen und sich dabei sehr gut überlegen, wer diesem Land eine positive und gedeihliche Perspektive geben kann.

Ukraine und die 1.000 Tage Krieg

Viele wissen, dass der Krieg schon vor den letzten 1.000 Tagen begann. Bereits Ende Februar 2014 fing es mit dem Konflikt um die Halbinsel Krim an. Seitdem sterben unzählige Menschen in einem grausamen Krieg mit den brutalsten Vernichtungswaffen. Russland ist nicht zu bremsen und eskaliert die Situation kontinuierlich. Da mutet es schon sehr merkwürdig an, dass gerade Russland ständig neue rote Linien definiert und immer größere Drohungen gegen den Westen richtet. Doch wie verhält sich Russland selbst? Da wird auf zivile Opfer keine Rücksicht genommen. Ständig wird hier eskaliert. Letztlich mit dem zusätzlichen Einsatz von bis zu 15.000 nordkoreanischen Soldaten. Doch bei jeglichen Reaktionen des Westens wird von einer unzulässigen Eskalation gesprochen, die schwere Konsequenzen nach sich ziehen wird. Auch für mich ist es unerträglich, jeden Tag dieses Leid mit ansehen zu müssen. Und natürlich stellt man sich die Frage, ob es nicht eine diplomatische Lösung geben könnte. Und selbstverständlich ist man nicht so blauäugig und glaubt alles, was man so hört. Man hinterfragt, was die Gründe für den Überfall, für den Krieg sind. Sicher geht es auch um Bodenschätze und geopolitischen Einfluss. Doch das Völkerrecht darf von niemandem missachtet werden. Bisher sind die russischen Drohungen nicht wahr gemacht worden. Und bei aller Angst vor einem Atomkrieg. Die ungefähr 4.500 Atomsprengköpfe der Russen können zwar die Welt mehrfach in Schutt und Asche legen. Doch die Gegenseite ist atomar ebenfalls hoch gerüstet. Einen Atomkrieg überlebt niemand. Das weiß auch Putin. Das Risiko und die Endgültigkeit eines atomaren Einsatzes und die daraus resultierenden Folgen sind so hoch, dass ich niemandem zutraue, damit wirklich zu beginnen. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir uns aufgrund solcher Drohungen nicht einschüchtern lassen dürfen. Und was wäre das für eine Welt, in der der militärisch Stärkere sich alles nehmen könnte, was ihm beliebt. Der Fehler wurde zu Anfang gemacht. Hätten die USA, die Nato vom ersten Tag an alles getan, um die russische Armee aus dem Land zu werfen, wäre es erledigt gewesen. Aber es hat alles zu lange gedauert.

Und man hat in der Folge immer nur das getan, was die Verteidigungsfähigkeit einigermaßen aufrechterhalten hat. Nicht mehr und nicht weniger. Das war aber unzureichend. Meines Erachtens ist die Angst vor einem russischen Angriff auf die Nato oder deren Mitgliedsländer auch übertrieben. Denn es ist klar zu erkennen, dass das große und hochgerüstete Russland mit einer der größten Armeen der Welt seine Schwierigkeiten hat, die Ukraine einzunehmen. Wie sollte dann Russland mit der gesamten Nato fertig werden? Wobei ich davon ausgehe, dass andere Länder eine bessere Armee und Ausstattung haben, als gerade wir Deutschen. Das ist zumindest meine Hoffnung. Also 32 Länder, die im Falle einer Übergriffigkeit Russlands zurückschlagen würden. Es ist traurig, dass gerade auf der Klimakonferenz in Brasilien viele Länder zum Ausdruck gebracht haben, dass sie der Krieg in der Ukraine nichts angehe. Auch die „neutrale“ Position Chinas enttäuscht. Das ist für mich eine völlig falsche Einstellung. Jeder Krieg auf dieser Welt sollte alle Länder und Menschen etwas angehen. Nachdem Nordkorea Russland mit Soldaten, Drohnen und anderen Waffen unterstützt, sagte Südkorea der Ukraine Unterstützung zu. Davon hört man leider nichts mehr. Hoffentlich dauert das nicht auch wieder so lange. Wünschenswert ist eine baldige Beendigung dieses unheilvollen Konfliktes. Und das geht nur mit konsequenter und deutlicher Unterstützung, die Russland zeigt, dass der Preis zu hoch ist.

Politik

Nun ist es Fakt. Die Koalitionsverhandlungen in Thüringen sind abgeschlossen. Es kommt zu einem Bündnis zwischen CDU, SPD und BSW. Enttäuschend. Ich zitiere aus einem Papier der CDU namens „Unsere Haltung zu Linkspartei und AfD“: Wie sieht die Beschlusslage der CDU Deutschlands aus? Die CDU Deutschlands hat hierzu eine klare Beschlusslage: Keine Zusammenarbeit mit der Linkspartei. Keine Zusammenarbeit mit der Alternativen für Deutschland. So haben wir es auf dem 31. Parteitag der CDU Deutschlands am 8. Dezember 2018 in Hamburg beschlossen „Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab.“

Diese Position ist seit 2018 immer wieder deutlich artikuliert worden. Die Frage ist aber: Wer oder was ist denn das BSW? Das ist eine auf eine Person zugeschnittene Partei, deren Funktionsträger alle aus der Linkspartei kommen! Also müsste doch für diese Partei ebenfalls gelten: Keine Zusammenarbeit. Anscheinend kommt es jedoch nicht auf Glaubwürdigkeit und Vertrauen an. Bedauerlicherweise geht es wieder einmal um Macht um jeden Preis. Um Posten, Privilegien und Einkommen. Interessant ist auch, dass viele SPD-Bundestagsabgeordneten plötzlich nicht mehr Scholz als Kanzlerkandidaten haben wollten, sondern Pistorius. Motivation dafür war offensichtlich der drohende Verlust des Bundestagsmandates. Erst da kam bei vielen richtig Panik auf. Nach den aktuellen Umfrageergebnissen müssten die Hälfte der SPD-Genossen ihre Koffer packen. Das wäre für sie schmerzlich. Bei solchen Gelegenheiten frage ich mich wirklich, ob diese Herrschaften eigentlich noch wissen, warum sie im Bundestag sitzen. Es geht um ihre Wähler, es geht um die Menschen, es geht um das Land. Es wäre erfreulich, wenn das jeder Funktionsträger wieder einmal verinnerlicht und sich daran auch orientiert.

Humoristischen Charakter hatten zumindest zwei politische Vorgänge der letzten Tage. Zum einen das Chaos bei der SPD im Zusammenhang mit dem Thema: Wer wird Kanzlerkandidat der Partei – Scholz oder Pistorius, der nach eigenem Ermessen ja alles werden kann, außer Papst. Einfach köstlich. Und dann die Krönungsmesse des Robert Habeck und seine anrührende Rede am Küchentisch. Der Mann weiß, was bei den „spießigen“ Deutschen ankommt. Nun gut, Essen gehen können sich ja auch nur noch die Wenigsten leisten. Kochen Sie schon einmal vor, damit sie nicht blank dastehen, wenn er zu Ihnen kommt. Manchmal frage ich mich, wie es um Menschen wie Scholz und Habeck bestellt sein muss. Beide haben eine schlechte Bilanz und sind hauptsächlich für die desolate Situation verantwortlich – lassen sich davon völlig unberührt und mit einer derartigen Selbstüberzeugung zum Kanzlerkandidaten ausrufen. Chapeau. Da frage ich mich, ob das für persönliche Stärke oder vielmehr für völlige Fehleinschätzung spricht.

Da fällt mir doch das Lied von Major Tom ein – mit den passenden Sätzen:

Völlig losgelöst von der Erde
Schwebt das Raumschiff völlig schwerelos
Die Erdanziehungskraft ist überwunden
Alles läuft perfekt, schon seit Stunden
Wissenschaftliche Experimente
„Doch was nützen die am Ende?“

Zum Abschluss muss ich noch kurz auf die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten eingehen. ARD und ZDF klagen nun für eine Rundfunkgebührenerhöhung und legen Verfassungsbeschwerde ein. Das ist eine absolute Frechheit. In den letzten Jahren wurde mehrfach über ausschweifende finanzielle Exzesse berichtet. Über Geldverschwendung. Und darüber, dass die Chefs der Sendeanstalten ca. 400.000 Euro pro Jahr verdienen, mehr als der Bundeskanzler. Darüber hinaus ist die Qualität der gebotenen Leistungen mehr als fragwürdig. Hinzu kommen eine subtile Manipulation und teilweise erhebliche (politische) Einseitigkeit. Daher muss der Rundfunkbeitrag eher stark gesenkt werden, eine Erhöhung ist unzumutbar. Das wäre doch ein völlig falsches Signal und man kann nur hoffen, dass die Klage für die Gebührenerhöhung abgewiesen wird. Die Sender müssen zuerst einmal bei sich selbst aufräumen und die enormen Kosten und Ausgaben senken. Herzliche Grüße Klaus H. Radtke. +++

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2 Kommentare

  1. Ja Herr Radtke, jedes Ihrer Worte trifft den „Nagel auf den Kopf“ – aber diese Worte ändern nichts an der Situation dieses Landes – die CDU/CSU werden nach der gewonnenen Bundestagswahl eine Koalition mit GRÜN und SPD bilden und dies nicht zum Wohle Deutschlands sondern zum Wohle der Macht, der eigenen Pöstchen, der eigenen Privilegien und der für Politiker gut gefüllten Futtertröge – man sieht es gerade in Thüringen, es geht der CDU, geführt von einem möglichen Bet*** (evtl. falscher Doktortitel von Mario Voigt/CDU), nicht um Thüringen, es geht den „Parteien der Verlierer“ nur um Macht, zumal es selbst für CDU/BSW/SPD nicht zur Mehrheit reicht, nein man braucht bei wichtigen Entscheidungen auch noch die LINKE, die CDU macht sich zur Blockflöte von Sozialisten und Kommunisten. Und so werden wir nach der BT-Wahl auch wieder Politiker/Politikerinnen in Verantwortung, als Minister sehen, die für die momentane Lage des Landes verantwortlich sind – Scholz/SPD, Habeck/GRÜNE, Baerbock/GRÜNE aber auch Dobrindt/CSU, Bär/CSU, Klöckner/CDU, alle die unter Merkel schon bewiesen haben das sie für Ministerämter ungeeignet sind, werden wir so schnell nicht los.

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