BSI-Chef warnt vor Eskalation von Cyberangriffen

Mehrheit will nicht mehr für Schutz vor Hackern ausgeben

Berlin. Sicherheitsexperten warnen vor einer neuen Eskalationsstufe im Cyberkampf. „Diese Woche war in ihrer Dramatik bislang unerreicht“, sagte Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), der „Welt am Sonntag“. In der Nacht von Sonntag auf Montag waren hunderttausende Telekom-Router Ziel eines beispiellosen Angriffs aus dem Internet. Am Donnerstag gelang unter Leitung deutscher Behörden ein internationaler Schlag gegen das internationale Hackernetzwerk „Avalanche“.

Der Cyberangriff auf die Telekom-Router stelle eine ganz neue Dimension dar, sagte auch der IT-Sicherheitschef des Konzerns Thomas Tschersich: „Wären die 900.000 Telekom-Router erfolgreich gekapert worden, könnte jede Webseite der Welt von einem solchen Botnetz abgeschaltet werden“. Tschersich erwartet in Zukunft verstärkt Angriffe von immer mächtigeren Botnetzen. Die Lehre für die deutsche Wirtschaft aus der Woche sei, „weniger Reden und mehr machen“, sagte BSI-Chef Schönbohm. Noch immer seien die IT-Systeme vieler Mittelständler unzureichend geschützt. Mit Powerpoint-Präsentationen allein könnten sich die Unternehmen nicht schützen.

Ganz wehrlos sei der Staat gegen hochmoderne Hacker dennoch nicht, das zeige der Schlag gegen die „Avalanche“-Infrastruktur. „Wir haben die Köpfe einer Cybermafia ermittelt, die kriminelle Dienstleistungen für Hackergruppen in ganz Osteuropa bereit gestellt hat.“ Sieben Verdächtige werden per Haftbefehl gesucht. Zwei mutmaßliche Administratoren ging in der Ukraine ins Netz und ein Verdächtiger in Deutschland. Die sogenannte „Avalanche“-Gruppe hatte Cyberkriminellen in Osteuropa digitale Dienstleistungen angeboten. Darunter die Verteilung von Spam-Emails, Hilfe beim Online-Banking-Betrug, Schutz vor Strafverfolgung, Abwicklung von Geldwäsche und Abwehr von Virenscannern.

Umfrage: Mehrheit will nicht mehr für Schutz vor Hackern ausgeben

Auch nach der Hackerattacke auf die Deutschen Telekom wollen 58 Prozent Bundesbürger nicht mehr Geld für den Schutz vor Internetkriminalität ausgeben: 32 Prozent würden hingegen mehr zahlen, um sicherer im Netz zu sein, so das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für die „Bild am Sonntag“. Die meisten Deutschen sehen einem Hackerangriff auf ihre persönlichen Computergeräte aber gelassen entgegen. 54 Prozent haben keine Angst vor einer Attacke aus dem Netz. 38 Prozent geben an, dass sie Angst davor haben, Opfer von Internetkriminalität zu werden. Die Verantwortung für den Schutz vor Internetkriminalität sehen die Befragten gleichermaßen beim Staat (23 Prozent), bei Hard- und Software-Herstellern (22 Prozent), bei Unternehmen oder Einrichtungen, die Kundendaten verwalten (22 Prozent), und bei den Privatpersonen selbst (28 Prozent). +++