Gerber betont Verantwortung der Kirche für Versöhnung und Aufarbeitung

Zeichen und Werkzeug der Einheit in zerrissener Zeit

Pfingstsonntag im Fuldaer Dom. Foto: Bistum Fulda / Marzena Seidel

Bischof Gerber beschrieb in seiner Pfingstpredigt im Fuldaer Dom die Kirche als "Zeichen sowie Werkzeug der Einheit" in einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft. Angesichts weltweiter Spannungen, kirchlicher Probleme und des baldigen Berichts zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Fulda forderte er dazu auf, sich der eigenen Geschichte zu stellen - denn dies ist Voraussetzung für Hoffnung zudem Zukunft.

Pfingsten ist ein Fest der Verständigung und der Einheit, sagte Gerber. Dieses Jahr gab es bereits zwei "pfingstliche Momente": das Requiem für Papst Franziskus und die Amtseinführung von Papst Leo XIV. in Rom. Bischof Gerber, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, nahm an der Feier zur Amtseinführung des neuen Papstes auf dem Petersplatz teil. „Viele, die sich sonst nichts zu sagen haben, saßen plötzlich beieinander“, bemerkte der Bischof mit Blick auf die politischen und religiösen Vertreter. Das ist ein starkes, ja, ein pfingstliches Zeichen.

Petrus als Spiegel der Kirche

Gerber stellte eine Verbindung zur biblischen Pfingstszene her: Petrus, der Jesus in der Nacht seiner Verhaftung am Gründonnerstag dreimal verleugnete, wird zum Verkünder der Einheit. „Zum Sauerteig wird der pfingstliche Petrus, weil er sich zuvor seiner eigenen Geschichte der Zerrissenheit stellte“, sagte der Bischof. Petrus steht damit für eine Kirche, die ihre Schuld annimmt - nicht verdrängt. „Wenn uns das Evangelium so deutlich Petrus als den Felsen der Kirche mit seinen Rissen zeigt, dann dürfen wir uns heute auch die Risse der Kirche selbst zeigen lassen“, meinte Gerber. Die Kirche muss sich den schlimmen Folgen stellen, unter denen viele Betroffene litten und weiterhin leiden.

Aufarbeitung als Weg zur Glaubwürdigkeit

Mit Blick auf die baldige Veröffentlichung des Abschlussberichts der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Fulda am 17. Juni betonte Gerber: „Die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte ist schmerzhaft, aber Voraussetzung, um Zukunft zu gestalten.“ Die Kirche muss ihre Verantwortung übernehmen - nicht wegen äußerem Druck, sondern aus innerer Überzeugung. Bereits vorher erklärte der Bischof im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur: „Nur wer kritisch auf die eigene Vergangenheit blickt, kann zuversichtlich in die Zukunft schauen.“ Die Aufarbeitung geschieht „aus Respekt vor den Betroffenen und im Bewusstsein unserer Verantwortung“.

Hoffnung braucht Ehrlichkeit

In seiner Pfingstpredigt erinnerte Gerber daran, dass Hoffnung mehr ist als Optimismus: „Hoffnung rechnet mit dem Scheitern. Hoffnung weiß um Grenzen, um Abgründe, um Enttäuschungen, um Verletzungen.“ Nur wer bereit ist zu lernen - auch aus den dunklen Seiten der eigenen Geschichte - hat Zukunft. „Petrus kann sich dem stellen, weil er zugleich erfährt: Ich bin angenommen, auch mit meinen dunklen Seiten, auch mit meinem Versagen“, so der Bischof. Diese Erfahrung ist grundlegend für eine Kirche, die glaubwürdig Zeichen der Hoffnung sein möchte.

Verantwortung für Gesellschaft und Zusammenhalt

Die Kirche muss auch heute einen unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft leisten, sagte Gerber. In einer Zeit wachsender Spannungen neben Polarisierungen ist sie aufgerufen, „Zeichen und Werkzeug der Einheit“ zu sein - im Dialog mit anderen Konfessionen, Religionen und allen Menschen guten Willens. Papst Leo XIV. betonte diesen Auftrag in seiner Antrittspredigt, so Gerber. Der Papst sprach dabei von einer Kirche, „die in dem einen Christus eins ist“ - und rief dazu auf, gemeinsam mit anderen Konfessionen, Religionen als auch Menschen guten Willens „eine neue Welt aufzubauen, in der der Friede herrscht“.

Musik, Jugendfestival und Bonifatiusfest

Der Domchor unter Domkapellmeister Franz-Peter Huber gestaltete den Gottesdienst musikalisch mit Chorsätzen aus der „Messa Purpura et byssum“ von Orazio Benevoli sowie Werken von Heinrich Schütz, Gregor Aichinger sowie Giovanni Pierluigi da Palestrina. Alexander Grün (Bingen) spielte an der großen Domorgel. Wie in allen katholischen Gottesdiensten sammelte man am Pfingstfest auch im Fuldaer Dom für das Osteuropa-Hilfswerk „Renovabis“. Bereits am Vorabend feierte Bischof Gerber zusammen mit Pfarrer Carsten Noll, Diözesanjugendseelsorger Pater André Kulla OMI und zahlreichen Jugendlichen im Rahmen eines Pfingstfestivals für junge Erwachsene einen „Abend der Barmherzigkeit“ im aufwändig beleuchteten Fuldaer Dom.

Bonifatiusfest am Pfingstmontag

Am Pfingstmontag (9. Juni) feiert man das Bonifatiusfest auf dem Fuldaer Domplatz. Der Gottesdienst beginnt um 9:30 Uhr unter dem Leitwort des Heiligen Jahres: „Pilgernd in der Hoffnung unterwegs“. Bischof Gerber wird die Festmesse zelebrieren und predigen. Konzelebranten sind unter anderem Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez, Bischof em. Heinz Josef Algermissen, Bischof Diamantino Guapo Antunes (Mosambik), P. Heribert Müller SJ sowie Generalvikar Dr. Martin Stanke. +++

Stichwort: Pfingsten
Pfingsten, die Erinnerungsfeier an die Sendung des Heiligen Geistes am 50. Tag nach Ostern, ist eines der Hauptfeste des Kirchenjahres. In der Apostelgeschichte wird berichtet, wie die Jünger Jesu durch das Pfingstwunder „mit Heiligem Geist erfüllt wurden und begannen, mit anderen Zungen zu reden“ (Apg 2,4). Mit Pfingsten endet die österliche Festzeit. Das Wort leitet sich vom griechischen „pentekosté“ ab – „der fünfzigste“.

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