
Vor dem Hintergrund der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz fordert der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Konstantin von Notz, entschlossenes Vorgehen. Man müsse den "gesamten Instrumentenkoffer der wehrhaften Demokratie gegen Extremisten in den Blick zu nehmen - nicht nur ein mögliches AfD-Verbot", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Die Partei radikalisiere sich seit Jahren. Die Hochstufung durch den Verfassungsschutz sei deshalb nur konsequent. "Es ist schlüssig, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz sich angesichts der mit großen Schritten weiter voranschreitenden Radikalisierung der AfD zur Hochstufung entschieden hat", erklärte der Innen-Experte der Grünen. Insgesamt sei es von zentraler Bedeutung, den Umgang mit einer Partei, die in ihrer Gesamtheit von den Sicherheitsbehörden als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft wird, neu zu bewerten. "Dies gilt zum Beispiel für die Parteien- und Stiftungsfinanzierung", sagte von Notz.
Aber auch der Umgang mit Mitgliedern der Partei, die als Staatsbedienstete von zahlreichen Vorteilen profitieren würden, müsse abermals in den Blick genommen werden. "Meines Erachtens wirft eine Beschäftigung von Personen im öffentlichen Dienst, die Mitglied einer Partei sind, die sich offen gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung stellt, gravierende Fragen auf", sagte der Grünen-Politiker. "Gerade mit Blick auf Beamte, die in der Justiz und in Sicherheitsbehörden tätig sind, ist es sehr drängend, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen." Hier seien alle Verantwortlichen auf Landes- und Bundesebene gefragt.
Im Hinblick auf ein mögliches Verbotsverfahren kommt es seiner Einschätzung nach vor allem auf CDU und CSU an: "Die Union muss ihre Position schnellstmöglich parteiintern klären", sagte er den Funke-Zeitungen. "Denn ohne eine Zusammenführung aller Informationen und die Zustimmung der Union wird es keine Mehrheit für ein Verbotsverfahren geben."
GdP nennt AfD-Äußerungen zum Verfassungsschutz "widerlich"
Nach den Äußerungen führender AfD-Politiker und den Drohungen des thüringischen AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke gegen den Verfassungsschutz stellt sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) demonstrativ vor die Mitarbeiter der Behörde. GDP-Chef Jochen Kopelke sagte der "Rheinischen Post": "Wir verurteilen die versuchte Einschüchterung und Mobilisierung gegen die Institution aufs Schärfste."
Kopelke sagte weiter, die Arbeit des Verfassungsschutzes sei "unerlässlich für die Sicherheit und Stabilität unseres Landes". Vor allem die Äußerungen Höckes seien aus Sicht der Gewerkschaft "widerlich". Der Thüringer hatte gesagt, die Verfassungsschützer sollten sich eine neue Arbeit suchen. "Am Ende wird es wie immer in der Geschichte heißen: mitgehangen - mitgefangen", so Höcke.
Die Bewertung von Extremismus sei keine willkürliche Erfindung des Verfassungsschutzes, so Kopelke weiter. Auch erfolge die Arbeit der Behörde nicht nach politischer Einflussnahme, sondern sei an Recht und Gesetz gebunden. "Das ist der AfD bewusst, verlangt sie doch ein stärkeres Einschreiten gegen Linksextremismus und islamistischen Terrorismus", sagte Kopelke.
Grüne und Linke wollen AfD staatliche Gelder streichen
Nach der Einstufung der AfD als gesichert extremistische Partei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz fordern Grüne und Linkspartei ein Ende der staatlichen Parteienfinanzierung für die AfD. "Die Demokratie darf nicht zulassen, dass sie mit Mitteln aus der Staatskasse ihre eigene Abschaffung auch noch finanziert", sagte Clara Bünger, Innenpolitikerin der Linken, dem "Tagesspiegel".
Die Bundestagsabgeordnete hält die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht für gegeben. "Der Bundestag muss jetzt auch den Mut haben, ein entsprechendes Verfahren in Gang zu bringen", sagte Bünger.
Ähnlich äußerte sich der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Marcel Emmerich. "Die Streichung staatlicher Gelder wäre eine Option der Sanktionierung, allerdings ist auch das sehr voraussetzungsvoll", sagte er dem "Tagesspiegel".
Er plädierte zudem für einen parteiübergreifenden Vorstoß für ein Verbotsverfahren gegen die AfD, zum Schutz der Demokratie. "Damit kann das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der AfD überprüfen. Dieses Instrument ist Teil unserer wehrhaften Demokratie und muss jetzt konsequenterweise genutzt werden", so Emmerich.
Abwartender äußerte sich der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Alexander Throm: "Es bedarf in jeglicher Hinsicht eines kritischen Umgangs mit der AfD", sagte er dem Tagesspiegel. Staatliche Mittel müssten der Partei jedoch nicht gestrichen werden. "Solange die AfD an Wahlen teilnimmt, stehen ihr auch die entsprechenden Rechte auf staatliche Zuschüsse zu. Mehr aber auch nicht", sagte Throm. Auch ein Verbotsverfahren bewertet er skeptisch: "Die AfD muss politisch bekämpft werden."
Verdi verlangt Vorbereitung von AfD-Verbotsverfahren
Nach der Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz hat der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, die Vorbereitung eines AfD-Verbotsverfahrens gefordert. Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte Werneke: "Ein Verbotsverfahren gegen ersetzt nicht die tägliche politische Auseinandersetzung mit der AfD und das Zurückdrängen ihres gesellschaftlichen Einflusses. Nach der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch ist es dennoch an der Zeit, ein Verbotsverfahren vorzubereiten, das erwarte ich von den Ländern und vom Bund."
Der Gewerkschafter machte zugleich deutlich, dass AfD-Mitglieder nach seiner Auffassung im öffentlichen Dienst nicht tragbar sind, sofern sie hoheitliche Aufgaben ausüben. Es gebe dazu seit langer Zeit eindeutige Formulierungen in den Tarifverträgen, etwa in dem für den Bund und die Kommunen. Dort heiße es, dass sich die Beschäftigten "durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen" müssten.
Werneke sagte: "Für Beamtinnen und Beamte gilt dieser Maßstab allemal. Zumindest für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die hoheitliche Aufgaben ausüben und damit unseren Staat im besonderen Sinne repräsentieren, verbietet sich daher die Mitgliedschaft in einer gesichert rechtsextremistischen Partei wie der AfD."
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte am Freitag mitgeteilt, dass es die gesamte AfD jetzt als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Vorher war die Partei ein rechtsextremistischer Verdachtsfall. In einigen Bundesländern galten die dortigen AfD-Landesverbände bereits vorher als gesichert rechtsextremistisch. Welche Folgen die Neubewertung für Beschäftigte des Staates haben könnte, soll auch Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz der Länder sein, die im Juni in Bremerhaven stattfindet. +++
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