Bouffier stellt sich gegen Merkels Pandemiepläne

Kanzleramtschef pocht auf Einhaltung der Notbremse

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier lehnt den Vorstoß von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ab, die Bekämpfung der Pandemie auf den Bund zu übertragen. „Ich rate davon ab, das Regelwerk zu zentralisieren und die Gesetze zu verschärfen“, sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende dem „Handelsblatt“. Die Situation in Frankreich zeige, dass eine zentralisierte Pandemiebekämpfung nicht erfolgreicher sei, so Bouffier. Er warb dafür, regional differenziert vorzugehen. Dies sei mit zentralisierten Regelungen nicht möglich. „Wir müssen erst einmal die gefassten Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz umsetzen und schauen, wie es funktioniert.“

Kanzleramtschef pocht auf Einhaltung der Notbremse

Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) hat die Länder erneut zu einer Umsetzung der Pandemie-Notbremse aufgefordert. „Ich poche sehr darauf, dass alle energisch daran arbeiten, dass die Zahlen runtergehen“, sagte Braun in einem Podcast des Fernsehsenders Phoenix. „Wir sehen in manchen Bereichen, dass die Notbremse nur halbherzig umgesetzt wird.“ Der CDU-Politiker kündigte zudem gegebenenfalls weitergehende Einschränkungen an. „Es wird an ganz vielen Stellen in Deutschland weitere einschränkende Maßnahmen geben“, so der Kanzleramtsminister. Dies ergebe sich aus dem Stufenplan-Beschluss des Bundes und der Länder, wonach weitere Schritte zu gehen seien, wenn die Notbremse das Infektionsgeschehen nicht bremsen könne. „Wenn es in den nächsten Wochen nicht gut funktioniert – und das liegt ja in der Luft -, darf man da nichts ausschließen“, warnte Braun. Wer jetzt bei der erneuten Ausbreitung des Virus zielgerichtet handele, dürfe für den Sommer optimistisch sein. „Ich hoffe, dass wir es in den kommenden zwei Monaten schaffen, diese Pandemie gut am Zügel zu halten und dann in eine Phase eintreten, in der es sich deutlich entspannt und dann auch Öffnungsschritte gibt, die man nicht mehr revidieren muss.“

Unionsfraktionsvize für Änderung des Infektionsschutzgesetzes

Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) spricht sich für eine Reform des Infektionsschutzgesetzes aus. „In der aktuellen, sehr schwierigen Phase der Pandemie wäre es hilfreich, durch mehr bundeseinheitliche Kriterien und die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen die Akzeptanz der Maßnahmen erhöhen“, sagte Frei der „Welt“ (Dienstagsausgabe). Es gehe folglich darum, „im Gesetz klare und für ganz Deutschland wirkende Wenn-dann-Regelungen zu definieren“. Rechtstechnisch ginge dies nur so, „dass Bundestag und Bundesrat im Bundesinfektionsschutzgesetz noch klarere und enger gefasste Vorgaben machen“, sagte Frei weiter. „Das Parlament hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts alle wesentlichen Entscheidungen zu Grundrechtseingriffen selbst zu treffen.“ Die Staatsrechtlerin Anna Leisner-Egensperger von der Universität Jena sagte unterdessen, dass der Bundesrat einer wie von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag in den Raum gestel  lten Änderung des Infektionsschutzgesetzes nicht zustimmen müsse: „Der Bundestag kann das Infektionsschutzgesetz ohne Zustimmung des Bundesrats ändern“, sagte Leisner-Egensperger der Zeitung. „Das Infektionsschutzrecht fällt nicht unter die Politikbereiche, bei denen es eine Zustimmung der Länder bräuchte.“ Etwaige Gesetzesänderungen müssten dem Bundesrat allerdings zugeleitet werden. „Wenn eine Mehrheit der Ländervertreter mit den Maßnahmen nicht einverstanden sein sollte, könnte der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen. Der Bundestag könnte den Einwand des Bundesrats dann mit Mehrheit zurückweisen.“ +++