Immer weniger Wohnungen werden abgerissen

Bauwirtschaft fordert Abrissprämie für Häuser

In Deutschland werden immer weniger Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden abgerissen oder zu Gewerbeflächen umfunktioniert. Im Jahr 2022 fielen knapp 16.500 der insgesamt rund 43,4 Millionen Wohnungen hierzulande durch den Abriss von Gebäuden oder die Umwidmung von Wohn- zu Gewerbeflächen aus dem Wohnungsbestand, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag mit. Der Wohnungsabgang lag damit auf dem niedrigsten Stand seit 1992. Der Höchststand wurde 2004 erreicht: Damals wurden mit gut 60.000 noch mehr als dreimal so viele Wohnungen abgerissen oder umgewidmet als im letzten Jahr.

Ein ähnlicher Trend zeigt sich bei den Gebäuden: Im Jahr 2022 standen durch Abriss oder Umwidmung knapp 12.600 Gebäude nicht mehr zur Verfügung; dazu zählen sowohl reine Wohngebäude als auch Nichtwohngebäude, die in geringerem Umfang ebenfalls zum Wohnen genutzt werden, primär aber anderen Zwecken dienen. Der größte Abgang wurde im Jahr 1998 mit knapp 30.000 Gebäuden verzeichnet. Sowohl Wohn- als auch Nichtwohngebäude werden häufig abgerissen, um den Bau neuer Gebäude zu ermöglichen: Im Jahr 2022 traf dies auf die Hälfte (50 Prozent) der abgegangenen Gebäude zu, wobei mehr als drei Viertel (79 Prozent) der späteren Neubauten als reine Wohngebäude angelegt waren. Eine Nutzungsänderung, also eine Umwidmung von Wohn- zu Gewerbeflächen, war in 37 Prozent der Fälle der Grund für einen Gebäudeabgang. Die Schaffung von Verkehrs- und Freiflächen spielte hingegen nur eine untergeordnete Rolle (sieben Prozent). Abriss oder Umwidmung betreffen vor allem ältere Gebäude: Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der im Jahr 2022 betroffenen Wohn- und Nichtwohngebäude wurden in der Zeit von 1949 bis 1986 gebaut. Knapp ein Drittel (32 Prozent) war noch älter: Sie wurden bis 1948 errichtet. Neuere Gebäude mit Baujahr zwischen 1987 und 2010 wurden deutlich seltener abgerissen oder umgewidmet (14 Prozent). Lediglich ein Prozent der betroffenen Gebäude war ab 2011 errichtet worden. Mehr als die Hälfte (59 Prozent) der im Jahr 2022 abgerissenen oder umgewidmeten Wohn- und Nichtwohngebäude war Eigentum von Privathaushalten, so das Bundesamt weiter. Ein Drittel (33 Prozent) der Gebäude war im Besitz von Unternehmen wie Wohnungsunternehmen oder Kreditinstituten. Sieben Prozent war öffentliches Eigentum, zwei Prozent auf Organisationen ohne Erwerbszweck wie Verbände oder Vereine.

Bauwirtschaft fordert Abrissprämie für Häuser

Vor dem geplanten Wohngipfel von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 25. September wird in der Bau- und Wohnungswirtschaft der Ruf nach staatlichen Stützungsmaßnahmen lauter. So fordert der Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) die Einführung einer staatlichen „Ersatzneubau-Prämie“, also eine Art Abwrackprämie für Häuser, ähnlich der einstigen Abwrackprämie für Autos als Unterstützung für die Fahrzeughersteller. In einem Positionspapier des Lobbyverbands, über welches das „Handelsblatt“ berichtet, heißt es: Bundesweit seien 1,76 Millionen der insgesamt 16 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser in einem Zustand, dass es nicht wirtschaftlich wäre, sie zu modernisieren. Hier wäre es sinnvoller, den bestehenden Bau abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. BDF-Präsident Mathias Schäfer sagte der Zeitung: „Es braucht schnelle und wirksame Impulse der Politik.“ Zuschüsse könnten hier mehr bewegen, als zinsvergünstige Darlehen. Bislang besteht die staa  tliche Förderung von Hauskäufern vor allem in günstigen Krediten der KfW-Bank. Der BDF spricht von einer „völlig verfehlten Förderpolitik“ der Bundesregierung. In dem Papier heißt es weiter, „der Kauf stark sanierungsbedürftiger und häufig leerstehender Häuser wird aufgrund hoher Kosten oftmals gemieden“. Eine staatliche Ersatzneubau-Prämie könne dazu beitragen, Grundstücke zu schaffen, ohne weitere Flächen zu versiegeln. Anstelle des reinen Neubaus würde der Ersatz von Bestandsbauten treten. Folgende Rechnung findet sich in dem BDF-Papier: Abrisskosten würden je nach Gebäude zwischen 15.000 und 45.000 Euro betragen; demnach sei eine staatliche Prämienhöhe „von mindestens 20.000 Euro angemessen“, die sich in ihrer finalen Höhe am Effizienzstandard des Neubaus orientieren müsse. +++

Sie können uns jederzeit Leserbriefe zukommen lassen.

Diskutieren kann man auf Twitter oder Facebook

Hier können Sie sich für den fuldainfo Newsletter anmelden. Dieser erscheint täglich und hält Sie über alles Wichtige, was passiert auf dem Laufenden. Sie können den Newsletter jederzeit wieder abbestellen. Auch ist es möglich, nur den Newsletter „Klartext mit Radtke“ zu bestellen.

Newsletter bestellen