Extremismusexperte warnt CDU vor Duldung durch AfD in Thüringen

Linke kritisiert mangelnde Abgrenzung der CDU zur AfD

Der Politikwissenschaftler Hajo Funke hat der CDU in Thüringen davon abgeraten, sich mit Stimmen der AfD zu einem Ministerpräsidenten verhelfen zu lassen. „Ich halte es für absolut ausgeschlossen, dass sich Mario Voigt mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lässt“, sagte Funke der „Rheinischen Post“. „Denn die CDU in Thüringen müsste sich mit einem Mann einlassen, der nicht nur rechtsextrem orientiert ist, sondern auch eindeutig die Machtstrategie eines Neonazis verfolgt.“

Der dortige AfD-Fraktionschef Björn Höcke strebe „eine ethnisch reine, autoritäre Republik an und ist dabei mit allen Wassern gewaschen“, so der Rechtsextremismusforscher. Er werde Bedingungen stellen und die Partei, die de facto von ihm abhängig wäre, vor sich hertreiben. „Das ist ein Schreckgespenst für die CDU, bundesweit, aber ganz speziell auch in Thüringen. Es wäre das Ende der Volkspartei CDU“, so Funke.

Er riet der CDU dazu, ihren Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken zu überdenken. „Und zwar schon im Vorfeld der Wahl“, so Funkte. Eine Koalition aus CDU und Linke könne damit als Option für eine Mehrheitsfähigkeit im Parlament gestärkt werden. „Die Linke in Thüringen ist ausweislich des Ministerpräsidenten absolut pragmatisch, Bodo Ramelow ist als Landesvater in Thüringen gut verankert. Es wäre ein Experiment, das demokratiepolitisch betrachtet und zur Verhinderung einer besonders rechtsextremen Partei sinnvoll wäre“, so der Politikwissenschaftler.

Es sei die Herausforderung aller Demokraten, der AfD keinen Einfluss zu geben. „Wenn man sich einig ist, dass man es mit einer rechtsextremen, völkischen, rassistischen und auch faschistischen Partei zu tun hat, dann müssen die Demokraten andere Wege zur Bildung einer neuen Regierung finden. Die Vorbereitungen dafür sehe ich allerdings noch nicht“, so Funke weiter. „Es ist wichtig in einem Wahlkampf, dass man transparent ist und klar sagt, was man will und was man nicht will.“

Linke kritisiert mangelnde Abgrenzung der CDU zur AfD

Thüringens Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) hat der CDU in Thüringen eine mangelnde Abgrenzung zur AfD vorgeworfen. „Ich kann eine richtige Abgrenzung der CDU zur AfD nicht erkennen“, sagte Hoff der „Rheinischen Post“. „Mario Voigt sagt auf der einen Seite, er sei der Einzige, der die AfD verhindern könne. Auf der anderen Seite behandelt er die AfD als seine parlamentarische Westentaschenreserve, um Mehrheiten gegen Rot-Rot-Grün zu organisieren“, so der Linken-Politiker. „Und das bei Themen, die bei der AfD einzahlen wie das Gender-Verbot oder das Verbot von Windkraftanlagen.“

Mario Voigt habe bis heute auch nicht ausgeschlossen, sich mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen. „Glaubwürdigkeit braucht Stringenz und Klarheit. Die vermisse ich“, sagte Hoff. „Ich unterstelle damit nicht, dass die CDU in Thüringen AfD-Politik macht. Da gibt es einen himmelweiten Unterschied. Höcke ist ein Extremist, Voigt ist ein Demokrat.“ Gleichzeitig vertrete Voigt aber eine politische Linie, die mit der AfD als politische Mehrheitsbeschafferin kalkuliere.

Der Linken gehe es darum, dass Thüringen nach der Landtagswahl mit einer stabilen Mehrheit regiert werde. „Als Linke streben wir natürlich an, dass Rot-Rot-Grün eine eigene Mehrheit bekommt. Sollte das nicht gelingen, müssen alle demokratischen Parteien miteinander gesprächs- und handlungsfähig sein“, sagte Hoff. Die Linke habe keinen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der CDU, sondern die CDU habe einen zur Linken. „Ich erwarte, dass die CDU realistische Politik macht und ihr Verhältnis zur Linken klärt. Das bedeutet auch, uns nicht durch einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der AfD gleichzusetzen“, so Hoff weiter. +++