Cavusoglu wirft EU „Türkei-Feindlichkeit“ vor

Außenminister sieht Gefahr eines erneuten Putschversuchs

Türkei

Ankara. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat der EU „Türkei-Feindlichkeit“ vorgeworfen. „Wir haben uns wie kaum ein anderes Land angestrengt, alle Bedingungen für den EU-Beitritt zu erfüllen“, sagte Cavusoglu der „Bild“. „Aber das, was wir jetzt von Teilen der EU erleben, sind ausschließlich Drohungen, Beleidigungen und eine totale Blockade. Ich frage mich: Was haben wir verbrochen? Warum gibt es diese Türkei-Feindlichkeit?“ Cavusoglu zeigte sich enttäuscht, dass die Türkei nach dem gescheiterten Putsch nicht mehr Unterstützung erhalten habe. „Das türkische Volk ist traumatisiert. Und das ist es auch, was die Europäer nicht verstehen. Sie demütigen uns statt der Türkei zu helfen.“

Cavusoglu erneuerte seine Forderung nach einer Visa-Erleichterung. „Wir haben Verträge, wo klar festgelegt ist, dass es im Oktober die Visa-Freiheit für alle Türken geben wird. Und wenn ich auf diese Verträge hinweise, reagieren plötzlich viele gereizt. Aber es kann nicht sein, dass alles, was für die EU gut ist von unserer Seite umgesetzt wird, aber die Türkei dafür nichts bekommt.“ Auf die Frage, ob im Falle einer Ablehnung der Visa-Freiheit ab Oktober wieder Hunderttausende Flüchtlinge nach Europa kommen, sagte der Außenminister: „Klar ist: Entweder wenden wir alle Verträge gleichzeitig an oder wir legen sie alle zur Seite.“ Der Außenminister forderte erneut auch die Zahlung von drei Milliarden Euro an die Türkei: „Das Geld ist doch nicht für uns, sondern für die Flüchtlinge! Die Türkei trägt die Hauptlast aller Länder, wir haben 25 Milliarden Dollar ausgegeben“, betonte er. „Aber von der EU hören wir nur: `Wir sind die Chefs, und so wird es gemacht!` Aber so geht das nicht, diese Mentalität ist falsch“, so Cavusoglu weiter. „Wir haben nur Scheinbekundungen bekommen, aber keine echte Unterstützung. Unsere Bevölkerung fragt sich: Wofür haben wir denn Partner, wenn wir in der Not nicht zusammen stehen?“

Außenminister sieht Gefahr eines erneuten Putschversuchs

Cavusoglu sieht die Gefahr eines erneuten Putschversuchs und hat vor diesem Hintergrund Massenentlassungen und Verhaftungen verteidigt. Der „Bild“ sagte er auf die Frage, warum der türkische Staat so radikale „Säuberungen“ durchführe: „Sie verstehen nicht, wie gefährlich die Terrororganisation Fethullah Gülens ist, die eindeutig hinter diesem Putsch steckte. Seit 40 Jahren wurden Justiz, Polizei und Militär konsequent unterwandert“, so Cavusoglu. „Wir müssen diese Maßnahmen ergreifen, damit es keinen erneuten Putschversuch gibt. Diese Gefahr ist immer noch da.“ Deutschen Medien warf Cavusoglu „Manipulation und Desinformation“ vor: „Die Berichterstattung in Deutschland, auch ihre Zeitung, ist gesteuert in einer Richtung, die nichts mit der Realität in der Türkei zu tun hat.“ +++ fuldainfo