Klartext mit Radtke – Bürger in Not Teil 2

EU, Institutionen, Behörden, Bürokratismus

Der Euro zeigt sich momentan schwach. Am 4. Januar 1999 startet der Handel in Sydney mit 1,1747 Dollar, 2007 waren es 1,47 Dollar, heute sind es gerade noch 1 Dollar. Diese Entwicklung treibt die Inflation weiter an, da viele Rohstoffe, auch das Gas und etliche Import-Güter sich dadurch verteuern. Die gestiegenen Soll-Zinsen stellen nicht nur ein massives Problem für die Unternehmer dar, wie ich bereits anschaulich im ersten Teil berichtete. Auch der private Verbraucher ist stark betroffen. Das Handelsblatt schreibt dazu: „Bauträger stoppen Projekte aufgrund zu hoher Kosten: „Die Stimmung kippt. 87 Prozent mehr für Stahlprofile, 54 Prozent für Stahlbeton: Die Nachfrage auf dem Bau bricht wegen horrender Preissteigerungen für Material und Personal ein. Experten rechnen mit weiteren Verschärfungen.“ In Not geraten ebenso alle diejenigen, deren Kredite aktuell auslaufen und vor Jahren in der „Null-Zins“ Phase günstig finanzieren konnten. Problematisch auch für alle, die jetzt ihr Haus verkaufen wollen oder kreditfinanziert in eine neue Heizungsanlage investieren möchten. Das ist zurzeit kaum noch möglich. Vor allem weil das Zinsniveau gestiegen ist, doch zusätzlich auch die Anschaffungskosten. Und es ist festzuhalten, dass viele Banken sich nicht gerade als Partner an der Seite des Unternehmers oder des Verbrauchers verstehen, sondern oft schonungslos nur die eigenen Interessen verfolgen.

Steuersystem

Klaus H. Radtke, Landesbeauftragter Politik Hessen Bundesverband mittelständische Wirtschaft e.V. (BVMW)

Wir alle erinnern uns sicher noch sehr gut daran. An Friedrich Merz und den Bierdeckel. Das war 2003. Zwischenzeitlich mahnte auch der Verfassungs- und Steuerrechtler Prof. Dr. Paul Kirchhof (der unter Angela Merkel Finanzminister werden sollte, es dann aber nicht wurde, da ihn Gerhard Schröder als den Professor aus Heidelberg betitulierte und Merkel ihn dann fallen ließ) eine Steuerreform an. Heute, nach gut 20 Jahren ist absolut nichts passiert. Im Gegenteil. Alles ist weitaus komplizierter geworden. Kirchhof sagte einmal auf einer Veranstaltung, zu der ich ihn eingeladen hatte sinngemäß: Jeder, der seine Steuererklärung selbst ausfüllt und unterschreibt, macht sich strafbar. Will sagen: es ist so ungeheuer kompliziert geworden, dass selbst Steuerberater oft überfordert sind. Dies ist doch keinesfalls zielführend. Selbst Christian Lindner hat – als er in der Opposition saß – für eine Steuerreform geworben. Es ist einfach unverständlich, dass die Politik nicht in der Lage ist, hier in angemessener Zeit eine dringend notwendige Vereinfachung herbei zu führen. Zudem weise ich explizit darauf hin, dass das Steuersystem auch zu massiven Ungerechtigkeiten führt. So kann ein Wohlhabender bzw. sehr gut Verdienender seine Steuerlast nahezu auf Null drücken. Dazu braucht es nur einen guten Steuerberater mit den erforderlichen kreativen Fähigkeiten und Investitionen in lohnende Objekte. Das steht den „normal“ Verdienern nicht zur Verfügung. Wann also kommt endlich eine Steuerreform, die den Namen auch verdient hat und für mehr Gerechtigkeit sorgen wird?

EU, Institutionen, Behörden, Bürokratismus

Genauso wie man die Mannstärke des Deutschen Bundestag und der 16 Länderparlamente durchaus kritisch in Frage stellen darf, so muss ebenso die Frage gestellt werden, ob sämtliche Institutionen der Europäischen Union in dieser Besetzung notwendig sind. Natürlich fragt man sich diesem Zusammenhang auch, ob die personelle Ausstattung der Ministerien gerechtfertigt und notwendig ist. Je mehr Menschen in all diesen Institutionen und Behörden beschäftigt sind, je größer die Gefahr der Selbstbeschäftigung und der Ineffizienz. Prinzipiell werden bekanntlich immer mehr Aufgaben an den Bürger delegiert – eine Beratung sucht man häufig vergebens. Eine Verschlankung wäre dringend vonnöten. Wir müssen im gesamten Verwaltungsapparat insgesamt unbedingt schlanker, schneller, unkomplizierter und kundenorientierter werden. Absolut unverständlich, dass die EU Deutschland untersagt hat, die Mehrwertsteuer auf die Gasumlage entfallen zu lassen. Deutschland hat Griechenland gerettet und Italien unterstützt aber darf keine eigenständige Entscheidung über die Mehrwertsteuer bei der Gasumlage treffen. Wer kann das noch nachvollziehen? Und noch zwei Punkte, die man durchaus als skandalös bezeichnen kann. Zum einen der Grundsteuer Wahnsinn. Die Wut der Hauseigentümer wächst, da diese Maßnahme einen großen Aufwand bedeuten und zudem viele Wohnungs- und Hausbesitzer zukünftig teilweise das zehnfache bezahlen müssen.

Energiekosten

Horrorszenarien beherrschen die Zeitungs- und Medienberichte der letzten Tage. Auch hier zitiere ich das Handelsblatt: „Über 2.000 Prozent: Strompreise springen auf Rekordhoch. Noch nie war Strom so teuer wie jetzt. Die Verbraucher profitieren noch von alten Verträgen, doch das dürfte sich bald ändern. Besserung ist nicht in Sicht.“ Gas, Strom und Gasumlage, es wird teuer für den Bürger. Für ein ungedämmtes Haus fallen konkret für Heizung und Warmwasser ca. 12.000 Euro Kosten pro Jahr an. Wer kann das noch bezahlen? Die Gasumlage ist eine Frechheit. Bürger dürfen nun Konzerne vor der Pleite retten. Viele Verbraucher haben sich erst vor kurzem eine neue Gasheizung angeschafft, um Kosten zu sparen und etwas für das Klima zu tun. Und nun? Betreiber von Ölheizungen zahlen nichts. Für Fehlentscheidungen der ehemaligen Kanzlerin büßen nun die Bürger. Der Entschluss, die AKWs abzuschalten, wurde ausschließlich auf emotionaler Basis getroffen, war sachlich durch nichts gerechtfertigt. Aber nahezu jeder jubelte. Nach dieser Entscheidung wurden in Frankreich, Polen, Tschechien und anderen Ländern an der Grenze zu Deutschland Kernkraftwerke gebaut und in Betrieb genommen. Sogar ausländische Diplomaten sagten mir damals, sie würden es lieber sehen, wenn unsere Kraftwerke weiter betrieben würden, die befänden sich wenigstens auf dem höchsten Sicherheitsstandard. Im Übrigen beträgt der Strompreis in Deutschland aktuell ca. 37,14 Cent. In China beträgt er ca. 0,81 Cent. Ja, Sie lesen richtig. Da darf man sich nicht wundern, dass in China die Wirtschaft brummt. Weltweit beträgt der Durchschnittspreis 13,8 Cent. Dass wir den weltweiten Spitzenplatz (nach Frankreich) einnehmen ist nicht mehr länger hinnehmbar. Die gesamte Energiewende hat sich zu einem Alptraum, zu einem Rohrkrepierer entwickelt, da wir nun wieder klimaschädliche fossile Brennstoffe wie Stein- und Braunkohle verwenden und die Kosten explodieren. Nun das „Beste“ – ob Sie es nun glauben oder nicht. Frankreich hat sage und schreibe 56 Atomkraftwerke, die normalerweise 70 Prozent des Stromverbrauchs abdecken. Doch aufgrund von technischen Problemen und Wartungsarbeiten sind nur die Hälfte davon am Netz. In Frankreich heizen viele Haushalte mit Strom. Inzwischen deckelt Frankreich den Strompreis aus Angst vor den Gelbwesten. Nun wird Strom aus Deutschland, der mit Gaskraftwerken produziert wird, nach Frankreich exportiert. Seit Jahresbeginn bereits 12,7 Terrawattstunden. Letztlich auf Kosten der deutschen Verbraucher. Der ist in Frankreich hingegen durch die Deckelung geschützt. Das ist eine Unglaublichkeit. Brauchen wir hier auch Gelbwesten, damit die Interessen der Bürger seitens der Politik nicht völlig aus den Augen geraten?

Ethik, Moral

Schließen möchte ich den zweiten Teil von Bürger in Not wiederum mit dem Thema Ethik und Moral. Die Selbstbedienungsmentalität und Maßlosigkeit in vielen Bereichen zeigt sich sehr deutlich an dem Fall der rbb Intendantin Patricia Schlesinger. Das Ausmaß ist gewaltig. Schlesinger bewirtete Zuhause gerne illustre Gäste. Den Cateringservice aber bezahlte nicht sie mit ihrem üppigen Jahresgehalt von 300.000 Euro. Die Kosten trug der Sender – und damit der Gebührenzahler. Letztens waren es neun Gäste. Für die gab es ein Vier-Gänge-Menü, sechs Flaschen französischen Rotwein für 28,45 Euro das Stück, sechs Flaschen französischen Weißwein für 24,65 Euro je Flasche, aber auch zwei Flaschen Champagner der Marke Veuve Clicqout für insgesamt 83 Euro. Neben den Kosten für Tischwäsche, Service und Küche sowie Lieferung für 227,50 Euro betrug die Rechnung 1.154,87 Euro. Wir Gebührenzahler sind ihr selbstverständlich dankbar, denn es hätte weitaus teurer werden können. Was will man von Menschen erwarten, die in solchen Sphären schweben? Glaubt wirklich jemand, dass Politiker wie ein Christian Lindner, ein Friedrich Merz oder Martin Schulz (um Ausgewogenheit zu praktizieren) um die Nöte der Menschen wissen? Vielleicht. Doch was machen sie daraus? Unsere Bundestagsabgeordneten, unsere Volksvertreter sind gefragt. Wo sind sie in dieser Situation? Und die Opposition. Von der ist ebenfalls wenig zu sehen. +++ Klaus H. Radtke

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Sehr geehrte Leser,
zunächst entschuldige ich mich ausdrücklich bei denen, die eventuell monieren, dass ich nicht gendere. Zur Beruhigung mag gesagt sein. Es heißt schließlich „die Leser“, insofern könnten sich nur die männlichen Leser nicht genügend sichtbar gemacht fühlen. Damit kann ich leben. Ein zusätzliches Wort in eigener Sache: In einigen Rückmeldungen seitens der Leserschaft empfahl man mir, deutlichere Formulierungen für die Missstände und Fehlentwicklungen zu finden. Dieser Bitte möchte ich gerne entsprechen – darf aber darauf hinweisen, dass ich auch zukünftig stets versuche, sachlich, informativ und objektiv zu bleiben. Natürlich schließt das einen gewissen Sarkasmus oder Ironie nicht aus. Sollten Sie den ersten Teil nicht gelesen haben, so können sie ihn jederzeit nachlesen. Dabei ging es um Inflation, Unternehmen, Mittelstand, Arbeitsplätze, Stagflation, Fachkräftemangel, Lohnerhöhungen, Kalte Progression, Rentner und um Ethik und Moral. Zu den neuen Themen.