Hessen plant neue Polizeihochschule

Beuth: „Moderne Hochschule aus einem Guss“

Peter Beuth (CDU)

Die Hessische Landesregierung möchte die Aus- und Fortbildung ihrer Polizei künftig an einer Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit bündeln. Dazu wurde ein Gesetzentwurf zur Gründung der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit (HöMS) in den Landtag eingebracht. Ziel ist es, dass ab Januar 2022 in dieser neuen Hochschule künftig sowohl Anwärterinnen und Anwärter für den gehobenen Verwaltungsdienst als auch für die Laufbahn in der hessischen Polizei studieren. Außerdem sollen alle Fortbildungen für die Beschäftigten der Landesverwaltung von der HöMS organsiert werden. Das Vorhaben ist Teil des Koalitionsvertrags für die laufende Legislaturperiode.

Anlässlich der ersten Plenarlesung erklärte der Hessische Innenminister Peter Beuth: „Wir wollen eine moderne Hochschule ‚aus einem Guss‘ schaffen, die Lehrenden und Studierenden bestmögliche Entwicklungs- und Fortbildungsmöglichkeiten bietet. Studentinnen und Studenten an der HöMS erhalten eine praxisbezogene Perspektive von der Immatrikulation bis zum Ruhestand. In besonders forschungsstarken Fachrichtungen werden auch Promotionen möglich sein, was die Hochschule für angehende Akademikerinnen und Akademiker im Dienste des Landes noch interessanter macht. Als moderne Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätte für den öffentlichen Dienst wird die HöMS zudem das Land als attraktiven Arbeitgeber im Wettstreit um die klügsten Köpfe weiter stärken.“

Die Hessische Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit wird als staatliche Einrichtung des Landes auch die gesamte Aus- und Fortbildung der hessischen Polizei verantworten. Dazu gehören neben der Organisation des Studiums für den gehobenen Polizeivollzugsdienst z.B. auch die Nachwuchsgewinnung oder der Polizeipsychologische Dienst sowie die Weiter- und Fortbildung für alle Polizistinnen und Polizisten in Hessen. Bisher werden diese Aufgaben von der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung (HfPV) sowie der Polizeiakademie Hessen übernommen. An der künftigen neuen Hochschule werden zudem Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftige für den allgemeinen Verwaltungsdienst studieren und ausgebildet. Die Hochschule steht damit sowohl Landesbediensteten als auch den Städten und Gemeinden sowie Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts zur Verfügung. Sie wird über die bisherigen vier Standorte in Gießen, Kassel, Mühlheim und Wiesbaden verfügen. Die HöMS wird eine Hochschule nach dem Hessischen Hochschulgesetz (HHG) und zudem polizeibehördliche Aufgaben nach dem Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) wahrnehmen.

Rudolph (SPD): Innenminister stolpert von einer Problemlage in die nächste

In der Plenardebatte zur Ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Gründung der Hessischen Hochschule für öffentliches Managements und Sicherheit hat der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Günter Rudolph, den langwierigen und teuren Prozess der Fusion der Hessischen Hochschule der Polizei und Verwaltung (HfPV) mit der Polizeiakademie Hessen (HPA) kritisiert. Günter Rudolph sagte am Mittwoch im Hessischen Landtag: „Die Fusion der HfPV und der HPA läuft seit über fünf Jahren – sie hat die Steuerzahler sehr viel Geld gekostet und noch dazu hat sie die beteiligten Einrichtungen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ihrer eigentlichen Arbeit abgehalten. Und dann ist das nun vorliegende Endergebnis auch noch mehr als dürftig.“

Warum die HPA als Polizeibehörde in eine Hochschule integriert werden soll, um sie dann im Rahmen einer Organleiehe als Polizeibehörde vom Land auszuleihen, erkläre sich Rudolph nach wie vor nicht. „Eine Organleihe ist eine Konstruktion für den Fall, dass das Land in einem Bereich keine eigenen Behörden hat. Aber das Land Hessen hat ja eine Polizeibehörde – warum diese also in die Hochschule verschieben“, verdeutlichte Rudolph den schwarzgrünen Irrsinn. Unklar bleibe außerdem, was an der neuen Hochschule „hochschulischer“ sein solle, als an der HfPV. „Hunderte von Polizeivollzugbeamten des gehobenen Dienstes sind auch weiterhin in die polizeiliche Hierarchie eingebunden. Den Bezug zum Wissenschaftssystem können wir hier nicht erkennen“, so Rudolph.
Er kritisierte außerdem den Prozess der Auswahl der Präsidenten. An diesem seien die Hochschulorgane nur scheinbar beteiligt, weil es dem Innenministerium vorbehalten bleibe, die Vorgeschlagenen nicht zu benennen und stattdessen selbst jemand auszusuchen. „Das, Herr Beuth, haben Sie im Vorgriff auf den Gesetzgeber schon getan. Bei der darauffolgenden Klage vor dem Verwaltungsgericht mussten Sie eine Niederlage einstecken, sodass der von Ihnen ausgewählte Bewerber jetzt ein ordentliches Berufungsverfahren durchlaufen muss“, wies Rudolph auf den Fall von Walter Seubert hin, den Beuth vor wenigen Monaten als kommissarischen Rektor der HfPV widerrechtlich berufen hatte.

Insgesamt werde das Projekt deshalb vom Senat und der Vollversammlung der Hochschule zurecht abgelehnt. „Der Fachbereich Verwaltung verlangt bei einer Realisierung des Projektes an eine andere Hochschule ausgegliedert zu werden. Die Gewerkschaft der Polizei droht mit einer Klage, weil die Studierenden aus dem Polizeibereich keine Personalvertretung mehr hätten. Und ob das Konstrukt der künstlichen Organleihe einer verfassungsmäßige Überprüfung Stand hält, ist zumindest unter Juristen durchaus fraglich“, schilderte Rudolph. Der Innenminister stolpere von einer Problemlage in die nächste. Die langjährige Entstehungsgeschichte habe den nun vorliegenden Gesetzentwurf nicht besser gemacht. „Herausgekommen ist ein Gesetzentwurf, der dem Ansatz, die Ausbildung der Polizeianwärter wissenschaftlicher zu gestalten, nicht gerecht wird. Das wird auch die Anhörung eindrucksvoll belegen“, so Rudolph.

Freie Demokraten sehen geplante neue Hochschule kritisch

Die Freien Demokraten im Hessischen Landtag sehen die von der Landesregierung geplante Zusammenführung von Polizei- und Verwaltungsausbildung durch Gründung einer „Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit“ kritisch. „Die geplante Zusammenführung von Polizeiakademie und Hochschule führt zu einer Vielzahl an Systembrüchen, die das ganze Konstrukt infrage stellt“, erklärt Stefan Müller, innenpolitischer Sprecher der Fraktion, anlässlich der heutigen Plenardebatte über einen entsprechenden Gesetzentwurf der schwarz-grünen Landesregierung. „Es steht zu befürchten, dass die Freiheit der Forschung und Lehre in den Hintergrund rücken, da wesentliche Rechte des Hochschulgesetzes für diese Hochschule nicht gelten sollen. Im Vergleich zu anderen Hochschulen soll die neue Einrichtung eine Sonderstellung haben“, kritisiert Müller. „Die Freiheit von Forschung und Lehre darf aber nicht angetastet werden.“ Er ergänzt: „Bei der Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit handelt es sich um eine weitere Behörde, die der Innenminister unter seine Kontrolle bringt. Er hätte nicht nur Einfluss auf den Polizeibereich, sondern auch auf den Verwaltungsbereich. Dazu kommt, dass der Minister den Präsidenten nicht nur ernennt, sondern diesen auch absetzen kann. Offenbar verfolgt der Minister hier die gleiche Strategie wie bei der Besetzung des Spitzenpostens des Landeskriminalamts.“ +++