Gesundheitsminister stellt Lockerung in Aussicht

Lindner kritisiert mangelnde Exit-Strategie von Merkel

Jens Spahn (CDU)
Jens Spahn (CDU)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält erste Schritte aus dem Corona-Stillstand nach den Osterferien für möglich. „Wir sehen einen positiven Trend, aber der muss sich verstetigen“, sagte Spahn dem „Handelsblatt“. Voraussetzung dafür sei, dass sich die Bevölkerung auch über die Feiertage an die Alltagsbeschränkungen halte. Sollte die Entwicklung bei den Infektionszahlen anhalten, „werden wir mit den Ministerpräsidenten über eine schrittweise Rückkehr zur Normalität nach den Osterferien reden können“, sagte Spahn.

In einem freiheitlichen Rechtsstaat könnten weitreichende Einschränkungen von Grundrechten „nur so lange funktionieren, wie sie verstanden und akzeptiert werden“. Deshalb sei es nicht nur wichtig, das Handeln gut zu begründen, sondern auch „eine Perspektive aufzuzeigen“. Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) mahnte derweil zur Vorsicht. Die öffentliche Debatte über eine Rückkehr zur Normalität sei verständlich, sagte er dem „Handelsblatt“. „Im politischen Bereich sollten wir uns aber zurückhalten, wir dürfen keine falschen Erwartungen schaffen.“ Mayer fordert: „Die Osterferien sollten wir auf jeden Fall abwarten und dann im Lichte der gemachten Erfahrungen entscheiden.“

Lindner kritisiert mangelnde Exit-Strategie von Merkel

FDP-Chef Christian Lindner hat eine mangelnde Exit-Strategie von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert. Dass Merkel bislang keinen Weg aus dem Lockdown skizziert habe halte er „für falsch. Wir müssen jetzt Wege suchen, wie schnellstmöglich wieder das öffentliche Leben in Deutschland stattfinden kann. In Nordrhein-Westfalen, wo wir als FDP mit in der Regierung sitzen, wurde jetzt ein Expertenrat für die Lockerung der Maßnahmen einberufen“, sagte Lindner dem Nachrichtenportal T-Online. Solch einen Expertenrat forderte er nun auch auf Bundesebene zur Beratung über eine Exit-Strategie. Er tue das „schon deshalb“, weil man sich „aktuell primär auf die fachliche Einschätzung des Robert-Koch-Instituts“ verlasse. Dabei habe sich gezeigt: „Die Auffassungen der Virologen unterscheiden sich teilweise gründlich, und viele mussten bereits frühere Aussagen revidieren. Das lehrt doch, dass es unklug ist, sich allein auf eine Meinung zu verlassen“, so der FDP-Politiker weiter. Die schrittweise Lockerung des Lockdowns in Österreich könne zudem ein Vorbild für Deutschland sein: „Vielleicht nicht in allen Punkten, aber in Teilen sicherlich schon. Die gegenwärtigen, scharfen Maßnahmen können nicht so lange aufrechterhalten werden bis wir einen Impfstoff haben“, sagte Lindner dem Nachrichtenportal T-Online. „In den Wochen nach Ostern sollten die Schulen und Kitas wieder aufgemacht werden“, so der FDP-Chef.

Göring-Eckardt will Fahrplan zur Aufhebung von Corona-Beschränkungen

In der Coronakrise hat die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, einen Fahrplan für die Aufhebung von Freiheitsbeschränkungen gefordert. „Wir können noch kein Datum nennen, aber wir müssen darüber diskutieren, was geht und was nicht geht, wenn das Land wieder hochgefahren wird“, sagte Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Man werde nicht „von jetzt auf nachher“ den Schalter wieder zurücklegen können. „Das wird nur stufenweise gehen“, so die Grünen-Politikerin weiter. Große Versammlungen werde es lange Zeit nicht geben. „Und wir sollten uns schon jetzt an eine Alltagsmaske gewöhnen, also ein Tuch über Mund und Nase, wenn wir einkaufen oder in der Straßenbahn unterwegs sind“, sagte Göring-Eckardt. Außerdem unterstütze sie es, digital nachzuverfolgen, wie nahe man Corona-Infizierten gekommen sei. „Eine solche App, die natürlich freiwillig und im Einklang mit dem Datenschutz sein muss, kann uns sehr helfen. Für mich ist das die Antwort der freien demokratischen Welt auf diese schwierige Situation“, so die Grünen-Fraktionschefin weiter. Sie hoffe, dass der Schulbetrieb in den Wochen nach Ostern ganz allmählich wieder aufgenommen werden könne. „Im ersten Schritt sollte es um eine Ausweitung der sogenannten Notbetreuung gehen, wenn beide Eltern Vollzeit arbeiten und Lernen zu Hause nicht möglich ist“, sagte Göring-Eckardt den Zeitungen weiter. Wenn der Unterricht später wieder beginne, sei wichtig, dass die Gruppen eine Größe hätten, die vernünftigen Schutz vor dem Virus ermöglichten.

Niedersachsens Gesundheitsministerin warnt vor voreiliger Lockerung

Die niedersächsische Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) hat davor gewarnt, bereits kurz nach Ostern über eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen wegen der Coronakrise zu entscheiden. „Die Zahlen, die am Dienstag nach Ostern als Entscheidungsgrundlage vorliegen, werden trügerisch sein und fälschlicherweise eine Entspannung zeigen“, sagte Reimann dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Zu diesem Zeitpunkt werden wir leider eine ausgesprochen schlechte Datengrundlage haben“, sagte sie. „Wirklich belastbare Daten gibt es aus meiner Sicht im Grunde erst Ende April.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder haben sich darauf geeinigt, am Dienstag nach Ostern eine Neubewertung der Lage vorzunehmen. Bisher ist vereinbart, dass alle Einschränkungen zumindest bis 19. April, dem Ende der Osterferien in den meisten Ländern, bestehen bleiben. „Seit der Krise ist zu beobachten, dass stets nach einem Wochenende die Zahl der Neuinfektionen zurückgeht, weil nicht so viele Menschen untersucht werden und die Behörden die Daten erst verspätet weitermelden“, so Reimann. Nach dem langen Osterwochenende werde es „eine extra tiefe Delle“ geben, zumal auch schon in der Woche vor Ostern viele ambulant tätige Ärzte im Urlaub seien und somit tagelang weniger getestet werde. „Wenn man auf Grundlage der direkt nach Ostern vorliegenden Zahlen eine neue Lagebewertung vornimmt, muss dies berücksichtigt werden“, sagte Reimann. Die SPD-Politikerin sagte, auf der Politik laste ein hoher Druck, die Einschränkungen zu lockern. Das habe unter anderem mit der entsprechenden Entscheidung in Österreich zu tun. „Doch wir dürfen nicht vergessen, dass Österreich beim Pandemieverlauf mindestens vier Wochen weiter ist als Deutschland“, sagte sie. Außerdem müsse befürchtet werden, dass zu Ostern entgegen der Empfehlungen viele Menschen ihre Angehörigen besuchten, sodass es mehr Infektionen geben werde. „Das dicke Ende werden wir dann möglicherweise 14 Tage nach Ostern durch eine steigende Zahl von Neuinfektionen und leider auch Toten sehen“, so die SPD-Politikerin. +++

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