Grünen-Verkehrsminister Hermann warnt vor Neuwahlen

Der Zeitplan der Koalitionsverhandlungen gerät laut Hermann in Gefahr

Bei den Grünen wächst der Ärger über mangelnden Fortschritte in den Koalitionsgesprächen mit FDP und SPD. „Was ich höre, klingt nicht so gut“, sagte der grüne Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann, der „Süddeutschen Zeitung“. „Grüne, FDP und SPD liegen im Verkehr aber auch bei anderen Themen wie Klimaschutz noch immer ziemlich weit auseinander“. So gebe es beim Thema Verkehr „einfach noch zu viele nicht geeinte Punkte in den Papieren“.

Hermann warnt bereits vor massiven Konsequenzen einer anhaltenden Hängepartie. „Ich glaube, dass sich alle Seiten noch mal klarmachen müssen: Wenn wir in den nächsten Tagen beim Klimaschutz nicht zusammenkommen, drohen Neuwahlen“, sagte Hermann. „Das kann keiner wollen.“ Auch der Zeitplan der Koalitionsverhandlungen gerät laut Hermann in Gefahr. Die Arbeitsgruppen sollen ihre Ergebnisse schon am Mittwoch vorlegen. Ihm fehle die Fantasie, wie sich die nicht geeinten Punkte in den Papieren in so kurzer Zeit beseitigen ließen. Der Spitzenpolitiker der Grünen bringt deshalb eine Verlängerung ins Spiel. „Wir sollten lieber gut und notfalls auch ein paar Tage länger verhandeln, als uns auf falsche Kompromisse oder schwache Formulierungen im Koalitionsvertrag einzulassen.“ Eine neue Regierung, die sich im Koalitionsvertrag nur „auf schöne Überschriften ohne konkrete Umsetzungsmaßnahmen verständigt, wird eine Transformation dieser Größe nicht meistern“. Vor allem von der FDP fordert der Grünen-Politiker indirekt deutlich mehr Engagement beim Klimaschutz. „Wenn man Subventionen nicht abschaffen will, ein Tempolimit ablehnt und auch kein Verbrennerverbot will, muss man eben andere Vorschläge auf den Tisch legen, die zur Senkung der Treibhausgase im Verkehr führen. Das erwarte ich von verantwortlichen Verhandlern“, sagte Hermann. Die FDP stellt sich bei allen drei Vorschlägen der Grünen bislang quer.

Neubauer erhöht Druck auf Grüne bei Koalitionsverhandlungen

Die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer hat den Druck auf die Grünen erhöht, ambitionierten Klimaschutz im künftigen Koalitionsvertrag zu verankern. „Die wissen ja genauso gut wie ich, dass ihre ökologische Integrität mit einem 1,5-Grad-kompatiblen Koalitionsvertrag steht und fällt“, sagte Neubauer der „Rheinischen Post“. Zugleich äußerte Neubauer harsche Kritik an den klimapolitischen Maßnahmen der Ampel-Parteien, die sich im Zuge der Regierungsbildung bisher abzeichnen. „Die drei Parteien wissen eigentlich, dass Klimapolitik kein Schultheaterstück ist. Sie werden die letzte Regierung sein, die Deutschland noch auf den 1,5-Grad-Pfad bringen kann. Angesichts dessen finde ich es erschreckend und absurd, dass das Sondierungspapier so wirkt, als habe man sich gegenseitig notwendige Klimaschutzmaßnahmen wegverhandelt“, sagte die Klimaaktivistin. Dabei führte sie konkrete Punkte auf, bei denen sie Nachbesserungsbedarf bei SPD, Grünen und FDP sieht: „Der Kohleausstieg ist zu spät angesetzt, Nord Stream 2 darf nicht in Betrieb gehen, es braucht einen klar definierten Zeitplan für den Ausstieg aus der Gasverbrennung und der Ausbau der erneuerbaren Energien ist nicht ausreichend schnell genug, die Emissionen im Verkehr müssen drastisch sinken, und bisher hat man keinen Plan wie das gehen soll.“ Mit Blick auf die laufende Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow seien die Ampel-Verhandler „in der Ausnahme-Situation, dass sie die Ergebnisse der aktuellen Klimakonferenz in ihren Koalitionsvertrag einfließen lassen müssen, wenn sie die Klimavorhaben einhalten wollen“, sagte Neubauer. Es brauche jetzt eine Bundesregierung, die alle Klimaschutzmaßnahmen darauf überprüfe, ob sie zur Einhaltung des 1,5-Grad-Pfads ausreichen – „und sonst nachschärft“. „Bislang habe ich aber den Eindruck, als hätten SPD, Grüne und FDP die Verantwortung, die sie tragen, noch nicht verstanden“, sagte Neubauer weiter. +++