Kindertagesstätten: Fachtag zum Thema „Vielfalt bereichert“

Vielfalt macht klug und braucht Mut

Nach der Einleitung von Referentin Daniela Kobelt-Neuhaus stand eine kritische Selbstrefle-xion im Dialog mit dem Sitznachbarn auf dem Programm.

Künzell. Keine universellen Antworten, aber zahlreiche Impulse lieferte ein Fachtag zum Thema „Vielfalt bereichert“, zu dem die Fachberatung für Kindertagesstätten des Landkreises Fulda eingeladen hatte. Im Wiesenhaus der Loheland-Stiftung in Künzell gingen rund 50 Leitungskräfte aus Kindertagesstätten der Region der zentralen Frage nach, wie es in der Praxis des Kindergartens gelingen könne, mit Kindern und deren Eltern, die durch Flucht aus ihren Herkunftsländern in den Landkreis Fulda gekommen sind, eine lernende Gemeinschaft zu bilden.

Am Vormittag verdeutlichte die Referentin Daniela Kobelt-Neuhaus, Vorstandsmitglied der Karl-Kübel-Stiftung für Kind und Familie und Leiterin der Abteilung Fort- und Weiterbildung der Pädagogischen Akademie Elisabethenstift in Darmstadt, welche Herausforderungen und Chancen sich hinter dem Begriff Vielfalt, der unter anderem Religion, ethnische und kulturelle Prägung, sexuelle Orientierung oder Fähigkeiten und Kompetenzen umfasst, verbergen können. Dabei wählte die Referentin den kürzesten Weg zwischen der philosophischen Dimension von Verschiedenartigkeit und dem individuellen Verständnis eines vielschichtigen Phänomens. „Wieviel Vielfalt ist eigentlich erträglich und wo komme ich bei diesem Thema an meine persönlichen Grenzen?“ fragte die Referentin nach kurzen einleitenden Worten und bat das Auditorium um kritische Selbstreflexion im Dialog mit dem Sitznachbarn. Der provokante „Eisbrecher“ führte ohne Umwege zu einer entscheidenden Erkenntnis im Umgang mit Vielfalt: „Vielfalt braucht Worte und Mut!“

Es sei wichtig, die eigenen Grenzen zu erkennen und zu benennen. „Stauen Sie nichts an, es kommt als Vorurteil wieder heraus“, verdeutlichte Kobelt-Neuhaus. „Bennen Sie Unterschiede sofort und machen Sie auf wertschätzende und klare Art und Weise deutlich, wo Ihre Grenzen im Umgang miteinander sind.“ Trotz Sprachbarrieren sei es möglich, sich auszudrücken, denn auch Mimik und Gestik transportierten entsprechende Botschaften. „Die Kinder der Flüchtlingsfamilien sind unbefangener und lernen sehr schnell. Sie sind der Zugang und die Brücke zu den Eltern. Und wenn wir langfristig voneinander lernen wollen, müssen wir die Eltern mitnehmen“, betonte die gebürtige Schweizerin. Dies gelte sowohl für die Flüchtlingsfamilien als auch für die deutschen Familien. Anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis wurde deutlich, dass ein permanenter Balanceakt von Abgrenzen und sich Einbringen eine Konsequenz der Vielfalt ist. „Man muss immer wieder neu mit der Vielfalt umgehen – das macht es so anstrengend, sie zu leben. Sie ist nicht immer bereichernd, und wir können auch nicht alles brauchen, was mitgebracht wird, aber wir können es aufnehmen und unseren Horizont erweitern. Vielfalt macht klug“, so die Referentin.

Anschließend erläuterte Kobelt-Neuhaus die vielfältigen Herausforderungen im Alltag von Kita-Leitungen und pädagogischem Personal, berichtete von individuellen Lösungsansätzen aus der eigenen Erfahrungsschatzkiste und gab einige Empfehlungen sowie Bedingungen für ein Gelingen mit auf den Weg. „Werden Sie Brückenbauer und Beziehungsstifter. Stellen Sie Fragen, entwickeln Sie einen Blick für Ressourcen statt sich an Defiziten zu orientieren, arbeiten Sie nicht für, sondern mit den Familien, setzen Sie sich konkrete und realisierbare Ziele, nutzen Sie Qualifizierungs- und Fortbildungsangebote, bilden Sie Netzwerke und tauschen Sie sich regelmäßig aus.“ Die Möglichkeit zum intensiven Austausch wurde am Nachmittag im Rahmen von Workshops genutzt, in denen auch verschiedene Fragestellungen des Vormittags vertieft werden konnten. Zuvor hatte Caroline Theisenroth vom Fachdienst Zuwanderung des Landkreises Fulda Zahlen, Daten und Fakten zur aktuellen Flüchtlingssituation präsentiert. „Es war insgesamt eine gelungene Veranstaltung, die sehr gut angenommen wurde, die Fragen beantwortet, ein realistisches Bild vermittelt und gleichzeitig Mut gemacht hat“, so das Fazit der Organisatorinnen. +++ fuldainfo | hey