Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall rechnet in den nächsten Jahren mit einem massiven Stellenabbau. „Ich erwarte, dass wir in der Metall- und Elektroindustrie in den nächsten fünf Jahren 250.000 bis 300.000 Arbeitsplätze verlieren könnten“, sagte Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Da in den nächsten Jahren die geburtenstärksten Jahrgänge in Rente gehen, könnte der Jobabbau jedoch „möglichst sozialverträglich“ gestaltet werden.
Da gleichzeitig ein Arbeitnehmermangel bestehe, müsse trotz abgebauter Arbeitsplätze mehr gearbeitet werden, sagte Wolf. „Das Arbeitszeitgesetz gibt maximal 48 Stunden pro Woche vor. Das würde ich natürlich nicht ändern, und es bringt auch nichts, eine starre Zahl durch eine andere starre Zahl zu ersetzen“, so Wolf. Vielmehr sei mehr Spielraum für Arbeitnehmer und Arbeitgeber entscheidend. „Dafür muss das Arbeitszeitgesetz flexibler werden.“ Insbesondere die Generation zwischen Anfang 20 und Mitte 30 sei im Wohlstand aufgewachsen, sagte Wolf. „Auch denen müssen wir vermitteln, dass jetzt die Zeit gekommen ist, als Gesellschaft insgesamt mehr zu arbeiten.“
Gesamtmetall-Präsident will „Agenda 2040“
Zur Ankurbelung der deutschen Wirtschaft fordert Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf von der nächsten Bundesregierung eine große Strukturreform. „Wir befinden uns in einer strukturellen Krise. Mir fehlt der Glaube, dass die aktuelle Bundesregierung in der Lage ist, diese zu lösen“, sagte Stefan Wolf den Zeitungen der Funke-Mediengruppe weiter. „Ich kann nicht behaupten, dass mir in der aktuellen Lage irgendetwas Hoffnung macht.“ Realistisch gesehen habe die Ampel-Koalition noch zwei Monate Zeit für Veränderungen. „Nach der Weihnachtspause beginnt der Wahlkampf, dann wird nichts mehr passieren bis zur Bundestagswahl. Umso wichtiger wird es sein, dass die neue Bundesregierung notwendige Strukturreformen angeht.“
Konkret forderte Wolf: „Wir brauchen eine vernünftige Energiepolitik. Unsere Energiepreise sind zu hoch, der Ausbau der Erneuerbaren dauert zu lange. Wir haben die höchsten Unternehmenssteuern aller größeren Volkswirtschaften und viel zu hohe Sozialabgaben.“ Gleichzeitig habe die Metall- und Elektroindustrie in Deutschland die kürzesten Arbeitszeiten weltweit, „auch das muss sich ändern“, forderte der Gesamtmetall-Präsident.
Zudem müsse der „Wulst an Bürokratie“ abgebaut werden. Deutsche Unternehmen bezahlten jährlich rund 70 Milliarden Euro ausschließlich dafür, um Bürokratie zu bewältigen, also Berichtspflichten nachzukommen und Vorschriften zu erfüllen. „Die Vorgaben aus Brüssel und Berlin werden immer schlimmer.“
Gerhard Schröders Agenda 2010 bezeichnete Wolf als „die letzte gut gemachte Strukturreform“. „Ich finde zwar sein Verhalten seit Beginn des Ukraine-Krieges mehr als grenzwertig. Aber als Bundeskanzler hat er die Entscheidung getroffen, Politik für die Menschen und die Arbeitsplätze zu machen und nicht an erster Stelle an seine Wiederwahl zu denken. Das war eine mutige Entscheidung“, sagte Wolf. „Jetzt brauchen wir dringend eine Agenda 2040.“ +++