Gassen will Einbindung von Praxen in Krankenhausreform

Gesundheit

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, hat vor einem Scheitern der Krankenhausreform gewarnt, falls die Bund-Länder-Pläne nicht substanziell nachgebessert werden. "Wenn die Ambulantisierung durch Einbindung der Praxen nicht gestärkt wird und die Auswahl der richtigen Kliniken nicht klug und strategisch koordiniert wird, dann wird diese Reform scheitern", sagte Gassen der "Neuen Osnabrücker Zeitung". In Deutschland gebe es weiterhin "absurd viele" stationäre Eingriffe, "deswegen ist es höchst ärgerlich und absolut unverständlich, dass die Krankenkassen bei der Ambulantisierung mauern", sagte Gassen. "Noch immer werden viel zu viele Behandlungen stationär erbracht und Versichertengelder verschleudert."

Es sei auch keine Lösung, Häusern, die keine relevanten Patientenzahlen mehr versorgen, Vorhaltekosten zu erstatten "für Betten, die niemand braucht", sagte der Kassenärztechef. Auch da müs se bei den Reformplänen "erheblich" nachgebessert werden. "Was Karl Lauterbach jetzt mit den Ländern vereinbart hat beziehungsweise die Länder durchgesetzt haben, erscheint allenfalls als ein erster Aufschlag. Es war dem Minister offenkundig wichtig, das Thema medial erst einmal abzuräumen. Die eigentliche Arbeit steht noch aus." Der KBV-Chef forderte, Häuser mit 40, 50 oder 100 Betten und geringer Auslastung "sollten geschlossen oder da, wo es sinnvoll ist, in Gesundheitszentren umgewandelt werden". Dort können Praxen angesiedelt werden, die nicht jeden Tag von früh bis spät besetzt sind, wo aber an festgelegten Tagen Hausärzte und Fachärzte Patienten versorgen. "Eine Kleinkrankenhausstruktur mit hohen Verwaltungskosten, schlechter Personalausstattung und stark limitiertem medizinischen Leistungsspektrum braucht man aber nicht", sagte Gassen. Eine echte Strukturreform würde hingegen die Versorgung und die Arbeitszufriedenheit verbessern und käme allen, insbesondere auch den Menschen in der Region, zugute. "Denn so, wie es ist, ist die Arbeitsbelastung vielerorts dramatisch und die Unzufriedenheit des ärztlichen und pflegerischen Personals hoch", sagte der KBV-Chef.

Sammet: Krankenhausplanung verbleibt bei den Ländern

Wir haben bei Michael Sammet, Geschäftsführer des Herz-Jesu-Krankenhauses Fulda und des St. Vinzenz-Krankenhauses Hanau nachgefragt: "Positiv an den Ergebnissen der Bund-Länder-Gespräche ist sicherlich, dass die Länder dafür gesorgt haben, dass die ursprünglich angedachten weitestgehend praxisfernen Pläne von Bundesgesundheitsminister Lauterbach mit einem radikalen Umbau vom Tisch sind und die Krankenhausplanung bei den Ländern verbleibt. Sicherlich ist eine Reform der Krankenhausfinanzierung überfällig. Der Weg von der fallzahlabhängigen Finanzierung hin zu einer zumindest teilweisen Vorhaltefinanzierung ist sicherlich richtig. Doch das Problem der chronischen Unterfinanzierung wird hier in keinster Weise berücksichtigt. Das bloße Umverteilen der Gelder bringt hier keine Lösung. Es ist erschreckend, wie der Bundesgesundheitsminister billigend und wissentlich in Kauf nimmt, dass immer mehr Krankenhäuser von der Insolvenz bedroht sind. Er selbst hat öffentlich zum Ausdruck gebracht, dass es in den kommenden Jahren zu Krankenhaus-Insolvenzen kommen wird. Keine Branche der Welt hält es dauerhaft durch, wenn die Preisentwicklung erheblich unter der Kostenentwicklung liegt. So gab es in den ersten Monaten diesen Jahres viermal so viele Insolvenzen wie in den letzten vier Jahren insgesamt. Dies trifft auch Häuser, die für eine hochwertige Versorgung in ihren jeweiligen Regionen wichtig sind. Um die inflationsbedingten Mehrerlöse auszugleichen, hätte es dringendst einem Vorschaltgesetz bedurft. Nun sieht das Eckpunktepapier lediglich einen Prüfauftrag für den Bund vor, dem Herr Lauterbach gleichzeitig wenig Hoffnung schenkt, dass sich hier noch etwas bewegt. Die von Bundesgesundheitsminister beabsichtigte Vergabe von Leveln an die Krankenhäuser birgt die Gefahr, dass dem Bürger der Eindruck vermittelt wird, dass dies in unmittelbarem Zusammenhang mit der Qualität eines Krankenhauses steht. Ich sehe dies für den ländlichen Raum weniger problematisch, da hier der Bürger meist ohnehin sehr gut informiert ist, welche Abteilung in welchem Krankenhaus gute Qualität und weniger gute Qualität erbringt. Daran ändert auch die Vergabe von Leveln nichts. In Ballungszentren hingegen kann dies von Bürgern missverstanden werden."

Menzel: Was für die einzelnen Krankenhäuser herauskommen wird, bleibt abzuwarten

"Die wirtschaftliche Situation der Kliniken in Deutschland hat sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Mittlerweile ist ein Fünftel der 1700 deutschen Krankenhäuser akut Insolvenzgefährdet. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Die gestern von der Bund-Länder-Runde vorgelegten Eckpunkte beschreiben den Rahmen für die noch zu erarbeitenden eigentlichen Regeln, die in der parlamentarischen Sommerpause in einen Gesetzentwurf überführt werden sollen. Erst wenn dieser vorliegt, können wir im dazu im Detail Stellung nehmen. Der größte Fortschritt der Krankenhausreform liegt in der einheitlichen Definition von ausdifferenzierten Leistungsgruppen, die dem Krankenhaus vom jeweiligen Bundesland zugewiesen werden und die bestimmte Qualitätsstandards erfüllen müssen. Auf dieser Basis wird für alle eindeutig erkennbar, welches Krankenhaus für welche Art der Versorgung zuständig und geeignet ist. Zusätzlich wird eine Einteilung der Krankenhäuser in drei Versorgungstufen, die sog. „Level“ erfolgen. Minister Lauterbach hat klargestellt, dass nicht mehr Geld ins System fließen soll. Wir müssen also davon ausgehen, dass die vorhandenen Mittel nur anders verteilt werden. Was dabei für die einzelnen Krankenhäuser herauskommen wird, bleibt abzuwarten. Die Fallpauschalen werden zu einem großem Teil durch die neuen Vorhaltepauschalen ersetzt. Das heißt: der Anteil der Vergütung für die tatsächlich erbrachte Leistung eines Krankenhauses, z.B. einer Hüft-Operation beträgt nur noch 40 Prozent. 60 Prozent bekommt die Klinik über die sogenannte Vorhaltepauschale unabhängig von der Anzahl der erbrachten Leistungen. Als großer Maximalversorger und zukünftiges Level-3-Krankenhaus begrüßen wir die Reform, denn sie ist längst überfällig. Das Klinikum Fulda wird - gemeinsam mit unseren Partnern in der Region - auch weiterhin zukünftig die Gesundheitsversorgung für die Bürgerinnen und Bürgern in unser Region sicherstellen", erklärte Thomas Menzel Sprecher des Vorstands des Klinikums Fulda gegenüber fuldainfo.de. +++


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