Klartext mit Radtke – Bürger in Not – Teil 1

Wo liegen aktuell die uns alle belastenden Problemschwerpunkte?

Bisherige Krisen (Corona, Finanz- und Flüchtlingskrise) hatten keine unmittelbaren, besser gesagt finanziell spürbaren Auswirkungen auf die Menschen in Deutschland, doch neuerdings verhält es sich anders. Die Bürger sind mächtig gestresst. Der dritte Pandemiewinter steht vor der Tür, schlüssige und überzeugende Konzepte fehlen. Explodierende Energiepreise, aus dem Ruder laufende Lebenshaltungskosten. Heißt im Klartext: die Krisen kommen bei den Bürgern an. Wo liegen aktuell die uns alle belastenden Problemschwerpunkte?

Inflation

Klaus H. Radtke, Landesbeauftragter Politik Hessen Bundesverband mittelständische Wirtschaft e.V. (BVMW)

Sobald das 9 Euro Ticket und die Tankrabatte auslaufen sowie die Gasumlage anfällt, wird die Inflationsrate individuell im Bereich von 15 % – 20 % liegen. Das bedeutet, dass von einem Nettoeinkommen in Höhe von beispielsweise 50.000 Euro nur noch 40.000 Euro übrigbleiben. Nebenbei erwähnt: die Inflation spült dem Staat (wobei es den in diesem finanztechnischen Sinne gar nicht gibt) hohe Beträge in die Kasse. Es ist erschütternd, wenn ein Ehepaar kürzlich im TV darüber berichtet, sie würden nun ihr gesamtes Einkommen für Miete, Energie und Lebensmittel benötigen – sie wüssten gar nicht, warum sie überhaupt noch arbeiten – Hartz IV wäre für sie eine Alternative.

Unternehmen, Mittelstand, Arbeitsplätze

Viele Unternehmen, vor allem der Mittelstand leiden nach wie vor unter den Lieferkettenabrissen. Dazu gesellen sich der eklatante Fachkräftemangel (trotz 2,4 Mio. Arbeitslosen), die Energiekrise, Corona Eindämmungs-Maßnahmen sowie die bereits gestiegenen Zinsen. Letzteres macht es den Unternehmern zusätzlich schwer, da die Zinslasten und damit die Kreditkosten zunehmen. Die Folge: Der Ertrag sinkt. Denn die gesamten Kostensteigerungen können unmöglich 1 zu 1 auf den Verbraucher abgewälzt werden. Je mehr Unternehmen es schlecht geht, je mehr Unternehmen aufgeben müssen, desto mehr steigt die Kurzarbeit und es droht der Jobverlust, der zu höherer Arbeitslosigkeit führt. Die Gemengelage ist geradezu toxischer Natur. Trigema Chef Wolfgang Grupp aber auch viele Arbeitgeber-Verbände haben bereits eindringlich vor einer solchen Entwicklung gewarnt.

Stagflation

Zurzeit verliert das Wirtschaftswachstum an Fahrt, auf der anderen Seite steigen die Preise kräftig. Daher kommt es zu einer Stagnation in Kombination mit einer Inflation, also einer Stagflation (Kunstwort). Zwei Mittel, die dagegen eingesetzt werden könnten, sind allerdings kontraproduktiv. Der Staat könnte die Wirtschaft mit Aufträgen stützen, dies würde zu weiteren Preissteigerungen führen. Die EZB könnte die Zinsen weiter erhöhen, in diesem Fall würde sie der Wirtschaft im übertragenen Sinne die Luft aus den Reifen lassen.

Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel ist in nahezu jeder Branche offensichtlich. Ein Malermeister, der sich in einer Zeitung verzweifelt über diesen Zustand beklagte, sagte: „Es gibt nur noch Dachlatten auf dem Markt“. Dieser Fachkräftemangel führt dazu, dass Unternehmer zwar Aufträge haben, sie jedoch nicht abarbeiten können. Und dies wiederum führt teilweise zu Geschäftsaufgaben und Arbeitsplatzverlusten. Es stellt sich hier die berechtigte Frage: Warum gibt es bei 1,7 Millionen freien Jobs noch immer 1,6 Millionen Dauerarbeitslose?

Lohnerhöhungen, Kalte Progression

Ein Lichtblick stellen in diesem Zusammenhang Lohnerhöhungen dar. Das Bodenpersonal der Lufthansa erhält bis zu 19,2 Prozent mehr. Das klingt zunächst einmal gut, wenn da nicht die sogenannte kalte Progression wäre. Das bedeutet konkret: Bei einer Lohnerhöhung in einer solchen Höhe steigt der Steuersatz und frisst einen Teil der Erhöhung wieder auf. In Zeiten von Inflation ein Verlustgeschäft. Zur Erklärung: die inflationsbedingten Lohnerhöhungen führen einerseits zu einer höheren Besteuerung der Betroffenen und damit zu höheren staatlichen Einnahmen bei der Einkommensteuer, also einer schleichenden Steuererhöhung (kalte Progression). Die Gehaltserhöhung wird andererseits durch die höhere Inflation komplett verschlungen. Das Ergebnis: Mehr Gehalt, trotzdem weniger netto in der Tasche.

Rentner

Bei der Energiepreispauschale gehen die Rentner leer aus, die 300 Euro brutto (ca. 200 Euro netto) erhalten sie nicht. Argument: da gab es ja die kräftige Rentenerhöhung Mitte des Jahres um ca. 6 % (5,35 Prozent in West- und 6,12 % in Ostdeutschland). Eine Unglaublichkeit. Denn die Erhöhung ist lediglich der längst fällige Inflationsausgleich. Und was bitte schön sind denn 6 % von 1.000 Euro monatlicher Rente? Nach Versteuerung nicht einmal 60 Euro pro Monat. Sarkastisch könnte man ausrufen: Her mit dem Kaviar und dem Champagner. Es ist einfach nur peinlich, dass die Rentner nicht berücksichtigt wurden. Vor allem vor dem Hintergrund, dass ein Arbeitnehmer aus Rumänien (gilt auch für alle anderen EU-Staaten und anerkannte Flüchtlinge, Migranten) für 3 Kinder in der Heimat für 3 Monate knappe 2.000 Euro Kindergeld bezieht. Das monatliche Durchschnittsgehalt beträgt dort aber lediglich 800 Euro. Der EuGH hat vor wenigen Tagen sogar entschieden, dass auch arbeitslose EU-Ausländer in Deutschland Kindergeld kassieren dürfen. Und in Anbetracht der Tatsache, dass der Migrationsanteil in Deutschland inzwischen 27 Mio. (34 % der Gesamtbevölkerung, weiter steigend) beträgt und davon 50 % Sozialhilfeempfänger sind. Wie lange ist das finanzierbar? Dem Vorwurf, Stimmungsmache zu betreiben, möchte ich proaktiv bereits weit von mir weisen, da ich absolut nichts gegen eine Unterstützung jedweder wirklich Bedürftiger im Rahmen einer gewissen, zu erbringenden Gegenleistung habe. Andererseits jedoch nicht akzeptieren möchte, dass die Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, zu kurz kommen. Unverständlich auch, dass das neue Entlastungspaket Familien wohl mit 1.149,00 € und Rentner hingegen lediglich mit 362,00 € berücksichtigt.

Ethik und Moral

In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass der Bundesfinanzminister Christian Lindner von einer Gratismentalität der Deutschen spricht. Die mag es durchaus geben, doch was ist daran verwerflich? Kein Bürger irgendeines anderen Landes wäre nicht gleichermaßen über eine kostenlose Unterstützung glücklich und würde sie wohl in einer so angespannten Situation sehr begrüßen. Allerdings sagt das gerade jemand, der sich vor Kurzem in einer Kirche hat trauen lassen, obwohl er aus dieser ausgetreten ist und demnach keine Kirchsteuer zahlt. Eine Trauung auf Kosten der zahlenden Kirchen-Gemeinde. Ob die Nähe Lindners zu Porsche oder das maßlose Verhalten der rbb-Intendantin Patricia Schlesinger, die einmal das „Aufklärungs-Magazin“ Panorama moderierte. Es mehren sich Vorfälle dieser Art. Anne Spiegel, die während der Flut in Südfrankreich urlaubte, Peter Manuel Feldmann, der Verfehlungs-Oberbürger-Meister oder der (ex) Landrat des Kreises Ahrweiler, der sich in der Flut-Horrornacht zuerst um seine zwei Privatwagen sorgte – man ist inzwischen sprachlos. Wenigstens den von uns bezahlten Politikern geht es gut.

Man möchte den Politikern eindringlich empfehlen, sich endlich um die drängenden Probleme zu kümmern, Strategien und Konzepte auszuarbeiten, die uns weiterbringen. Dazu gehört sicher nicht, dass die Bundesregierung unter großem Beifall ein Gesetz auf den Weg brachte, wonach man einmal im Jahr das Geschlecht wechseln kann. Schwerer ist es zukünftig, seinen Nachnamen ändern zu lassen als die Biologie zu überwinden. Und solche Entscheidungen sind schließlich wichtiger, als sich mit dem Fracking zu beschäftigen, von dem mehrere Expertenteams nun klar zu Protokoll gegeben haben, es sei keineswegs schädlich. Die Debatte darüber wird seit 2021 verschleppt – obwohl wir in der Energiewende-Falle stecken. Das waren nur einige der Herausforderungen, denen wir alle gegenüberstehen. In meinem nächsten Beitrag, der nicht lange auf sich warten lässt, werde ich Weitere beschreiben. +++ Klaus H. Radtke