Kein Ende des Krieges in der Ukraine in Sicht

Frankreichs Ex-Präsident Hollande kritisiert Schröder

Auch am sechsten Tag nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine ist kein Ende des Krieges in Sicht. Man werde die „Militäraktion“ fortsetzen, bis die „von Russland gesetzten Ziele“ erreicht seien, sagte der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu am Dienstag. Er wiederholte die russischen Behauptungen, sich mit dem Angriff auf die Ukraine vor einer militärischen Bedrohung durch westliche Länder schützen wollen. Zudem warf er der Ukraine vor, Zivilisten als „menschliche Schutzschilde“ zu nutzen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen vom Dienstag sind seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine mindestens 136 Zivilisten getötet worden. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher sein. Nach aktuellen UN-Angaben sollen zudem mehr als 660.000 Menschen aus der Ukraine geflohen sein. Russland hatte in den vergangenen Tagen mehrere Raketenangriffe auf ukrainische Städte durchgeführt. Unter anderem stand die Millionenstadt Charkiw mehrfach unter russischen Beschuss. Am Dienstag hatten ukrainische Behörden einen größeren Raketenscheinschlag im Zentrum der Stadt gemeldet, wobei auch ein Stadtverwaltungsgebäude getroffen worden sein soll. Die Ukraine wirft Russland vor, schwere Waffen gegen die Zivilbevölkerung einzusetzen und Kriegsverbrechen zu begehen. Signale der Entspannung gibt es weiter nicht. Erste Gespräche zwischen Russland und der Ukraine in Weißrussland waren zuletzt gescheitert.

Umfrage: Mehrheit befürwortet Waffenlieferungen an Ukraine

Eine Mehrheit der Deutschen befürwortet mittlerweile Waffenlieferungen an die Ukraine. In einer Forsa-Umfrage für RTL und n-tv gaben 78 Prozent der Befragten an, eine entsprechende Entscheidung der Bundesregierung zu unterstützen. Diese hatte am Wochenende entschieden, der Ukraine 1.000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen aus Beständen der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen. 16 Prozent der Befragten finden diese Entscheidung nicht richtig. Etwas größere Vorbehalte gegen Waffenlieferungen an die Ukraine gibt es unter den Befragten aus Ostdeutschland (34 Prozent) und den Anhängern der Linkspartei (34 Prozent). Mehrheitlich abgelehnt werden Waffenlieferungen von den Anhängern der AfD (52 Prozent). Die Bundesregierung will außerdem ab sofort die Verteidigungsausgaben Deutschlands deutlich erhöhen und der Bundeswehr noch im laufenden Bundeshaushalt 100 Milliarden Euro für Ausstattung und Waffen zur Verfügung stellen. Diese Entscheidung der Bundesregierung finden ebenfalls 78 Prozent der befragten Bundesbürger richtig. 16 Prozent finden die Entscheidung nicht richtig. Gespalten sind in dieser Frage nur die Anhänger der Linkspartei, wobei auch von ihnen die Hälfte die angekündigte Erhöhung der Verteidigungsausgaben richtig findet. 50 Prozent der befragten Bundesbürger befürworten eine künftige Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union. 31 Prozent lehnen eine Aufnahme der Ukraine in die EU ab. 19 Prozent haben zu dieser Frage keine Meinung. Mehrheitlich gegen einen EU-Beitritt der Ukraine sind die Anhänger der AfD (67 Prozent). Eine mögliche Aufnahme der Ukraine in die NATO befürworten mit 45 Prozent etwas weniger Bundesbürger als einen EU-Beitritt. 37 Prozent lehnen eine Aufnahme der Ukraine in die NATO ab. 18 Prozent haben dazu keine Meinung. Über zwei Drittel der Befragten (69 Prozent) befürchten, dass sich der Krieg in der Ukraine zu einem Krieg zwischen Russland und der NATO ausweiten und in einen „dritten Weltkrieg  “ münden könnte. 25 Prozent befürchten das nicht. Für die Erhebung wurden am 28. Februar 1.002 Personen befragt.

Frankreichs Ex-Präsident Hollande kritisiert Schröder

Der ehemalige französische Staatspräsident François Hollande hat das Engagement des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder für den russischen Gaskonzern Gazprom scharf kritisiert. „Wir haben keine Zwangsmittel gegen ihn außer der Moral, aber die Moral zählt“, sagte er der „Zeit“. Niemandem sei es verboten, Geschäfte zu machen, aber man sei nicht verpflichtet, „mit dem zu Teufel speisen, auch nicht mit einem langen Löffel“. Hollande begrüßte unterdessen die deutsche Kehrtwende in der Sicherheitspolitik und forderte weitere Sanktionen gegen Russland. „Ich erwarte von Deutschland, dass es mehr Geld für seine Landesverteidigung ausgibt und sich aus der Abhängigkeit von russischem Öl und Gas befreit“, sagte er der Wochenzeitung. Er lobte die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr ausgeben zu wollen. „Dies ist eine sehr wichtige Entscheidung, die das Europa der Verteidigung nun möglich macht. Frankreich kann diese Geste nur begrüßen und auf schnelle Taten hoffen.“ Zugleich drängt der frühere Präsident darauf, auch den russischen Energiesektor mit Sanktionen zu belegen. „Wir sind bei den Sanktionen noch nicht weit genug gegangen“, sagte er. „Wenn wir Russland bestrafen wollen, müssen wir auch die Konsequenzen für unseren eigenen Lebensstil tragen. Das ist die Voraussetzung für Effizienz und Solidarität.“ Wenn Deutschland seine Öl- und Gaslieferungen ausnehme, „dann hat Putin gute Aussichten, die Ukraine zu zerschmettern“. Um ihn kurzfristig zurückzudrängen, reiche es nicht aus, die Staatsspitzen und die Banken zu sanktionieren. +++