Buchhandelskrise – Borg sieht Ulenspiegel als Bestandteil der Fuldaer Kulturlandschaft

Besonderheiten statt „Schmalspur-Topseller“

Manfred Borg vor der Buchhandlung.

Seit 1982 betreibt Manfred Borg in der Löherstraße die Buchhandlung und das Antiquariat Ulenspiegel. „Es war immer eine finanzielle Gratwanderung, dieses Jahr wird es besonders bedrohlich.“ Doch kampflos mag er nicht aufgeben, sondern weiterhin ein Bestandteil der Fuldaer Kulturlandschaft sein. „Der Stöberer stirbt aus, denn Internetplattformen erleichtern schon lange die Suche nach bestimmten Titeln“, sagt Borg. Die Nachfrage nach Jugendbüchern und Ratgebern sei völlig eingebrochen. Die Aufträge der Schulen würden stagnieren und Institutionen wie die Hochschule vermehrt in elektronische Medien investieren. Zusätzlich ist vom 1. Juli bis voraussichtlich 9. August die Löherstraße aufgrund von Kanalsanierungen gesperrt, was in dieser Zeit zusätzlich mit sinkenden Einnahmen zu Buche schlagen wird. Diese Gemengelage sorgt für die besonders prekäre Situation in diesem Jahr.

Doch nicht nur der Ulenspiegel ist von sinkenden Erlösen betroffen. Von 2013 bis 2017 sind dem Publikumsbuchmarkt 6,4 Millionen Buchkäufer verloren gegangen, wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in seiner Studie „Buchkäufer – Quo vadis?“ feststellte. Allerdings scheint die Talsohle durchschritten zu sein, wie Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis gegenüber dem Deutschlandfunk sagte. Im letzten Jahr konnte die Branche wieder 300.000 neue Buchkäufer gewinnen. Doch davon hat der Ulenspiegel noch nichts bemerkt.

Besonderheiten statt „Schmalspur-Topseller“

Einen reinen Internethandel kann sich Borg nicht vorstellen. „Der persönliche Kontakt zu meinen Kunden ist mir wichtig. Der Ulenspiegel ist mein zweites Wohnzimmer.“ Doch es wird sich einiges ändern: Das antiquarische Buchangebot wird kleiner, das Sortiment insgesamt übersichtlicher präsentiert. Seit Neuestem ist der Ulenspiegel, trotz Skepsis, auch in den Sozialen Medien vertreten. Ziel ist es, die jüngere Generation weg vom Handy zum günstigen Buch zu locken. Ein breites Papeterie-Angebot soll neue Kunden erschließen. „Im Herzen bleibe ich aber Buchhändler“, betont er.

In diesem Jahr hat Borg damit begonnen, kleine und unabhängige Verlage einzuladen, die ihre Bücher vorstellen. Diese liegen in vielen Buchhandlungen nicht aus oder werden teilweise auch auf Kundenwunsch nicht bestellt, weil der Großhandel sie nicht listet. „Engagierte Verlage bleiben oft außen vor“, bedauert Borg. Abseits des „Mainstream“-Markts sieht er seine Chance. „Wir bieten mehr als nur ein Schmalspur-Topseller-Sortiment.“ Als erstes war im März der vor drei Jahren gegründete Guggolz Verlag aus Berlin zu Gast.

Auch die Veranstaltungsreihe „verboten und verbrannt“ möchte Borg fortführen, die 2018 gemeinsam mit dem Verein „Fulda stellt sich quer“ zum ersten Mal stattfand. Hier werden Werke vorgestellt, die der Buchverbrennung im Dritten Reich zum Opfer fielen. Weiterhin will Borg mit Freunden die seit Jahren vierteljährlich stattfindende „Literarische Matinée“ am Leben erhalten, die interessante Neuerscheinungen vorstellt. Zudem hat der Buchhändler einen Förderkreis initiiert, der sich regelmäßig im Laden treffen wird, um Ideen auszutauschen.

Ein wichtiger Beitrag zu Fuldas Kulturlandschaft

Anfang der 1970er Jahre absolvierte Borg in seiner Heimatstadt Speyer eine Lehre zum Buchhändler, doch die Lust am Beruf war ihm schnell vergangen. „Nur die Bestseller vom Stapel zu verkaufen, liegt mir nicht.“ Daher begann er in Göttingen Jura und Soziologie zu studieren, nebenbei jobbte er im Antiquariat. Hier eröffneten sich ihm nicht nur neue Buchwelten, sondern die Idee ein eigenes Antiquariat zu gründen, war geboren. 1982 war es dann in Fulda soweit, damals noch in der Hausnummer 19. Der antiquarische Bereich wurde bald durch neue Bücher ergänzt. Eine kleine Galerie, in die gerade einmal fünf Bilder passten, rundete das anfängliche Angebot ab. Der in Fulda aufgewachsene und heute international bekannte Maler Peter Henryk Blum stellte dort zum ersten Mal seine Werke aus. +++   jens brehl

Sie können uns jederzeit Leserbriefe zukommen lassen.

Diskutieren kann man auf Twitter oder Facebook

Hier können Sie sich für den fuldainfo Newsletter anmelden. Dieser erscheint täglich und hält Sie über alles Wichtige, was passiert auf dem Laufenden. Sie können den Newsletter jederzeit wieder abbestellen. Auch ist es möglich, nur den Newsletter „Klartext mit Radtke“ zu bestellen.

Newsletter bestellen