Islam-Experten rufen zu sachlicher Debatte in Deutschland auf

Integrationsdebatte entislamisieren

Frauen in Vollverschleierung
Frauen in Vollverschleierung

Berlin. Angesichts einer immer hitzigeren Debatte über den Islam in Deutschland mahnen führende Islamwissenschaftler zu mehr Sachlichkeit. Gegenüber „Bild“ Nadjma Yassari, Islam-Expertin am Max-Planck-Institut: „Was wir seit einigen Jahren in Deutschland erleben ist eine Art Sippenhaft, bei der die Muslime für alles, was in den islamischen Ländern passiert, mitverantwortlich gemacht werden.“ Sie kritisierte: „Wir sprechen aneinander vorbei. Vermischen Internes, was passiert in Deutschland, mit Externem, was passiert woanders.“

Yassari schlug vor, „die islamischen Gemeinden in Deutschland in die Struktur der Kirchensteuer einzubinden, damit die Finanzierung und die Einflussnahme aus dem Ausland aufhört“. Der Politologe Hamed Abdel-Samad kritisierte gegenüber der Zeitung, eine friedliche Mehrheit der Muslime sei hierzulande „nicht imstande, die Macht der konservativen Islamverbände zu unterbinden“. Die Politik sollte „die Integrationsdebatte entislamisieren und die Islamverbände nicht politisch aufwerten“, sagte Abdel-Samad. Die Frauenrechtlerin Seyran Ates erklärte, der Islam werde vielfältig gelebt: „Nicht nur Deutsche, sondern sehr viele Muslime kennen ihre Religion nicht wirklich.“

Die Europäer müssten aufhören, „die Integration des Islam in Europa als nationales Anliegen zu betrachten“, sagte Ates gegenüber dem Blatt. Sie forderte, in Deutschland sollten „ausnahmslos hauptamtlich tätige Imame Deutsch sprechen und das Land sowie die Kultur kennen“. Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide erklärte gegenüber „Bild“: „Ich bestreite nicht, dass es Probleme mit Muslimen gibt. Aber ich bestreite, dass es immer und allein die Religion ist, auf die man einen möglichen oder tatsächlicher reduzieren sollte.“ Die Etablierung des islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen sei dabei eine wichtige Maßnahme. +++ fuldainfo