Faeser legt Söder Entlassung Aiwangers nahe

Antisemitismus bekämpfe man nicht durch Sonntagsreden

Nancy Faeser (SPD)

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) die Entlassung seines Stellvertreters und Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger von den Freien Wählern nahegelegt. „Jedes Bekenntnis der bayerischen Landesregierung gegen Antisemitismus ist irgendwann nichts mehr wert, wenn der stellvertretende Ministerpräsident die schwerwiegenden Vorwürfe gegen ihn nicht ausräumen kann“, sagte die Sozialdemokratin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

„Es ist eine Frage der Haltung und der Glaubwürdigkeit, dieser von Tag zu Tag immer unwürdigeren Debatte ein Ende zu setzen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.“ Antisemitismus bekämpfe man nicht durch Sonntagsreden, sondern durch Handeln mit klarer Haltung, so Faeser. „Hier ist Herr Söder in der Verantwortung.“ Es müsse völlig klar sein: „In unserem Land darf niemand in höchsten Ämtern Verantwortung tragen, der aus unserer Geschichte nichts gelernt hat und sich nicht klar und deutlich gegen jede Form der Menschenverachtung und des Judenhasses wehrt. Da darf es keinerlei Zweifel geben.“ Bei Aiwanger gebe es ihrer Ansicht nach nur Widersprüche und Ausflüchte, aber keine Einsicht und keine Entschuldigung. Er zeige keinerlei Verständnis für die Menschen, die auch heute massiv unter Judenfeindlichkeit leiden, sagte die Innenministerin. „Wenn er damit durchkommt, dann verschieben sich Grenzen, die nicht verschoben werden dürfen.“

Dobrindt nennt Aiwangers Antisemitismus-Erklärung „verstörend“

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, hat die Antisemitismus-Erklärung des bayerischen Vizeministerpräsidenten und Freie-Wähler-Chefs, Hubert Aiwanger, in der Flugblatt-Affäre als „verstörend“ bezeichnet. „Das ist eine höchst unappetitliche Geschichte, Hubert Aiwanger ist aufgefordert, hier für Klarheit zu sorgen“, sagte Dobrindt am Donnerstag dem TV-Sender „Welt“. „Er hat eine Reihe von Fragen, die er beantworten muss.“ Danach werde man das bewerten, so Dobrindt. „Erkennbar ist ja auch: jeden Tag ein weiteres Detail in der öffentlichen Debatte.“ Aiwangers Aussage, er sei seit dem Erwachsenenalter kein Antisemit und Extremist, in der Jugend könne man aber einiges „so oder so“ interpretieren, reicht Dobrindt als Erklärung nicht aus: Der Freie-Wähler-Chef müsse diesem Satz „vielleicht noch mal etwas Erklärendes hinzufügen.“ Dieser sei „nicht nur für mich, glaube ich, sondern für viele andere auch verstörend, weil er Interpretationen zulässt.“ Einen Rücktritt Aiwangers wollte Dobrindt zu diesem Zeitpunkt nicht fordern: „Es geht jetzt darum, dass Klarheit entsteht – und dann kann man über Weiteres reden.“ Insgesamt sei Aiwanger aber bei der Aufklärung der Vorwürfe zu „schmallippig“ geblieben. „Das ist der aktuellen Situation sicher nicht angemessen. Ich hoffe, dass er jetzt aus den letzten Tagen – auch vielleicht aus den heutigen Berichterstattungen – lernt und etwas mehr zu dem Sachverhalt und zur Aufklärung des Sachverhaltes beiträgt“, sagte Dobrindt. +++

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