Gewerkschaftskritik an SPD reißt nicht ab

Die Parteispitze höre nicht zu

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Nach der Veröffentlichung des Konjunkturpakets der Bundesregierung reißt die Kritik der Gewerkschaften an den Sozialdemokraten nicht ab. Man müsse auch auf die Industrie und die Arbeitnehmer schauen, wenn man die AfD klein halten wolle, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, der „Welt am Sonntag“. Bis Ende 2020 erwartet er für die Autobranche keinen entscheidenden Impuls aus dem Konjunkturprogramm. „Und die Krise dauert länger als ein halbes Jahr.“

Michael Brecht, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende bei Daimler, sagte unterdessen der Zeitung, die Parteispitze höre nicht zu, beantworte aber Fragen, die gar nicht gestellt worden seien. „Die ausgewogene Mitte fehlt“, sagte Brecht und konstatierte: „So kann sich die SPD als Volkspartei nicht halten.“ Den neuen Kurs der Parteiführung bezeichnete er als „linkspopulistisch“. Er frage sich, wer von den Beschäftigten in der Automobilindustrie noch die Sozialdemokraten wählen solle. Auch der Bezirksleiter der IG Metall in Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger, berichtete von „ernsthaftem Ärger“ in den Gewerkschaftsbezirken und bei den Betriebsräten der Autobranche: „Die SPD hat unsere Einwände nicht wahrgenommen“, sagte Zitzelsberger der Sonntagszeitung. „Es ist aber ein Fehler zu glauben, man könne die Technologie von morgen fördern, ohne das Hier und Heute zu stabilisieren.“ Zeige das Konjunkturpaket nicht die erhoffte Wirkung, müssten im Notfall finanzielle Hilfen nachgeschossen werden. „Insbesondere im Wahljahr 2021 wird kein Kanzlerkandidat Interesse an steigenden Arbeitslosenzahlen haben. Wobei es mir in erster Linie um die Beschäftigten und weniger um Wahlergebnisse geht.“

Kritik an der einseitigen Bevorzugung von Elektroautos kommt auch aus der Energiewirtschaft. Für eine schnelle Steigerung der Produktion fehlten die Batterien, sagte Guntram Pehlke, Vizepräsident des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU) für Energie, der „Welt am Sonntag“. Auch sei die Frage der Entsorgung von Altbatterien völlig ungelöst. „Ökologisch macht die Umstellung auf E-Mobilität außerdem nur Sinn, wenn zum Laden der Batterien ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien verwendet wird“, sagte Pehlke. „Doch genau das verhindert die Politik gerade – mit länderspezifischen Abstandsregeln für Windenergieanlagen und einer Deckelung der Erzeugung von Solarstrom.“ Die SPD wolle „linker sein als die Linke und grüner als die Grünen“, sagte der VKU-Vize: „Aber ich glaube, im Zweifelsfall wählen die Leute das Original.“ Im rot-rot-grünen Lager sieht man die Entwicklung der Sozialdemokratie ähnlich. „Eine Mitte-Links-Regierung hat dann eine Chance, wenn jede der drei Parteien ihre Hausaufgaben macht“, sagte Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag. Es sei „nicht klug, wenn sich die SPD hart links oder besonders ökologisch gibt. Die Sozialdemokraten müssen die gesellschaftliche Mitte ansprechen“, sagte Bartsch der Zeitung. +++