Gesetzesvorhaben „Starke Heimat Hessen“ – für Eichenzell ein Desaster

Nicht alle Bürger wissen, welche Auswirkungen dieses Gesetz hat

Lutz Köhler

Lutz Köhler, Fraktionschef der SPD Eichenzell und Kandidat für die Bürgermeisterwahl am 26. Januar 2020, nimmt in einer Pressenotiz Stellung zum Gesetzgesvorhaben „Starke Heimat Hessen“. Er bezeichnet die Initiative als „Desaster für Eichenzell“. Nachfolgend die Pressemitteilung im Wortlaut. Ich gehe davon aus, dass zwischenzeitlich alle Bürger schon etwas von dem oben genannten Gesetzesentwurf der hessischen Landesregierung gehört haben. Ich gehe aber auch davon aus, dass nicht alle Bürger wissen, welche Auswirkungen dieses Gesetz, gerade auch für Eichenzell, hat.

Zum Verständnis sei zunächst darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Solidarpaktes zum Aufbau der neuen Bundesländer bis 2019 von den Kommunen neben den Gewerbesteuerabgaben an den Bund in Höhe von 14,5 Prozent und an das Land in Höhe von 20,5 Prozent noch 29 Prozent als Solidarpaktumlage gezahlt werden. Damit liegt der Gesamtvervielfältiger 2019 bei 64 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen. Unter Berücksichtigung des Hebesatzes in der Gemeinde Eichenzell, der bei 357 Prozent liegt, errechnet sich dann eine Gewerbesteuerumlage in Höhe von circa 1,3 Mio. Euro.

Aufgrund der Tatsache, dass das Bundesgesetz zum Solidarpakt Ende 2019 ausläuft, fällt die 29 -prozentige Solidarpaktumlage weg und das Geld verbliebe bei denjenigen, die sie gezahlt haben, nämlich den Kommunen des Landes Hessen. Alle anderen 15 Bundesländer belassen diese Gelder den Kommunen zur Durchführung Ihrer Aufgaben im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Nur das Land Hessen will das nicht und versucht durch das Gesetz, dass den missverständlichen Titel „Starke Heimat Hessen“ tragen soll, die Gelder anders zu verteilen. Hierbei soll ein Viertel nur für die Kommunen verbleiben. Ein weiteres Viertel soll den wirtschaftlich schwächeren und schwachen Kommunen im Rahmen des „Kommunalen Finanzausgleichs“ zugeführt werden. Aber die Hälfte dieser eigentlich freiwerdenden Mittel will das Land für gebundene Maßnahmen verwenden, das heißt diese sind für den Gesundheitsbereich, die Digitalisierung, die Kindergartenbetreuung im Hinblick auf längere Öffnungszeiten der Kitas und die Stärkung der Schulsekretariate vorgesehen und müssen teilweise über Förderprogramme auch noch von den Kommunen abgerufen werden.

Dieses Gesetz führt dann dazu, dass die Gemeinde Eichenzell, welche über sehr starke Gewerbesteuereinnahmen verfügt, mindestens 130.000, Euro jährlich weniger bekommt. Darüber hinaus wird in die kommunale Selbstverwaltung eingegriffen, indem das Land der Auffassung ist, besser als die Gemeinde Eichenzell entscheiden zu können, für was die Einnahmen der Gemeinde verwendet werden sollen. Ich finde den Solidaritätsgedanken in der hessischen „kommunalen Familie“ wichtig und unterstütze diesen nachdrücklich. Dieser wird aber gerade durch den Kommunalen Finanzausgleich umgesetzt und hier werden sämtliche Einnahmen der Kommune, insbesondere auch die Einkommenssteueranteile berücksichtigt. Das ist ein faires und gerechtes Verfahren. Hier wären die richtigen gesetzlichen und politischen Stellschrauben für die Umlage zugunsten der schwächeren und schwachen Gemeinden gewesen und nicht in dem beabsichtigten Gesetz, welches nur auf die Gewerbesteuereinnahmen abstellt.

Völlig unberücksichtigt bleibt dabei nämlich ein weiterer Aspekt. Wenn die Gemeinde Eichenzell Industrie- und Gewerbegebiete ausweist, so hat sie auch für die Infrastruktur zu sorgen und diese zu unterhalten. Kommunen, die wenige Gewerbegebiete aufzuweisen haben, sind hier nicht betroffen. Weiterhin verwendet das Land Hessen Gelder der Kommunen für Aufgaben, die das Land ohnehin zu erledigen hat. Dieses wird im Gesundheitsbereich und bei dem Thema Digitalisierung deutlich. Zurückhaltend stelle ich hier fest, dass das Land zu Tisch bittet und die Zeche andere, nämlich auch die Gemeinde Eichenzell bezahlen lässt.

Wie widersprüchlich sich das Land Hessen hier verhält wird an einem weiteren Punkt überdeutlich: Als die Straßenbeiträge in Hessen auf dem Prüfstand standen, wollte das Land Hessen keine Finanzierung übernehmen. Stattdessen wurde die Beitragspflicht in der Hessischen Gemeindeordnung abgeschafft und den Kommunen gesetzlich freigestellt, ob sie Beiträge erheben. Die Begründung lautete, dass jede Kommune im Rahmen der Selbstverwaltung entscheiden könne, ob Sie die Beiträge abschafft oder nicht. Angesichts der desolaten Lage mancher Gemeinden war dieses fast schon zynisch.

Gerade diese kommunale Selbstverwaltung wird durch dieses Gesetz „Starke Heimat Hessen“ völlig missachtet und in nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt. Das Gesetz muss verhindert werden, denn wenn die Gemeinde Eichenzell die Zeche des Landes bezahlen soll, so wird es dazu führen, dass die Bürger in Eichenzell unter den finanziellen Auswirkungen zu leiden haben. In Eichenzell wurde daher in der letzten Gemeindevertreterversammlung eine klare Resolution aller Fraktionen einstimmig beschlossen und am Samstag, 28. September 2019, von Bürgermeister Dieter Kolb und den Vorsitzenden aller in der Gemeindevertretung in Eichenzell vertretenen Fraktionen an die Landtagsabgeordneten Markus Meysner (CDU) und Sabine Waschke (SPD) übergeben. Der Vertreter der „Grünen“, der eingeladen wurde, war nicht einmal in der Lage abzusagen und ist nicht erschienen.

Es geht darum, ein Gesetz, welches ohne Not geschaffen werden soll, zu verhindern. Es geht um das Geld der Gemeinde Eichenzell, welches uns genommen werden soll. Hier gilt es, für unsere Mittel zu kämpfen. +++