Dreyer beklagt mangelnden Anstand in der SPD

Malu Dreyer (SPD)
Malu Dreyer (SPD)

Die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer hat den Umgang mit der zurückgetretenen Parteivorsitzenden Andrea Nahles beklagt. „Es trifft mich immer noch, wenn ich darüber nachdenke, was da geschehen ist“, sagte Dreyer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Das hat auch der Glaubwürdigkeit unserer Partei geschadet. Wir dürfen mit Führungspersonen einfach nicht so umgehen wie mit Andrea Nahles.“ Sie fügte hinzu: „Die Menschen draußen sagen uns auch immer wieder: Ihr geht nicht anständig mit euren eigenen Leuten um. Das ist kein guter Zustand.“

Ihr wichtigster Wunsch an die neue Führung sei daher, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin berichtete, dass sie mit Nahles in Kontakt sei. „Ich habe den Eindruck, dass es ihr ganz gut geht.“ Nahles fehle allerdings den Sozialdemokraten. Zweifel am Bewerberfeld für den Parteivorsitz wies Dreyer zurück. „Wir haben Sommerpause. Ich freue mich, dass wir schon drei Teams und eine Einzelperson haben, die sich in das Rennen begeben“, sagte sie. „Ich bin sehr sicher, dass es weitere Bewerbungen geben wird. Wir werden vom 4. September an eine spannende Tour durch Deutschland haben mit guten Kandidaten.“ Dreyer bekräftigte ihren Verzicht auf eine eigene Bewerbung: „Ich habe meine Entscheidung getroffen. Es gibt genügend starke Persönlichkeiten, denen man den SPD-Vorsitz zutrauen kann.“ Die schwierigste Aufgabe der neuen Führung werde sein, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, sagte Dreyer. „Das können die Sozialdemokraten nur mit vereinten Kräften schaffen.“ Die kommissarische Parteivorsitzende wies die Darstellung des früheren SPD-Chefs Sigmar Gabriel zurück, die Sozialdemokraten seien linker als die Linkspartei und ökologischer als die Grünen geworden. „Sigmar Gabriel hat viel für die SPD getan, aber hier irrt er“, sagte sie. „Die SPD definiert sich als Mitte-Links-Partei, die für soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung steht.“ Dreyer sagte, die Erneuerung der SPD bedeute keinen Linksruck. „Damit kann ich gar nichts anfangen“, sagte sie. „Wenn sich die Welt verändert, muss sich auch eine Volkspartei verändern. Es geht nicht um eine Verschiebung nach links oder rechts.“

Dreyer zeigt Sympathie für Linksbündnis im Bund

Die kommissarische SPD-Chefin hat Sympathie für ein Linksbündnis auf Bundesebene gezeigt. „Natürlich hat die Linkspartei teilweise Positionen, die wir nicht teilen. Einige sind für uns auch nicht verhandelbar, aber Koalitionspartner sind nie das gleiche wie man selbst“, sagte Dreyer den Zeitungen weiter. „Dann muss man sich eben verständigen.“ Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, die in Mainz mit den Grünen regiert, forderte: „Sollte es eine Mehrheit links von der Union geben, müssen wir das Gemeinsame suchen und das Trennende analysieren. Unser Anspruch muss sein, ein Bündnis anzuführen.“ In den Umfragen liegt die SPD derzeit unter 15 Prozent. Auf Bundesebene sei die SPD „gerade in einem sehr schlechten Zustand“, räumte Dreyer ein. „Unser Ziel bleibt selbstverständlich, dass wir wieder zu Mehrheiten finden jenseits der CDU. Eine große Koalition kann nie eine Dauerlösung sein.“ Auf die Frage, o b die vereinbarte Halbzeitbilanz eine Sollbruchstelle der großen Koalition sei, antwortete Dreyer: „Das ist eine Überinterpretation. Es geht um eine Bewertung, was geschafft worden ist und was noch umgesetzt werden muss.“ Die Halbzeitbilanz werde dem SPD-Parteitag im Dezember vorgelegt. Als Erfolg der großen Koalition hob Dreyer das „Starke-Familien-Paket“ hervor, das Verbesserungen für die Menschen gebracht habe. „Jetzt müssen wir sicherstellen, dass die Grundrente umgesetzt wird“, forderte sie. „Das hilft ganz vielen Frauen gerade im Osten.“ +++