Kinderhilfswerk fürchtet Schwächung der Kindergrundsicherung

Schneider hält Ziel der Kindergrundsicherung für gescheitert

Vor dem geplanten Kabinettsbeschluss zur sogenannten Kindergrundsicherung am Mittwoch befürchtet der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, dass die Unterstützung für arme Kinder im parlamentarischen Verfahren abgeschmolzen werden könnte. „Das Deutsche Kinderhilfswerk ist äußerst besorgt, dass bei der geplanten Kindergrundsicherung das Ziel in Gefahr gerät, die Kinderarmut in Deutschland spürbar zu senken“, sagte Krüger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es ist vielmehr zu befürchten, dass im weiteren Verfahren in Bundestag und Bundesrat die Kindergrundsicherung weiter zusammengestrichen wird.“

Was es brauche, sei aber ein Paradigmenwechsel. Kinder und Jugendliche dürften nicht weiter als Bittsteller von Sozialleistungen gesehen werden, sondern es sei die Aufgabe des Staates, allen Kindern die für ihr gutes Aufwachsen notwendigen finanziellen Mittel zukommen zu lassen. „Dieser Kerngedanke der Kindergrundsicherung scheint jetzt mehr und mehr abhanden zu kommen“, fürchtet Krüger. Das Kinderhilfswerk dringt deshalb darauf, dass die Höhe der Kindergrundsicherung das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben von Kindern und Jugendlichen tatsächlich abdeckt. „Das wird mehr Geld kosten als bisher veranschlagt“, sagte Krüger den Funke-Zeitungen. Die Mehrkosten seien aber eine notwendige Investition des Staates in die Zukunftsfähigkeit des Landes. Die Organisation warnt davor, nach einer möglichen Verabschiedung der Kindergrundsicherung „die Hände in den Schoß zu legen“. Mit einer reinen Zusammenfassung einiger bisheriger Unterstützungsleistungen „kommen wir bei der Bekämpfung der Kinderarmut nicht entscheidend voran“, erklärte Krüger. „Wir brauchen vielmehr auch Leistungsverbesserungen, die über die bisherigen Bürgergeld-Regelsätze hinausgehen.“ Die Kindergrundsicherung dürfe nicht alleine stehen, sondern müsse eingebettet sein in eine Gesamtstrategie, die neben monetären Leistungen auch ein starkes Augenmerk auf infrastrukturelle Bedingungen zur Unterstützung von Familien und ihren Kindern lege. Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik seien ebenso zu berücksichtigen, wie Familien- und Bildungspolitik, Gesundheits- und Sozialpolitik sowie Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaupolitik. „So wie die Ursachen und Folgen von Kinderarmut mehrdimensional sind, müssen dabei alle politischen, staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure armutssensibel bei der umfassenden Bekämpfung von Kinderarmut und sozialer Exklusion, beim Aufbrechen von klassistischen Strukturen zusammenarbeiten“, sagte der Präsident des Kinderhilfswerks.

Schneider hält Ziel der Kindergrundsicherung für gescheitert

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hält die Pläne der Bundesregierung für eine Kindergrundsicherung für völlig unzureichend, um Kinderarmut in Deutschland abzubauen. „Die sogenannte Kindergrundsicherung der Ampel ist schon vor ihrem Beginn an ihrem wichtigsten Ziel, der Bekämpfung von Kinderarmut, gescheitert“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in Armut auf. Es ist schlicht unbegreiflich, dass sich die Bundesregierung trotzdem nicht zu einer Erhöhung der Leistungen durchringen konnte. Im Gegenteil droht für einige Kinder, zum Beispiel im Asylbewerberleistungsgesetz, sogar eine Verschlechterung.“ Das Bundeskabinett will sich am Mittwoch mit der Kindergrundsicherung beschäftigen. Am Wochenende hatte sich die Bundesregierung bezüglich letzter Details geeinigt. CDU-Vizevorsitzende Silvia Breher kritisierte das Gesetz als „familienpolitische Mogelpackung“. Der Entwurf werde nicht dazu beitragen, Kinderarmut abzubauen, sagte die Familienpolitikerin dem RND. „Mehr Bürokratie, verschiedene Anlaufstellen insbesondere für Bürgergeldempfänger – ein reiner Behördendschungel.“ Sie rechnet angesichts des zustimmungspflichtigen Gesetzes mit Debatten im Bundesrat. „Weiterhin ignoriert die Bundesfamilienministerin sämtliche Warnungen zum bürokratischen Mehraufwand ihres Gesetzentwurfs von Experten, Ländern und Kommunen. Schon insofern besteht auch im Bundesrat sicherlich noch umfassender Diskussions- und Klärungsbedarf.“ Breher forderte ein „Kinderzukunftsprogramm“. Es müsse in frühkindliche Bildung investiert werden, sagte sie.

Sozialverbände fordern Kindergrundsicherung auch für Geflüchtete

Etliche Sozialverbände fordern, dass es die Kindergrundsicherung auch für Geflüchtete geben soll. „Die Kinderrechtskonvention verbietet eine Diskriminierung von Kindern aufgrund von Herkunft und Aufenthaltsstatus; alle Kinder haben dieselben Rechte – etwa auf gesundes Aufwachsen, soziale Teilhabe und die Wahrung des menschenwürdigen Existenzminimums“, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten gemeinsamen Statement der Organisationen. „Deshalb muss die Kindergrundsicherung eine Leistung für alle Kinder in Deutschland sein.“ Schon jetzt hätten geflüchtete Kinder schlechtere Startchancen, heißt es dort weiter. „Der Kindersofortzuschlag wurde für Kinder von Asylbewerbern kassiert, damit wurde der Gleichbehandlungsgrundsatz gekippt“, ergänzte SoVD-Chefin Michaela Engelmeier. Für sie sei nicht nachvollziehbar, warum die Kindergrundsicherung nicht auch für Kinder gelten solle, deren Familien Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhielten. „Hier muss zwingend nachgebessert werden“, fordert sie. +++

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