BND-Affäre: CSU-Innenpolitiker Uhl greift Gabriel frontal an

Sigmar Gabriel (SPD)
Sigmar Gabriel (SPD)

Berlin. In der BND-Affäre hat der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) stilloses Verhalten gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgeworfen. „Das krampfhafte Bemühen Herrn Gabriels, die Bundeskanzlerin in den Aufklärungsprozess hineinzuziehen, ist stillos und ein verzweifelter Versuch des SPD-Parteivorsitzenden, seine Partei aus dem 25-Prozent-Korsett zu befreien. Er meint, das gehe durch Beschädigung der Kanzlerin“, sagte Uhl dem „Handelsblatt“.

Aus Uhls Sicht sind die Attacken der SPD und ihres Vorsitzenden Gabriel für die Koalitionsarbeit „unnötig belastend und heuchlerisch“. Der CSU-Politiker riet Gabriel, sich vor kritischen Äußerungen bei seinem Parteikollegen, dem früheren Kanzleramtschef und heutigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, über die Arbeit von Geheimdiensten informieren zu lassen. Wirtschaftsspionage sei natürlich „kein Kavaliersdelikt“, sagte Uhl weiter. Allerdings könne eine solche Spionage selbst unter befreundeten Diensten „nie ganz ausgeschlossen“ werden. Die Aufgabe des BND sei es – bei aller Zusammenarbeit – solche Versuche abzuwehren. Andererseits gebe es keine Sicherheit ohne nachrichtendienstliche Aufklärung und Zusammenarbeit. Unabhängig davon müssten natürlich etwaige Versäumnisse bei der elektronischen Massenaufklärung des BND in Zusammenarbeit mit der NSA aufgeklärt werden. „Dabei sind Verantwortlichkeiten festzustellen und Fehlentwicklungen abzustellen“, sagte Uhl.

Meinungsforscher hat Verständnis für Gabriels Abrücken von Merkel

Das deutliche Abrücken von SPD-Chef Sigmar Gabriel von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der BND-Affäre um die Weitergabe von Daten an den US-Geheimdienst NSA stößt beim Meinungsforschungsinstitut Infratest-Dimap auf großes Verständnis: „Es ist nie schlecht, wenn sich die Koalitionspartner in einer Koalition auch eigenständig profilieren. Der FDP ist dies ja in der letzten Legislaturperiode überhaupt nicht gelungen, weshalb sie von den Wählern abgestraft wurde“, sagte Institutschef Richard Hilmer dem „Handelsblatt“. Bei der Frage, wie die Geheimdienste international kooperieren, handele es sich um einen zentralen Bereich der deutschen Interessen. Da sei eine kritische Haltung auch gegenüber dem Koalitionspartner angebracht. „Wenn beim BND etwas schief läuft, ist das keine Petitesse. Deshalb ist es auch in seiner Bedeutung überhaupt nicht vergleichbar mit dem Stillhalten der Union in der Frage, ob und was Oppermann in der Edathy-Affäre wann gewusst haben könnte“, sagte Hilmer.

Die Große Koalition habe jetzt anderthalb Jahre sehr harmonisch zusammengearbeitet und auch kontroverse Themen wie Mindestlohn und Maut effektiv abgearbeitet. „Jetzt ist wohl ein Punkt erreicht, an dem alle drei Partner stärker auf Eigenprofil setzen“, analysiert Hilmer. Dies werde aber in Zukunft wohl eher behutsam geschehen, denn es gebe noch viele Themen, die eine handlungsfähige Koalition erforderten: die Energiewende etwa, die Finanzreform und die digitale Agenda und drängende internationale Konflikte. Die Gründe für die SPD, mehr auf eigenes Profil zu setzen, sieht Hilmer in der letzten Großen Koalition. „Die SPD hatte das Gefühl, dass die Impulse zur Finanzkrisenbewältigung wie die Abwrackprämie, das Kurzarbeits- und das Konjunkturprogramm, eher von ihr kamen, aber der Wähler sie dann der Kanzlerin zuschrieb“, sagte Hilmer. Es wundere ihn daher nicht, „wenn Gabriel jetzt den Punkt nutzt, an dem die Verantwortung für das, was womöglich schief gelaufen ist bei den Geheimdiensten, eindeutig im Kanzleramt und damit bei der Kanzlerin liegt“, sagte er. +++ fuldainfo