Fehling stellt neue Wege für City-Logistik vor

Für die Feinverteilung könnten kleinere, innovative Vehikel und Fahrzeuge zum Einsatz kommen

Explodierendes Transportaufkommen trifft auf gewachsene Innenstädte - Konflikte wachsen (c/o PD Partnerschaft Deutschland)

Bad Hersfeld. Die Situation auf dem Foto ist bekannt: Die Innenstadt Bad Hersfeld ist vormittags voll von Lieferzeugen. Die Aufenthaltsqualität in der Fußgängerzone ist zum Teil stark eingeschränkt – durch Lärm, durch Schadstoffe, durch fehlende Sicherheit. Diese Entwicklung wirkt negativ auf die aktuelle Stellung Bad Hersfeld als attraktive Einkaufs- und Kurstadt ein.
Die Belastungen und Gefahren durch die sogenannten „Sprinter-Fahrzeuge“ sind für Bürgerinnen und Bürger in vielen deutschen Städten deutlich wahrnehmbar. Die Ursache hierfür liegt im starken Paketvolumen, welches sich gemäß wissenschaftlichen Prognosen in den nächsten Jahren verdoppeln oder verdreifachen wird.

Wie in Bad Hersfeld können es viele Fahrer einfach nicht mehr schaffen, die vorgegebenen Belieferungszeiten einzuhalten. So kommt es inzwischen täglich zu Stress und Konflikten zwischen Zustellern, Fußgängern und Ordnungsbehörden. Und das ohnehin bestehende Problem wird in Bad Hersfeld durch den Hessentag im Juni 2019 noch weiter zugespitzt. Die innerstädtische Fußgängerzone entlang der Klausstraße, in der auch die sogenannte Hessentagsstraße aufgebaut wird, muss weitgehend vom Lieferverkehr befreit werden. Hinzu kommt, dass auch aus Sicherheitsgründen die Fußgängerzone nur stark reglementiert für Fahrzeuge zugänglich sein wird Dies bedeutet im Ergebnis, dass im Zeitraum des Hessentages eine drastische zusätzliche Einschränkung der Anlieferung erfolgt. Dieser starke Handlungsdruck und die Erkenntnis, dass unter den heute gegebenen Randbedingungen keine Lösung möglich ist, haben Bürgermeister Thomas Fehling und Projektleiter Christian Scholz bewogen, Politik und Stadtmarketingverein neue Wege vorzuschlagen. „Es bedarf also nicht nur für den Hessentag eines neuen logistischen Modells.“ so Fehling.

„Dazu ist es erforderlich, gemeinsam mit den Einzelhändlern, Gastronomen und Paketdienstleistern eine Lösung zu finden, die von allen getragen werden kann. Es soll sichergestellt werden, dass die Fußgängerzone wieder den Fußgängern gehört.“ Darum geht es in einem Projekt mit dem Arbeitstitel „City-Logistik“, das für den Hessentag eingeführt und danach nachhaltig im Einsatz bleiben soll. Der Magistrat hat der Stadtverordnetenversammlung jetzt empfohlen, hierfür städtische Mittel einzusetzen. Am Rande des Innenstadtgebiets soll ein City-Logistik-Verteilpunkt (ein sogenannter Hub) eingerichtet werden, an dem die Lieferungen der externen Paketdienste eingeliefert, umgeschlagen und (von einem zentralen Dienstleister) an die Privat- und Geschäftskunden in der Fußgängerzone ausgeliefert werden. Dies kann Verkehre und Fahrzeugbewegungen in der eigentlichen Fußgängerzone reduzieren, wenn nicht jedes Geschäft einzeln angefahren wird, sondern die Transporte in gebündelter Form organisiert sind.

Für die Feinverteilung in die Geschäfte könnten kleinere, innovative Vehikel und Fahrzeuge zum Einsatz kommen, etwa autonome Kleintransporter, Lieferroboter (ähnlich dem jüngst getesteten PostBot), Drohnen oder – auch Lastenfahrräder. Wichtiges Ziel ist zudem, neben der Sicherstellung der Paketzustellung, die allgemeine verkehrsbedingte Lärm- und Umweltbelastung in der Innenstadt zu reduzieren, um die Lebensqualität der Bürger kontinuierlich zu verbessern. Um die Auswirkungen des Vorhabens auf die städtischen Lärm- und Luftwerte zu bewerten, ist der Aufbau eines Netzwerks von Umweltsensoren vorgesehen. Um den lokalen Einzelhandel zu stärken, soll zudem ein „Shopping-Logistik“-Service eingerichtet werden. Hierbei können die Kunden der Geschäfte in der Fußgängerzone ihre Einkäufe an Mini-Depots liefern lassen und sie dort gebündelt abholen oder gar nach Hause bringen lassen. Die Kreisstadt will die Einzelhändler und ihre Transportdienstleister nicht einfach durch starre Lieferzeitbeschränkungen sich selbst überlassen, sondern alternative Logistikmöglichkeiten anbieten. Neben den logistischen und Umweltvorteilen bietet das Modell auch gute Kooperationsansätze für die Unternehmen in der Innenstadt. Zur Vorbereitung all dieser Maßnahmen wurde ein gemeinsames Projekt (Studie) aufgesetzt, das zu 100% durch das Bundesministerium der Finanzen gefördert wird. Es besteht aus Vertretern der Stadt Bad Hersfeld, der öffentlichen Beratungsgesellschaft PD GmbH (Partnerschaft Deutschland) sowie der BWV Beratungsinstitut für Wirtschaft und Verwaltung GmbH aufgesetzt. +++ pm